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Die Markgrafschaft
<$'\m getreue WacFgräflerin
Nun ist sie, kurz vor Vollendung ihres 75.
Lebensjahres, heimgegangen, die getreue Freundin
von Hermann Burte, Hermann Hesse und
Ludwig Finckh, die alemannische Dichterin aus
dem Hebelland: Ida Huck-Guldenschuh. Sie verbrachte
die letzten Jahrzehnte ihres Lebens als
Nachbarin Rudolf Hagelstanges in Unteruhldingen
am Bodensee.
Über vierzig Jahre sind verflossen, seitdem
wir der Dichterin im Huck'schen Doktorhause zu
Singen am Hohentwiel erstmals begegnen durften
. Sie war der gute Geist dieses Hauses, das
eine Pflegestätte von Kunst und Dichtung war.
In den Bücherschäften fand man alle Werke von
Finckh und Hesse mit eigenhändigen Widmungen
. Sie gingen hier aus und ein. Sie nannten
den guten Geist des Hauses ,,das Routendelein".
Ihr Gatte war ein Mäzen des alemannischen
Meisters Adolf Hildenbrand. Alle Zimmer des
Doktorhauses waren geschmückt mit Bildern
dieses Malers, der in jenen Jahren seine Staffelei
oft im Hegau und am Bodensee stehen hatte,
zumal im Dorfe Weiterdingen, am Fuße des
Stofflerberges. Hildenbrand war es, der Ludwig
Finckh auf den Abbruch des Hohenstoffeln aufmerksam
gemacht hatte. So sah man im Huck-
schen Hause Hildenbrand-Bilder vom Hegau und
vom See, aber auch seltene Werke wie den
„Herbstreiter" und die ,,Nymphe zwischen den
Quellen".
In diesem Hause hörte man nur die alemannische
Mundart des Hebellandes. Schon damals
schrieb sie Verse in der Mundart ihrer Heimat.
Die Heimatsprache liebte sie über alles:
Un hör iech eismols ünsi Heimetsproch,
se sichi zerst der Chilchdurn un der Rhii —
der Blaue, d' Rebberg, d' Matte, 's Luckejoch
un näume ime Ohrüüsli alte Wii.
Das isch wie Musik, wiene uralt Lied,
ruscht wie ne Sägese im volle Chorn,
singt wie ne Vögeli im wite Ried
un chroost wie d'Fuhre unterem Pflueg, im Zorn.
In späteren Jahren haben wir die Dichterin
am Bodensee besucht, dort war bei ihr oft Maria
Hesse-Bernulli aus Basel zu Gast, ihre alte
Freundin. Dort entstanden die meisten ihrer
Gedichte, um derentwillen wir sie schätzen. Sie
wurden veröffentlicht in der Zeitschrift des
Hebelbundes (,,Die Markgrafschaft"), in dem von
Karl Seith herausgegebenen „Markgräfler Jahrbuch
", in Basler Zeitschriften. Neben Lina Kro-
mer, Hedwig Salm u. a. stellt Hermann Burte
Ida Guldenschuh in die Reihe der bedeutenden
Markgräfler Dichterinnen. Er schreibt von ihr im
,,Markgräfler Jahrbuch": ,,Lina Kromers sanfter
Sopran wird abgelöst von der fraulichen vollen
Altstimme von Ida Guldenschuh. Sie wurde am
26. August 1881 in dem alten Markgräfler Dorfe
Kirchen am Rhein geboren in einer Zeit, wo es
noch rein bäuerliche Dörfer gab, wo die ungeschriebene
Sitte und das ungebrochene Brauchtum
noch erhalten, wo die Markgräfler Tracht
noch mit dem Gefühl inneren Stolzes getragen
wurde. Diese Welt ihrer Jugend ist in dem Werk
von Ida Guldenschuh wieder auferstanden; was
sie von dieser geistigen und seelischen Welt aussagt
, das wirkt schon rein sachlich als Dichtung,
als Kunde aus einem seelischen Bereich, der dem
heutigen Land und Volk verloren gegangen ist.
Sie besitzt die Fähigkeit, einfache, übersehene
Menschen in ihrer Tragik darzustellen. Sie hat
auch den überlegenen, lächelnden Humor, der
erfrischt und versöhnt. Reich und rein fließt die
Quelle ihrer Dichtung".
Wie treffend hat Ida Guldenschuh das Bild
der alten Magd gezeichnet:
's Vreni isch en alti Magd
mit Runzle, Dümpf un Warze.
Das Lebe het's gar uding packt,
's mueß all im Schatte bärze.
Un het doch o ne Herz im Liib,
wo Liebi möcht verschenke.
Doch d'JÖhrli göhn, wie dur e Sieb,
es git em wäger z'denke.
Es chocht un wäscht, es melcht im strickt
un buzt im Gottlieb 's Plunder.
Im Winter hets em Socke gstrickt,
so nebezue, potzdunder!
En alti Magd isch's numme gsi
mit Runzle, Dümpf und Warze,
vor Gott wird's gwiß en Engel si
mit sim selbstlose Herze.
Es wäre eine schöne Aufgabe — etwa der
„Silberdistelreihe" — das Schönste aus dem
Werk von Ida Guldenschuh zu sammeln und der
Nachwelt zu überliefern. Emil Baader
Am Rheinknie bei Basel öffnet sich nach
Norden hin das breite Tal des Flusses, der von
des Schwarzwalds höchster Erhebung, dem Feldberg
, zum Rhein herabströmt, das Tal der
„Wiese", die der Dichter Johann Peter Hebel in
sinnigen Versen besungen. Höhen von 400 bis
500 Metern, der Dinkelberg mit seinen Kuppen
im Osten und der Tüllinger Berg im Westen, der
einen umfassenden Blick über die wundervolle
Landschaft bis zu den Vogesen, dem Jura und
sogar zu den Gipfeln der Alpen gewährt, begrenzen
diesen vordersten Teil des Wiesentals, auf
dessen Sohle und an dessen Flanken sich die
Stadt Lörrach entwickelt hat. In wachsendem Ausgreifen
von der Schweizer Grenze bei Riehen
bis nahe an den Burgfelsen, auf dem sich in
kühner, beherrschender Lage die gewaltige Ruine
des Rötteler Schlosses erhebt, dehnt sich die
Stadt im Tal der Wiese. Sie wurde im Verlauf
von beinahe 300 Jahren in günstiger Verkehrslage
auf dem Hochufer des Flusses, am Kreuzungspunkt
der Straßen, die von Rheinfelden,
von Basel, aus dem Schwarzwald über Zell und
Schopf heim und über den Sattel der ,, Lücke'' von
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