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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1956-07/0008
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Die Markgrafschaft

Wiiber, das sind hochi Goben. Wer's hat, der soll
Gott ewig loben, doch sind sie seltsam Gast uf
Erden. Ein bös Wyb ist die größte Not".

Auch insofern ist er ein Sohn seiner Zeit, als
er die römischen Lustspieldichter übersetzte, aber
seine Übertragungen sind origineller und vor
allem in ein reines Deutsch verdolmetscht. Ja, er
behauptet, daß seine Beschäftigung mit den lateinischen
Dichtern ihn erst den ganzen Wert und
die Wahrheit des Evangeliums habe erkennen
lassen, und daß er darum diese heidnischen
Komödien übersetze, damit es anderen Menschen
auch so ergehe. „Verrät dir dies die heidnisch
Gschrift, was gibt dir Gott dann erst für Bricht".
Oder, um mit C. F. Meyer zu sprechen: ,,Wir
Christen haben ein gewisses Licht, doch auch ein
heidnisch Sprüchlein schadet nicht".

Und die lateinische Sprache dient ihm schließlich
auch dazu, „zu bewirken, daß wir erst anfallen
, unsre eigene Sprach zu regulieren und
wolstellen". Mir selbst hat dieser Boltz bestätigt,
was mir einmal Hermann Burte andeutete, daß
eigentlich die Grundvoraussetzung für die deutsche
und die alemannische Dichtung die humanistische
Bildung sei. Boltz ist gründlich durch
diese Schule hindurchgegangen, in der uns, wie
er sich ausdrückt, „die alten Heiden die Speise
vorkäuen wie kleinen Kindern".

Seine Volksspiele sind bezeichnenderweise fast
ausschließlich der heiligen Schrift entnommen.
Außer den schon erwähnten schrieb er noch „Die
Geschichte Simsons" und hat damit den gleichen
Stoff aufgegriffen, den fast vierhundert Jahre
später Hermann Burte wieder bearbeitete. Seine
„Ölung Davids", darin auch Davids Kampf mit
Goliath geschildert wird, nennt er gar eine lustige
Komödie, die er für die Mülhauser Bühne geschrieben
hat, die aber nie zur Aufführung kam,
weil eine Feuersbrunst kurz vorher das Schauspielhaus
mitsamt dem Manuskript in Asche
legte.

Und endlich ist gewiß, daß Boltz es mit seinen
Dramen genau so ernst gemeint hat wie mit seinen
Predigten. Wir lesen etwa im Vorspruch zum
„Weltspiegel" seinen Wunsch: „Gott wolle das
Spiel vielen dienen lassen zur Besserung". Damit
kommt Boltz tatsächlich dem ursprünglichen Sinn
des Theaters, kultisch zu dienen und erzieherisch
zu wirken, wieder nahe.

Er kann es sich dabei nicht verhalten, immer
wieder treffende Seitenhiebe auf die Laster seiner
Zeit auszuteilen. In Basel hat er zu monieren
den Kleiderluxus — und wer denkt da nicht an
Hebels „Marktweiber in der Stadt" — die Un-
mäßigkeit im Genuß — wir hören Hebel wieder
in der „Freude in Ehren" — und den Müßigang
— und wir sehen Hebels aufgehobenen Finger
im „Wegweiser" und im „Mann im Mond". Und
mit Hebel gemeinsam hat er jene eindringliche
Mahnung, die uns die Hinfälligkeit und Kurzfristigkeit
unseres Erdenlebens erteilt, zu einem
Leben in Zucht und unter Gottes Gebot.

Mag auf diesen eigenartigen Valentin Boltz
mit seinem Temperament, das oft mit ihm durchgeht
,, mit seiner urwüchsigen Derbheit, mit der

ganzen Unrast seines Wesens und der Unstetig-
keit seines Schaffens mancher trübe Schatten fallen
, das ist gewiß, daß er eine grundehrliche Haut
war, ein Mann von echtem Schrot und Korn und
einer der ersten großen alemannischen Dichter,
der das Letzte und Beste für seine Zeitgenossen
gewollt hat. Er hat einmal den Spruch geprägt,
den wir uns für alle unsere Dichter merken wollen
: „He, Ihr müent loose flysiglich uf jedes
Wort in Sonderheit". Und wir erkennen ihm
nachträglich und posthum den Hebelpreis zu.

(üHabfolm blühen

In allen Gärten blühen nun diese Blumen mit
dem königlichen Namen: im Schrebergarten der
Vorstadt, im Garten der Bäuerin, im Park des
Barockschlosses. Sie blühen in wunderbarer Farbenpracht
: rahmweiß oder rubinrot, leuchtend-
rosa, zinnober- und karminrot, lachsrosa: sie blühen
in ungezählten Spielarten. Bekannt sind Sorten
wie „Schneeprinzessin", „Rose von Lima",
„Vinzenz van Gogh", Peter Paul Rubens". Der
Name Gladiole stammt aus dem Lateinischen: er
bedeutet so viel wie Schwert. Er erinnert an die
Form der Blätter; sie ähneln jenen der Schwertlilie
, gehört doch die Gladiole zur Familie der
Schwertliliengewächse.

Der deutsche Name für Gladiole ist „Siegwurz
". Nach der Lehre von der Signatur schloß
man in alter Zeit aus der Schwertform der Blätter
und der panzerartigen Hülle der Zwiebel auf
eine besondere Bedeutung dieser Pflanze für den
Kriegsmann. Paracelsus schreibt: „Also hat die
Siegwurz Geflecht um sich wie ein Panzer, das
ist ein magisch Zeichen, daß sie behüt' für Waffen
wie ein Panzer".

Der Botaniker Hieronymus Bock aus Braunschweig
, der im 15. Jahrhundert lebte, erzählt, daß
die Kriegsleute seiner Zeit die Zwiebel der Siegwurz
— sie nannten sie „Allermannsharnisch" —
wTie ein Amulett am Halse trugen, um sich dadurch
stich- und kugelfest zu machen. Wie sie
nach dem Glauben jener Zeit gegen bewaffnete
Feinde half, so auch gegen Hexen, Unholde und
andere böse Geister. Man legte die Siegwurzzwiebel
auf das Bett, um den Alp zu bannen,
man trug sie eingenäht bei sich, man hing sie in
den Sennhütten gegen Zauber an die Decke.
Manche alte Sage wird vom „Allermannsharnisch
" erzählt. Auf dem Harz wollte einst ein
böser Geist ein Mädchen entführen. Da sah dieses
im letzten Augenblick eine „Allermanns-
harnischstaude", sie riß sie aus und hielt sie dem
Verfolger entgegen. Wütend rief dieser aus:
„Allermannsharnisch, du böses Krut, du höst mir
genommen mine junge Brut".

Vergessen sind die alten Mären. Ewig jung
aber ist die Farbenpracht der königlichen Gladiole
. Emil Baader

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