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Die Markgrafschaft
jöfc $eueröbcunft in flüggen anno 1727
Am Samstag, dem 18. Oktober 1727, stand in
kurzer Zeit das Unterdorf in Flammen und
brannte bis auf wenige Häuser ganz ab.
Eben hatte es auf der unteren Kirche elf Uhr
geschlagen. Der Sigrist läutete ■ die Mittagszeit.
Und an das Elf - Uhr - Läuten schloß sich das
Sturmzeichen — Feuerlärm — an, denn jemand
hatte ihm zugerufen „Fürio — Fürio!" Da sich
das Feuerläuten unmittelbar angeschlossen hatte,
hatte kaum jemand das Sturmzeichen in acht
genommen. Erst als der Pfarrer auch in der
oberen Kirche stürmen ließ, liefen die Leute
zusammen. Allen bot sich ein erschütterndes
Bild. In ganz kurzer Zeit stand das halbe Dorf
in Flammen. Was war geschehen?
Auf den Dorfmatten waren etliche Knaben
auf der Weide. Zu gerne hätten sie ein Feuerlein
gemacht. Sie schickten das achtjährige Mädchen
eines Bauern in dessen nahes Haus, um brennende
Kohlen zu holen. Der Vater war zu dieser
Zeit in Basel und die Mutter auf dem Feld.
Das Kind verlor in der Nähe eines Haufen
Hanfes einen Teil der glühenden Kohlen. Sie
zündeten, ergriffen das Strohdach eines Viehstalles
und ehe es bemerkt worden war, standen
mehrere nahe Häuser schon in Flammen. Ein
sehr trockener Sommer hatte die Dächer ausgetrocknet
. Ein starker Wind trieb das brennende
Stroh auf die Nachbarhäuser, bis der „meiste
und schönste Teil dieses Dorfes angesteckt
ward". Der damalige Chronist, Pfarrer Johann
Laurentium Höltzlein, schrieb: ,,Die Uhr in der
Kirche hat noch angefangen Zwölfe zu schlagen,
weilen aber die Kirche schon geraume Zeit im
Brand gestanden, hat sie die zwölfte Zahl nicht
gar zu Ende gebracht, sondern ist in währendem
Schlagen herabgefallen, und so hat die Flamme
binnen einer Stunde über hundert Gebäude angegriffen
, auch ehe drey Stunden verflossen,
völlig zu Boden geworfen".
Zur Rettung haben die Einwohner nicht viel
beitragen können. Die Verwirrung war zu groß.
Die große Trockenheit des Sommers 1727 hatte
die Quellen nahezu versiegen lassen. So standen
die Leute dem Feuerorkan machtlos gegenüber.
Das Wasser mußte eine Stunde weit aus dem
Rhein herangefahren werden. Drei Tage lang
geschah dies, um die immer wieder aufflammenden
Heu- und Fruchthaufen zu löschen. Die
Ortschaften am Rhein „seynd wohl am geschwindesten
herbey gekommen, weilen sie das Feuer
am ehesten gesehen", schrieb der Chronist. Er
lobt auch die Herren-Oberbeamten von Badenweiler
und Heitersheim, die durch sofortiges
Erscheinen „durch kluge Veranstaltung den
Amths-Unterthanen viel Vortheil geschafft".
Besonders erwähnt wird ein „gewisser Dom-
Herr von Constantz, vornehmen redlichen Geschlechts
, so sich eben in der Nachbarschaft aufgehalten
, selbst Hand angelegt und sehr um sich
gearbeitet". Drei Tage und drei Nächte wehrten
sie den Flammen, um das restliche Dorf zu
schützen. Es war mehr Wein als Wasser vorhanden
. Aber die Fässer waren unter der Hitze
zerborsten.
Pfarrer Höltzlein, der seit 1714 sein Amt im
Flecken Auggen versah, hat sich während und
auch nach dem Brande als rechter Pfarrer erwiesen
. Es wird geschildert, wie er während des
Brandes seinen Mitmenschen Trost zu spenden
versuchte, wie die Leute händeringend ihm ihren
Schmerz mitteilten. Aber auch von Verstockten
wird berichtet, die verbittert, wortkarg und böse
ein Trostwort verworfen haben. Glücklicherweise
war bei dem Brandunglück kein Einwohner
zu Schaden gekommen. Immerhin waren im
Dorf noch so viele Häuser unbeschädigt oder
bewohnbar, daß für den kommenden Winter für
alle Obdachlosen notdürftig Unterkunft möglich
war. Auch das obere Gotteshaus war unversehrt
geblieben.
Die untere Kirche war, wie schon erwähnt,
dem Feuer zum Opfer gefallen. Der Chor dieses
Gotteshauses war gewölbt. Während Turm und
Dach verbrannten, blieb das Gewölbe stehen und
der Altar und einige Holzbilder Blieben unversehrt
. Das wurde als ein Wunder bestaunt und
besprochen. Wie überhaupt die geängstigten
Leute nach diesem Schrecken für vielerlei Aberglaube
anfällig waren. War ein Haus verschont
geblieben, das nach menschlichem Ermessen
auch hätte vom Feuer zerstört werden müssen,
so war es eben ein „Wunder". Es muß zu jener
Zeit Sitte gewesen sein, als Schutz gegen Feuersnot
Zeichen mit Kreide an die Türen zu schreiben
. Der gute Pfarrer wetterte gegen diesen
Unsinn und Aberglauben. Immer waren es
natürliche Umstände, durch die das eine oder
andere Anwesen verschont geblieben war, so,
als eine große Linde vor dem Haus den Flug der
Funken abhielt.
Wo ein so großes Unglück geschieht, ist auch
gleich menschliche Hilfe nicht weit. An erster
Stelle wird die Landesfürstin Katharina Barbara
als große Spenderin geschildert. „Die angränzen-
de gesegnete Schweiz, sonderheitlich die Städte
Basel, Zürich und Bern haben gewiß durch
ansehnliche Geld-Collekten und durch Verehrung
geist-reicher Bücher sich sehr liebreich
erwiesen". Aus Darmstadt stiftete ein Sohn des
früheren Pfarrers Gmelin „aus rühmlichem An-
gedencken gegen sein Vatterland 50 Gulden".
Auch aus der Gmelin - Gebhardt'schen Familie
in Carols-Ruh (Karlsruhe) kamen Spenden, „daß
dasige Gemeinde höchst Ursach hat für ihre
Wohlthäter Gott eyffrichst zu bitten". Bei einer
vom Landesfürsten angeordneten Sammlung gab
Carols-Ruh 200 fl. (Gulden), Pforzheim und Durlach
zusammen 132 fl., Markgrafschaft Hochberg
319 fl., Badenweiler 145 fl., Rötteln 240 fl.,
Sausenburg 269 fl. An Geld spendeten außerdem
Basel 200 fl., Bern 100 Thaler, Zürich 260 fl. und
viele kleinere Gemeinden • der Schweiz zusammen
100 fl. Der Vogt Oswald Dreutel von Can-
dern schickte 4 Gulden 42 Kreuzer, „daß man
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