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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1955-11-12/0023
Die Markgraf Schaft

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unter strömendem Regen einhergegangen ist, ohne
daß ihr auch nur ein Fädlein vom Gewand naß
geworden wäre oder der dichte Hagel sie verletzt
hätte!" Ist dies eine echte Femklage?"
wandte sich der Freigraf an die Schöffen. Alle
nickten zustimmend. „So frage ich den Kläger:
was hat er für Beweise?" fuhr der Freigraf fort.
„Ich beweise es durch drei Eideshelfer!" sprach
der Ankläger. „Angeklagte", fragte der Freigraf
weiter, „kannst Du den Kläger durch sieben
Eideshelfer übersiebenen?" „Herr", entgegnete
die Doldenwirtin, „wie kann ich das hier? Man
hat mich mit Gewalt von zu Hause fortgeschleppt
. Laßt mich ins Tal hinab. Dort werde
ich Leute genug finden, die die Anklage widerlegen
können!" „Nein! nur frei kannst Du das
Gericht verlassen, wenn Du Deine Unschuld
nachgewiesen hast. Im anderen Falle aber wirst
Du gerichtet, denn Deine Schuld ist dann erwiesen
", erklärte der Freigraf, „aber Du sollst
die Möglichkeit haben, einen Fürsprecher zu finden
". Er. neigte sich zur Seite und flüsterte mit
dem Zunächstsitzenden, der sich sofort erhob
und seine Frage an die Anwesenden richtete:
„Ist jemand bereit, für die Angeklagte als Eideshelfer
aufzutreten, so möge er es tun!" Als auch
nach der dritten Wiederholung dieser Aufforderung
keine Antwort kam, fuhr der Freigraf fort:
„Da sich niemand findet, der für die Beklagte
eintritt, wollen wir das Urteil beraten". Die
Schöffen traten abseits zu einem Kreis zusammen
. Flüsternd ging das Urteil von einem zum
andern; alle stimmten kopfnickend zu. Die
Richtenden traten zum Freistuhl zurück und
setzten sich; nur der Freigraf blieb aufrecht und
verkündete das Femeurteil: „Die beklagte Frau,
mit Namen Gundula Grynner, nehme ich hier
aus dem Frieden, aus den Rechten und Freiheiten
, die Kaiser Karl gesetzt und Papst Leo
bestätigt hat und ferner von allen Fürsten,
Herren, Rittern und Knechten, Freien und Freischöffen
beschworen worden sind, und werfe sie
nieder aus allem Frieden, Freiheiten und Rechten
in Königsbann und Wette und in den höchsten
Unfrieden und Ungnade und mache sie
unmündig, machtlos, rechtlos, ehrlos, friedlos
und unteilhaftig allen Rechts und verführe sie
und verfeme sie nach Satzung der Heimlichen
Acht und weihe ihren Hals dem Stricke, ihren
Leichnam den Tieren, ihre Seele Gott im Himmel
und ihr Leben und ihr Gut ledig".

Nach diesen Worten, bei denen Frau Gundula
bleich geworden war, ergriff der Freigraf
die auf dem Tisch liegende gedrehte Weide. Alle
standen auf, während der Vorsitzende des Heimlichen
Gerichtes sprach: „So sollt Ihr sie nehmen
und henken an den nächsten Baum, damit
..." Doch mitten in den unvollendeten Satz
gellte ein Schrei, ein Todesschrei. Alle waren im
Augenblick wie gelähmt. Der Freigraf war der
erste, der die Sprache wiederfand und den Eindringlingen
entgegenrief: „Halt! Was soll der
Lärm? ■ Wer stört die Würde des Gerichtes?"
„Was das ist, werdet Ihr gleich sehen. Ihr
Schurken! Vorwärts dahinten, zündet Fakeln an,
damit wir sehen, wer hier zur Sippe gehört!"

?toei 25lutftcäme

Nidsi göhn in mym Bluet
tief alimannischi Wurzle,
hebe mi fest am Bode
mit 's Muetters Hand.

Gbsi zieht« mi im Gaist;
wölbt sich e fränkische Himmel,
lütets wie haimlichi Glocke
ins Vatters Land.

Do zieht der Pflueg sy Spur
im alimannische Bode,
lachen im sunnige Rebberg
Trübel am Rai.

Hoch ob em Wächtig tönt
mächtig die fränkischi Orgle;
Bach het der Urähni gspielt druf
vor syner Gmai.

Ufen un afoe ryßts,
bal weiß i nümmi wo ane.
Heimweh — un allewyl Sueche
macht mi so müed.

Zwische zwoo Welte im Ring
mueß i my Lebe lang laufe;
Fränkischi Seel verströömt sich
alimannisch im Lied.

Ida Preusch-Müller

rief eine mächtige Stimme. Im aufflackernden
Licht erkannte der Freigraf seinen Landesherrn,
den Markgrafen. Und zu seinem größten Schrek-
ken bemerkte er, daß eine beträchtliche Zahl
gewappneter Reiter den gebannten Kreis füllten,
zwischen sich die überwältigten Wachtposten,
von denen nur einer fehlte: der, der den Todesschrei
ausgestoßen hatte. Aber er gab sich nicht
verloren. Das Kruzifix vom Tisch nehmend und
es hochhaltend, trat er dem Markgrafen entgegen
: „Zurück, Markgraf Christoph, von der
Stätte der Heiligen Feme, oder ich verfeme Dich
selbst im Namen des Kaisers!" Der Markgraf
aber war so leicht nicht zu schrecken: „Verwegener
! Meinst Du, ich scheue Euch Kapuzenmänner
?! Seid Ihr eine rechte Feme, die Ihr zu
unrechter Frist eine wehrlose Frau vor Euren
Freistuhl schleppt, um Euch Recht zu schaffen,
wie es Euch paßt? Nehmt die Hauben ab, oder
unsere Schwerter helfen nach! Auf, Leute,
nehmt den mit dem Kreuz gefangen. Wenn er
nicht pariert, streckt ihn nieder, so wird ihm der
verdiente Lohn umso schneller!"

Die arme Gundel, die eine so schnelle Wandlung
der Geschehnisse gar nicht gleich fassen
konnte, war zu Füßen des Markgrafen in die
Knie gesunken. Der aber hieß sie aufstehen:
Erhebt Euch, Grynnerin, denn nur vor seinem
Gott soll der Mensch knien; ich aber tue nur
meine Pflicht als Herr dieses Landes, zu dessen
Regenten mich der Herrgott gemacht hat".

Die Knechte hatten inzwischen den Freigrafen
, der sich anfangs heftig wehrte, überwältigt
und ihm die Kapuze vom Kopf gerissen.
Wie staunten sie, als sie sahen, wen sie da gegriffen
hatten! Es war der Neuenfelser. „Ei! sieh
da", sagte der Markgraf, „ein guter Bekannter
und Nachbar, mit dem idi manches wichtige
Wörtlein zu reden haben werde! Ihr sollt mein


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