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S ch warz wald - Verein

Ortsgruppe Müllheim - Badenweiler e.V.

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Von Medizinalrat Dr. Gmelin, Freudenstadt

Mit der fortschreitenden Motorisierung unseres ganzen
Lebens, zumal des Verkehrs, die uns bald jede
Muskeltätigkeit, insbesondere die der Beine, erspart,'
nehmen die Gesundheitsschäden immer mehr zu und
drohen eine rasche Entartung der Kulturmenschheit
herbeizuführen. Aus dieser Erkenntnis aber gilt es auch,
die richtige Schlußfolgerung zu ziehen: Nur durch eine
Übung können wir diese Gefahren vermeiden oder
rückgängig machen. Welche Übung würde aber mehr
den natürlichen Lebensbedingungen entsprechen und
den am stärksten von der Natur ausgebildeten oder
angelegten Muskeln, nämlich der Muskulatur unserer
Beine, mehr zugute kommen, als das Gehen iund —
Wandern? Dabei werden nicht nur die entsprechenden
Muskeln gekräftigt, sondern das Wandern in der freien
Natur belebt und erfrischt auch die anderen Organe
unseres Körpers, den gesamten Stoffwechsel, den
Blutkreislauf und alle Lebensvorgänge in unserem
Organismus.

Zunächst die Lungen: Wir atmen die reine, unverbrauchte
und unverdorbene Luft ein, desto intensiver,
je mehr die Muskeltätigkeit des Gehens oder gar Steigens
eine erhöhte Luft- und Sauerstoffzufuhr erfordert.
Unsere Lunge gelangt dadurch zu ihrer vollen Entfaltung
und wird veranlaßt, die verbrauchte Luft besser
auszuscheiden und sich zu „entschlacken". Die reichliche
Durchlüftung unerer < Lunge mit der köstlichen frischen
Luft, wie wir sie ja in so einzigartiger Güte in unserem
Schwarzwaldklima haben, stellt sogar ein wirkliches
Verhütungsmittel gegenüber der Lungentuberkulose dar,
namentlich, wenn wir durch eine systematische Steigerung
der Muskeltätigeit, etwa durch kürzere Dauerläufe,
zu einer tiefen Einatmung, und was noch wichtiger ist,
zu einer intensiven Ausatmung veranlaßt werden. Wir
pumpen uns dann gleichsam nicht nur mit dem nötigen
Sauerstoff voll, sondern auch mit all den anderen heilsamen
Beistandteilen der Luft. Früher sprach man vom
Ozon. Heute wissen wir, daß es auch andere ätherische
Stoffe sind, wie die Duftstoffe der Tannen- und
Fichtennadeln, deren Heilkraft übrigens erst in jüngster
Zeit noch wissenschaftlich erforscht und — bestätigt
worden ist. Mit der Ausscheidung aller verbrauchten
Luft unserer Lungen tragen wir aber mehr zu einer
wahrhaften Blutreinigung bei, als es alle Blutreinigungsmittel
zu tun vermögen.

Noch günstiger als auf die Lunge ist aber die Wirkung
des Wanderns auf das Herz. Die ausgiebige
Muskeltätigkeit der Beine führt zu einer Umstellung
des Blutkreislaufs, zu einer reichlicheren Durchblutung
der unteren Gliedmaßen und damit zu einer Entlastung
des Blutandrangs nach dem Kopf und der oberen Körperhälfte
. Die vermehrte Muskeltätigkeit beim Wandern
bedingt aber gleichzeitig auch eine raschere Verbrennung
im Körper und damit einen vermehrten Bedarf
an Sauerstoff, der wieder nur durch eine stärkere
Atmung und kräftigere Herztätigkeit befriedigt werden
kann. Bekanntlich spielt bei Herzkranken die sogenannte
Geländekur eine hervorragende Rolle. Diese
besteht in täglichem Wandern auf immer größere Entfernung
und in allmählicher Zunahme der Höhendifferenz
, so daß mit der systematischen Steigerung der
täglichen Wegstrecke und Steigung eine Trainierung des
Herzmuskels erzielt wird, die zu einer Zunahme der

Herzkraft führt, wie dies bei jedem richtig geübten
Muskel der Fall ist. Besser als viele Arzneimittel können
wir mit dieser „Trainierung" einer Entartung und
Erschlaffung des Herzens vorbeugen, und zwar auch die
Gesunden, oder wie wir besser sagen müßten, die „noch
Gesunden". Denn die meisten Menschen bekommen
schon in mittleren Lebensjahren einen sogenannten
Herzknacks, der zwar äußerlich oft noch nicht bemerkt
wird, aber sich lngsam in einer Entartung des Herzmuskels
und in einer Aderverkalkung auswirkt.

Auch die äußere Haut erlebt durch die Einwirkung
der frischen Luft eine heilsame Reaktion. In unserem
täglichen Umkreis mit der gleichmäßigen Temperatur
unserer Räume, namentlich, wenn sie durch eine
Zentralheizung erwärmt sind, hat unsere Haut und damit
unser Körper verlernt, sich dem Wechsel zwischen
warmer und kalter Luft anzupassen, was zur Folge hat,
daß wir dauernd irgendwelchen Katarrhen anheimfallen
, und zwar desto mehr, je wärmer die Umgebung
ist, in der wir leben, so (merkwürdig dies auch klingen
mag. Beim Wandern in der frischen Luft wird die Haut
auch an den Kältereiz gewöhnt und zu einem normalen
Verhalten veranlaßt, ohne daß es auch in kalter Umgebung
zu einer Erkältung kommt. Denn mit der
erhöhten Verbrennung durch die Muskeltätigkeit unserer
Beine wird so viel Wärme in unserem Organismus
gebildet, daß ein Frieren gar nicht erst aufkommen
kann. Die Hautreaktion auf Kalt und Warm bedeutet
aber gleichzeitg auch eine wohltätige Durchblutung der
äußeren Haut, womit eine Entlastung des inneren
Kreislaufs herbeigeführt wird, was wieder dem Herzen
zugute kommt. Man spricht ja von dem peripheren
Kreislauf, der sich in der äußeren Haut abspielt, als von
einem „zweiten Herzen", dessen Funktion in seiner
Bedeutung für die Gesundheit der des Herzens gleichkommt
.

Nicht weniger wertvoll ist das Wandern auch für
unsere Bauchorgane, die von dem unnatürlichen Druck
und der Stauwirkung durch das Sitzen befreit werden.
Mit der gleichmäßigen Durchblutung der Unterleibsorgane
werden die vielfachen Störungen und Schäden
namentlich im weiblichen Organismus verhütet oder
beseitigt. Die Bewegung führt auch zu einer Regulierung
unserer Darmtätigkeit; die chronische Verstopfung
wird behoben und mit der täglichen Ausscheidung aller
Abfallstoffe und Gifte wird vielen Stoffwechselkrankheiten
vorgebeugt und damit so manchen lebenverkürzenden
Leiden.

Die ausgiebige Durchblutung der Beine durch das
Wandern stellt aber auch das wirksamste Mittel gegenüber
den Blutstauungen, den Krampfadern, dar. Das
Gewebe erhält bei einer besseren Blutzirkulation den
zu seiner Gesunderhaltung notwendigen Sauerstoff,
womit den gefürchteten Krampfadergeschwüren an den
Unterschenkeln der Boden entzogen wird.

Mit dem Wandern aber kommen schließlich auch
unsere Füße zu ihrem Recht. Das Gehen auf unebenem
Boden, wie er glücklicherweise noch auf den meisten
unserer Schwarzwaldwege angetroffen wird, zwingt auch
unsere Fußmuskeln wieder zu ihrem richtigen Gebrauch.
Die Älteren unter uns werden freilich ihre Fußdeformitäten
und -schwächen wie Platt- und Senkfüße nicht


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