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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1956-04/0011
Die Markgrafschaft

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Schon oft habe ich darüber
nachgesonnen, warum
mir das stille Müll-
heimer ,, Himmelreich''
mehr ans Herz gewachsen
ist, als das viel besungene,
gezeichnete und gemalte
„Luginsland", von dem
man die Weite der Rheinebene
und die hohen
Häupter der Schwarzwald-
und Vogesenberge überschaut
, und wo einmal ein
kleines Büble, überwältigt
von dem herrlichen
Blick, sagte: „Je, Mamme,
wie isch doch d'Welt so
groß!"

Es ist nicht darum, weil
mein Häuschen nur einige
Katzensprünge davon entfernt
liegt. Vielleicht macht
es der Wald aus, der dem
Himmelreich im Rücken
liegt und den ich so liebe.
Manches meiner Märchen
ist auf Waldspaziergängen
entstanden, wenn ich ihn
erwachen oder sterben sah,
wenn ich die Zweige leise
singen hörte im Frühlingswind
, die Äste in den
Herbststürmen ächzten
oder der tiefe glitzernde
Schnee ihm einen königlichen
Mantel überwarf.

Lebensfreude

Holzschnitt von Rudolf Warnecke

Nein, auch das ist es nicht. Ich glaube, die
Liebe zu dieser kleinen Anhöhe über Müllheim
kommt daher, weil ich in meiner Kindheit und
Jugend gar oft den Seufzer meiner Mutter hörte:
„Wenn i numme wieder emol vum Himmelriich
uf Mille abeluege chennt!" Sie ist in Kandern,
von wo man „niene use sieht", nie ganz heimisch
geworden.

Mit dieser Sehnsucht im Herzen der Mutter
ist vielleicht das Kind unter ihrem Herzen genährt
worden und gewachsen. Sie war auch die
Erste, die mich hinaufführte, mit mir auf einer
der alten steinernen Bänke zwischen den hohen,
rauschenden Eichen saß und mir Müllheim zeigte
und das Luginsland.

Darum ist mein erster Gang, wenn ich nach
Müllheim komme, „ufs Himmelriich". Der Weg
„ins" Himmelreich ist dann nicht mehr weit, besonders
wenn der Frühling die vielen ringsum
auf den Matten stehenden Obstbäume überschüttet
mit schlohweißen und zartrosigen Blustwolken
und der Duft einem den Atem schwer macht.
Und die Vögel erst. Der erste Kuckucksruf

schallt herüber vom Röthi-Wald, wenn viele andere
Sänger schon längst ihr Programm darboten.
Um Pfingsten sah und hörte ich zum erstenmal
in meinem Leben den Pirol in den Obstbäumen
unterm Himmelreich und schaute fröhlich dem
Contre-Tanz halbwüchsiger Elstern, die wohl dort
oben ihr Nest hatten, zu. Der Wiedehopf wirft
sein dunkles, lautes U-U-U abgehackt aus dem
Eichwald herunter, und wenn im Mai die Nachtigallen
in den Hürsten so laut singen, daß die
Badgäßler behaupten, sie hätten „vor dem Briele
nit schlofe chönne", schütteln die alten Eichen
leise ihre Häupter über soviel Liebesseligkeit.
Nur die Käuze klagen unheimlich in den Nächten.

Die alten Häuser der Oberstadt schauen mit
ihren Giebeln oder Firsten aus den Gärten und
Bäumen herauf, Pappeln und Erlen zeigen den
Lauf des Klemmbachs. Aus den Dächern der
Stadtmitte ragen die Türme der Kirchen, und


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