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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1955-11-12/0021
Die Markgrafschaft

19

denn die Männer hätten ihn kaum ungeschoren
gelassen, wenn sie den Lauscher entdeckt
hätten. Was sie sprachen, wäre nämlich bestimmt
nicht für fremde Ohren gemünzt gewesen
: in der dritten Nacht von heute ab
fände ein Heimliches Gericht beim Brudermattfelsen
gegen die verdammte Hexe, die
Doldengundel, statt. Rudi forderte die beiden
anderen auf, pünktlich mit ihren Leuten zur
Stelle zu sein und als Beisitzer zu amtieren.
Kaum wären die drei Männer nach verschiedenen
Richtungen auseinandergegangen und
zwischen den Baumstämmen verschwunden
gewesen, sei er das Tal hinunter gelaufen,
hätte Ziegen Ziegen sein lassen und sei hier
nach Badenweiler auf die Burg geeilt, denn
die Doldenwirtin habe seine arme kranke
Mutter einmal gesund gepflegt und auch ihm
manche Wohltat erwiesen. Er hoffe, so schloß
er seinen Bericht, beim Herrn Markgrafen
Hilfe zu finden. Nur habe er Angst, weil er
seine Ziegen im Walde allein gelassen habe.

„Sei ohne Sorge", sprach der Markgraf,
der mit wachsendem Interesse zugehört hatte
und nun auf den jungen Burschen zutrat,
„deine Aufmerksamkeit und Treue sollen
belohnt werden. Laß dir vom Vogt drei
Knechte mitgeben, die dir die Tiere suchen
helfen sollen. Und wenn du Lust hast, sollst
du in meinem Gefolge einen Platz bekommen
!" Dankbar und ehrfürchtig beugte der
Hirt seine Knie und stieg leichteren Herzens
in den Hof hinab, als er heraufgekommen
war. — „Das nenne ich willkommene Botschaft
", rief der Markgraf aus, als sie allein
waren, „Burgvogt, darauf wollen wir noch einen
Becher leeren und dann überlegen, wie wir den
Brüdern die Suppe versalzen können".

Nun müssen wir in der Erzählung ein Stück
zurückgreifen und uns berichten lassen, wie es
der armen Gundel ergangen war.

Einige Tage vor ihrem Verschwinden war
der Müller beim Burgherrn von Neuenfels aufgetaucht
und hatte ihn um eine Unterredung
unter vier Augen gebeten. „Wir dürfen nicht
mehr zögern, Herr, wenn unser Plan nicht mißlingen
soll", begann Rudi, als der Diener gegangen
war. „Der Markgraf kommt in den
nächsten Tagen, und wir müssen uns beeilen,
daß er uns keinen Strich durch die Rechnung
macht". „Daß ihn der Teufel hole und er im
höllischen Feuer säße, der verfluchte Spielverderber
, der... ", polterte da der Neuenf eiser los
und ließ die Faust auf den Tisch fallen, daß die
Becher tanzten. „Aber da hilft kein Fluchen",
fuhr er ruhiger fort, „wir müssen handeln und
zwar sofort!"

„Das ist auch meine Ansicht", entgegnete der
Müller, „und deshalb habe ich meine Verberei-
tungen schon getroffen. Die Doldengundel hat
ihre Mähder gerade auf den Schwärzematten
beschäftigt, und sicherlich wird sie nach ihnen
sehen — das tut sie stets. Damit wir aber ganz
sicher gehen, habe ich ihr einen Zettel geschickt,
daß ihre Tante, das Kätterle in Britzingen, auf

Am Neujahrsmorgen

den Tod darniederliege und nach ihr verlange.
Sie wird nicht nein sagen wollen und dann..."
„Und dann?" unterbrach der Burgherr ungeduldig
. „Und dann?" grinste der Müller heimtückisch
, „könnt Ihr's Euch nicht denken? Dann
werfen wir sie nieder und bringen sie hierher.
Ihr werdet sicher dem wertvollen Gast eine
Unterkunft gewähren können. In wenigen Tagen
wird sie bereit sein, die Urkunden über den
Besitz der Matten herauszugeben, um wieder
frei zu werden". „Und wenn sie sie nicht gibt?"
zweifelte der Neuenf eiser. „Dann verfällt sie der
Feme, und meine Schmach ist gerächt!" erwiderte
selbstsicher der Müller, in dem der Zorn
über die Abweisung der Werbung erneut aufwallte
und die Wangen erglühen ließ. „Aber die
Frist ist noch nicht abgelaufen", warf der Ritter
noch einmal ein, dem es vielleicht doch nicht so
wohl war bei solcher Übereilung. „Wer fragt
nach der Frist? Wollt Ihr die Matten haben oder
soll der Markgraf der Grynnerin den Besitz
bestätigen und Ihr habt das Nachsehen?"
trumpfte der Besucher auf. Und damit traf er
den Neuenfelser an seiner verwundbarsten
Stelle. Die Matten wollte er haben; und so
willigte er ein: „Es sei — kommt die Gundel
auf die Schwärze, so sorge ich dafür, daß man
ihr ein Quartier auf dem Neuenfels verschafft!"

Der Müller hatte richtig gerechnet. Die Doldenwirtin
besuchte die Mähder am Nachmittag
auf der Schwärzematte und setzte dann ihren


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