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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1956-06/0015
S chwarzwald-Verein

Ortsgruppe Müllheim-Badenweiler e.V.

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Außer dem Schutz von Pflanzen und Tierarten, der
Sicherung von Naturdenkmalen und der Begründung von
Naturschutzgebieten rechnet das Naturschutzgesetz
schließlich auch den Schutz der Landschaft zu seinen
Aufgaben. Zu Landschaftsschutzgebieten können Landschaftsteile
erklärt werden, die als Naturschutzgebiete
nicht in Frage kommen, aber doch des Schutzes bedürftig
sind. Es kann hier alles verboten werden, was geeignet
wäre, die Natur zu schädigen, den Naturgenuß zu beeinträchtigen
oder das Landschaftsbild zu verunstalten.
Darunter fällt die Errichtung von Bauwerken aller Art,
Verkaufsbuden, Zelt- und Lagerplätzen, das Anbringen
von Inschriften oder Werbeschildern u.dgl. Unberührt
aber bleibt die wirtschaftliche Nutzung, soweit sie den
vorstehenden Forderungen nicht widerspricht. Aus unserem
Kreisgebiet handelt es sich dabei um folgende Vorhaben
: das Fliederbachtal bei Sulzburg, einen Orchideenstandort
bei Mauchen, das Rammelsbachtal bei Untermünstertal
, Schloß Bürgeln und Umgebung, Kirche Betberg
und Umgebung, die Burgen mit ihren Umgebungen,
den Eichwald bei Mülheim u. a. Zum Schutzgebiet ist
schon erklärt ein 600 Meter breiter Streifen beim Hörnle
{Wiedenereck—Trubelmattkopf).

Wenn zu Beginn dieses Aufsatzes von zwei Epochen
des Naturschutzes im Verlauf seiner Geschichte gesprochen
wurde, so müssen wir mit dem voraufgegangenen
Abschnitt die eine ältere Epoche als beendet bezeichnen.
Nicht, als ob damit ihre Probleme ad acta gelegt wären
"und für uns keine praktische Bedeutung mehr hätten.
Daß ihre Probleme auch die unsrigen sind, sollte bisher
gezeigt werden. Wenn wir allerdings das Programm des
1904 gegründeten Bundes Deutscher Heimatschutz nach
dem zeitlichen Abstand eines halben Jahrhunderts lesen,
spüren wir ein Pathos, das heute leicht als romantisch
oder sentimental empfunden werden könnte. Unsere Zeit
ist vielleicht zynischer, aber bestimmt härter geworden.
Dieser Grundcharakter unserer Zeit hat dem Gesicht des
Naturschutzes wesentlich neue Züge hinzugefügt. Jenen
Vätern des Natur- und Heimatschutzes kam es zunächst
auf die Erhaltung des schönen Naturbildes an. Sie konnten
nicht ahnen, daß sie in einem viel weiteren Sinne
recht behalten sollten, als sie von ihrem überwiegend
ästhetischen Blickpunkt aus übersehen konnten. Heute
ist Naturschutz eine Grundfrage unserer physischen
Existenz überhaupt geworden.

Heute müssen zwei Gründe für die Notwendigkeit
eines neuen, verstärkten und gewandelten Naturschutzes
genannt werden: Die außerordentlich schnelle Vermehrung
der Menschheit (die tägliche Zunahme beträgt
70 000) und als deren Folgeerscheinung die fortschreitende
Technisierung unseres gesamten Daseins. Viel
mehr Menschen zwingen zur Ausnutzung der letzten
Landreserven, die wieder nur möglich wird mit Hilfe
einer Technik, die die Menschen glauben ließ, sie könnten
mit ihrer Hilfe die Natur restlos beherrschen, ja
ihre Gesetze und Regeln mißachten. Viel mehr Menschen
brauchen viel mehr Wasser, und alles Wasser bis auf
einen geringen Anteil muß aus dem Schoß der Erde
gehoben werden. Die Bäche und Flüsse sind begradigt
und schicken ihre Wasser schneller zu Tal, die Wasserläufe
graben sich tiefer ein; die Wälder werden dezimiert
und hören damit auf, Wasserspeicher zu sein,
ebenso wie die trockengelegten Moore und Sümpfe. Und
die Folge von alledem: daß der Grundwasserspiegel
dauernd absinkt. Die veränderte Strömung führt wieder

zur Verarmung der Lebewelt in der Flüssen. Die gleiche
Wirkung — das große Fischsterben — hat die Verschmutzung
unserer Flüsse durch die Abwässer der Industrie
. Und wie die Lebensgemeinschaften unserer
Gewässer, so sind die des festen Landes bedroht.

Wenn Bäume, Sträucher und Hecken ausgerottet
werden, um jedes Fleckchen Erde landwirtschaftlich zu
nutzen, dann hört der Windschutz auf und damit die
Taubildung und damit wieder die Regulierung der
Bodenfeuchtigkeit. Der Schaden wird noch vergrößert,
indem die moderne Agrartechnik die Kleintierwelt des
Bodens in viel stärkerem Maße vernichtet als die älteren
Praktiken. Dann glaubt der Mensch tierische Schädlinge
zu vernichten und bewirkt letzten Endes das Gegenteil,
indem er dadurch den biologischen Raum öffnet für das
Vielfache an Schädlingen anderer Art, die durch jene
auf die natürliche Art vernichtet worden wären. Das
Endergebnis ist dann — Beispiele belegen es — die Störung
des Gleichgewichts in der Natur, die auf die Dauer
die Urheber dieser Veränderungen nicht ungestraft läßt.

Die daraus erwachsenden neuen Aufgaben haben dem
Naturschutz heute eine neue Richtung gegeben. War er
früher eine Angelegenheit von begeisterten Laien, so
haben sich heute zahlreiche Fachleute — Biologen, Landschaftsarchitekten
, Forstleute — an seine Spitze gestellt.
Es geht heute nicht mehr allein wie ehedem um den
Schutz einzelner besonders gefährdeter Lebewesen, um
den Schutz von Naturdenkmalen, Landschaften oder die
Errichtung von Naturschutzgebieten. Diese Maßnahmen
allein genügen heute nicht mehr. Es geht in unseren
Tagen darum, die gesamte Landschaft von unsachgemäßen
, unvernünftigen Eingriffen einer mißverstandenen
und falsch angewandten Technik, kurzsichtiger Gewinnsucht
und rücksichtslosem Eigennutz zu schützen. Damit
bedarf es auch — wie Prof. von Hippel dieser Tage in
Freiburg ausführte — der Ausbildung differenzierter
Sachordnungen im Privatrecht, das bisher durch seine
anthropozentrische Ordnung der ungezügelten Konkurrenz
freien Lauf gelassen habe. Im Gefolge dieses Konkurrenzkampfes
um die Güter der Erde haben sich Ver-
steppungserscheinungen, Abholzung der Wälder, Verschmutzung
der Gewässer und VerÖlung der Meere
gezeigt. Der Naturschutz von heute muß seine Bemühungen
auf den Schutz unseres gesamten Lebensraumes
ausdehnen. Dabei bedarf es dringend der Mithilfe aller
Natur-, Wander- und Menschenfreunde.

Der bekannte Biologe Üxküll sagt: „Über die Menschheit
des abendländischen Kulturkreises sind in den letzten
500 Jahren verschiedene Weltanschauungswellen
dahingegangen. Als letzte folgte die das vorige Jahrhundert
überflutende und bis in unsere Tage herrschende
Welle, deren Thema die Maschine war. Nichts kann uns
darüber hinwegtäuschen, daß auch diese Anschauungswelle
abzuebben beginnt. Schon hat sich eine neue Welle
erhoben, deren Thema das Leben ist. Aufleuchtend wie
die Morgenröte, beginnt in unseren Tagen die Biologische
Welle ihren Siegeslauf". Sie wird ihren Siegeslauf
fortsetzen und zur Beachtung der Gesetze der lebenden
Natur führen, sie muß es, soll nicht die gesamte Ordnung
der Welt zusammenbrechen.

Als gute Einführung in die Fragen des Naturschutzes
ist zu empfehlen: Wolf gang Engelhardt, Naturschutz,
erschienen im Bayerischen Schulbuchverlag, München
(1954), Preis 2,60 DM. H. Wesen


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