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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1956-07/0010
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Die Markgrafschaft

wahrhaft kennt, wer sie, wie der Meister Bizer,
zu allen Tages- und Jahreszeiten belauscht und
beobachtet hat, wird ohne weiteres zugestehen,
daß dieses künstlerische Mittel, das Bizer nicht
als starre Doktrin, sondern in stetem Flusse,
durch unzählige Variationen hindurch, handhabt,
am ehesten eine Möglichkeit bietet, ihrer künstlerisch
Herr zu werden.

Der 70. Geburtstag Emil Bizers brachte ihm
zahlreiche Ehrungen und führte zu mehreren
Ausstellungen, so zu einer intimeren in Badenweiler
, an deren Eröffnung Frau Elly Heuss-
Knapp, die Gattin des Bundespräsidenten, teilnahm
, und einer großen Kollektivausstellung in
Freiburg, an dessen Akademie Bizer seit einigen
Jahren als Professor wirkt. 1954 wurde dem
Maler der Hans-Thoma-Staatsgedenkpreis durch
Kultusminister Simpfendörfer feierlich überreicht;
im Rathaus zu Bernau fand bei dieser erfreulichen
Gelegenheit eine Ausstellung von Werken
des Künstlers statt.

Bald nach seinem 70. Geburtstage überraschte
Meister Bizer seine Freunde durch die Bekundung
: „Erst jetzt weiß ich, wie ich malen muß!"
In der Tat hatte sich nach einer kurzen Spanne
der Brache, wie nahezu jeder schöpferische
Mensch sie hin und wieder erleiden muß, eine
Wandlung angebahnt. Die seither geschaffenen
Werke, bei äußerster Ausgewogenheit der Komposition
motivlich und farblich auf wesentliche
und wesenhafte Grundelemente zurückgeführt,
auf große, überzeugende Formen und in sich
gebundene Farbakkorde bei außerordentlicher
Kühnheit in den vor Dissonanzen nicht zurückschreckenden
Klängen und Kombinationen, sind
von einer Unbedingtheit und, als Aussage, von
einer herzhaften, von Strenge gegen sich selbst,
gegen sein Werk und seinen Auftrag als Künstler
zeugenden Unerbittlichkeit, die der schweren,
empfindungsträchtigen Lyrik zugutekommt, die
hinter nahezu allen diesen Gestaltungen schwingt.
Ernste Dinge muß man auf eine ernste Weise

gestalten: Bizer gibt in den monumentalen Landschaften
und Szenen seiner letzten Bildschöpfungen
nach wie vor die Gestalt der Markgräfler
Landschaft, zugleich aber ihr Metaphysisches, ihr
Gültiges — das, was der tiefere Blick, was das
innere Schauen jenseits all ihrer Lieblichkeit, all
ihrer Bestrickungen gewahrt. Sie sagen zugleich
von der Markgräfler Landschaft und von Persönlichkeiten
ihres Gestalters aus, und eben deshalb
sind sie schwerlich auf den ersten Blick zu
erfassen — aber sie sind gute, ausdauernde Gefährten
, die sich bei jedem neuen Erblicken als
solche bestätigen.

Es ist ein Genuß besonderer Art, mit Emil
Bizer die Landschaft, die kleinen Weindörfer der
Markgrafschaft zu durchwandern und von ihm,
zumeist wortlos, durch ein Innehalten, eine deutende
Handbewegung, auf diese und jene Besonderheit
hingewiesen zu werden, und es ist nicht
minder ein Genuß, ihn von früheren Zeiten erzählen
zu hören, von seinen Freunden, von Rene
Sintenis (die ihn nahezu alljährlich in Badenweiler
besucht), von E. R. Weiß, von Carl Hofer und
Ludwig Meidner, vor allem aber von Rene Schik-
kele. Die Freundschaft mit diesem großen Schriftsteller
und großen Menschen ist eins der bedeutsamsten
Erlebnisse in Bizers reichem Leben gewesen
, und die Treue, mit der er das Andenken
des in der Emigration zu früh von uns gegangenen
und unlängst erst auf den Lipburger Friedhof
übergeführten Dichters hochhält, ist einer
der schönsten Züge seines noblen Charakters.
Bizer ist, wie abschließend gesagt sei, auch der
Initiator und Mitbegründer der „Gesellschaft der
Freunde Rene Schickeies", die von Badenweiler
aus im Sinne Schickeies, des Europäers, zu wirken
sucht. Rene Schickeies letztes in Badenweiler
entstandenes Buch „Himmlische Landschaft", ein
Hymnus auf des Dichters Wahlheimat, ist vor
kurzem in einer schmucken Neuausgabe erschienen
, bereichert durch Wiedergaben von Landschaftsfederzeichnungen
Emil Bizers.

Wilhelm Zentner edjeffel unb Bürgeln

Nach dem Fehlschlag der Revolution von
1848/49 zählte auch der 23jährige Scheffel, der
sich mit dem erwartungsvollen Überschwang der
Jugend lockenden Zukunftsbildern von Recht,
Freiheit und Einheit hingegeben hatte, zur Schar
der schmerzlich Enttäuschten. Es ist deswegen
kein Zufall, wenn sich der junge Mann Ende
1849 nach einer Tätigkeit umsah, in der sein
wundes Herz, abgelenkt durch die Berufsgeschäfte
, den „Schmerz um Alldeutschland" einigermaßen
vergessen konnte. In der Waldstadt
Säckingen, wohin er sich, noch immer krank an
den Widersprüchen der Zeit und des eigenen
Innern, zurückzog, fand er einen Teil jener inneren
Ruhe und Sammlung wieder, die ihm im
Wirbel der Revolutionsjähre verloren gegangen
waren. Sprangen ihm jetzt doch zwei nie versiegende
Gesundbrunnen „bei einem prächtigen,
kernhaften Landvolk und bei einer sich ewig

gleichenden Natur, wo die Schwarzwaldtannen
rauschen und in der Ferne die Alpenriesen gen
Himmel ragen".

Völlig vernarbte freilich auch hier die Wunde
nicht. Aus den Wogen des an der Waldstadt vorbeiwallenden
Rheins rauschte die alte Sehnsucht
nach einem geeinten, geistesfreien Deutschland
mahnend empor. Außerdem war der Kampf noch
keineswegs entschieden, ob der junge Rechtspraktikant
mehr zum Beamten oder zum Künstler
tauge. Der Juristerei gehörte bekanntlich
niemals Scheffels Herzensneigung. Mehr aus
Rücksicht auf das besorgte Drängen der Eltern
hatte er sich der Fron gefügt, obwohl ihn der damalige
badische Staatsdienst „kein Gedanke, des
Schweißes der Edlen wert" bedünkte. Noch
wähnte der innerlich Schwankende seinen entscheidenden
Fähigkeiten im zeichnerischen und


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