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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1956-07/0012
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Die Markgrafschaft

„von unserer modernen Kultur und ihren Resultaten
allmählich so wenig Respekt, daß mir eine
Waldeinsamkeit, wobei man seinen Kohl selbst
pflanzt und seinen Pflug selbst führt und auch
einmal an seinen Stier im Stall eine Rede hält,
die man sonst an einen Stier im Frack oder Kittel
gehalten hätte, als eine nicht nur leidliche, sondernd
wünschenswerte Existenz vorkommt. Aber
dazu gehört eben auch, daß man's versteht, mit
der Mutter Erde umzugehen, daß sie Früchte
trägt — schwielige Hand und praktischer Sinn,
und dazu fehlt es leider mir wie Dir, liebe
Mutter!"

Jene stürmische Liebeserklärung, die Joseph
in früheren Briefen an den Nährstand gerichtet
hatte und aus der die Frau Major ein bereitwilliges
Eingehen auf ihren Vorschlag folgern zu
dürfen geglaubt hatte, bleibt demnach im Theoretischen
stecken. Obgleich Scheffel seinen „praktischen
Sinn" in Zweifel zieht, marschiert im
Nachstehenden ein ganzes Bataillon von Bedenken
auf, die sich lediglich aus solchen „praktischen
" Erwägungen rekrutieren. Denn, so heißt
es in dem Brief weiter: „Um bloß eine luftige
Sommer-Villeggiatur zu haben, von der sich
etwas weiter und blauer in die Welt hinausträumen
läßt als unter dem Karlsruher Ahornbaum
(im Garten des Scheffel'schen Anwesens an
der Stephanienstraße) dazu scheint mir die Geschichte
etwas zu teuer, resp. unseren Verhältnissen
nicht angemessen".

Weiterhin meint Joseph, der Lage nach eigne
sich das Gut vornehmlich für einen Holzhandel
oder zur Anlegung einer Gartenwirtschaft für die
Badenweiler Kurgäste; jedoch damit könne man
nicht weit kommen. Hierauf erinnert der Brief
an den Ruin des Kredits, den die sicher zu erwartenden
künftigen Kriege mit sich bringen
würden; von solchem Gesichtspunkte aus sei es
allerdings nicht unklug, „ein Stück Geld liegenschaftlich
zu fixieren". Allein immer wieder
klingt das Leitmotiv hervor, wie wenig sich
Joseph zum Gutsverwalter berufen fühle. Der
Versuchung, Schloßherr auf Bürgeln zu werden,
wird leichter widerstanden, als man von einem
so naturliebenden, schwarzwaldbegeisterten Manne
wie Scheffel annehmen sollte. Eine letzte
Möglichkeit läßt er schließlich offen: „Jedoch
wenn sich zufällig ein landwirtschaftlicher Freier
im Herzen meiner schätzenswerten Schwester
eingenistet hätte, dann würde ich sagen, man
setze sie auf Bürgeln und gebe ihr das Zeug als
Mitgift". In allen Fragen, so endet Scheffel seine
Ausführungen, möge der Vater „als Präsident
des Kriegsrates" derjenige sein, dessen Stimme
den Ausschlag gäbe.

Etwas verräterisch wirkt ein zweiter Teil des
erwähnten Briefes vom 24. November 1850, der
durchblicken läßt, worauf und in welch verschiedener
Richtung damals Josephs geheimes Wünschen
zielte. Denn hier spricht er „von einer täglich
inniger werdenden Sehnsucht nach Landschaftsmalerei
und künstlerischem Stilleben". Als
Schloßherr von Bürgeln mit dessen zahlreichen
Aufgaben und Pflichten hätte Scheffel fürchten
müssen, den Gedanken einer längst geplanten

Studienreise nach Italien — wenigstens für absehbare
Zeit — keine Verwirklichung geben zu
können. Die Absicht, sich ernstlich als Künstler
zu versuchen, tritt in jenen Säckinger Tagen
immer entschiedener hervor, um schließlich zur
Aufgabe der Praktikantenstellung zu führen.
Andere, von der Landwirtschaft weit abliegende
Ideen spukten in Josephs Kopfe, in dem, unter
solchen Umständen, für das Bürgler Schloßidyll,
wie es sich die phantasiefreudige Frau Major
etwas vorschnell ausgemalt hatte, nur wenig
Platz sein konnte. Müßig deswegen die Frage,
inwieweit der Aufenthalt auf freier Bergeshalde

Die Ährenleserin

O Weißenehri,
mi bücke lehr i!

0 chostber Chorn,

1 heb di uf — im morn
bisch Mähl, bisch Brot!

Hüt freu i mi no an dyr Schweri.

I heb di uf un sorg für d' Not

un zehr no dra der Winter dure.

I denk an Tod . . .

Am Himmel rot

stoht d' Sunne spot,

keit Gold in jedi eizächt Fuhre...

Hedwig Salm

Scheffels poetisches Schaffen angeregt und befruchtet
haben würde. Immerhin ist die Ernte
der Studienjahre 1852/53 in Italien der Schwarzwaldsang
des „Trompeter von Säckingen" geworden
, und Scheffel, der ausgezogen war, ein Maler
zu werden, kehrte als Dichter nach Hause zurück.

Was Bürgeln selbst anlangt, kam es, da sich
offenbar wenig Liebhaber meldeten, gar nicht zu
der für den 3. Dezember 1850 ausgeschriebenen
Versteigerung. Erst im Jahre 1855 fand sich in
Friedrich Bauderer aus Emmendingen ein Käufer
für den Anteil der Brombergerschen Erben; 1862
trat Maximilian Graf v. Kageneck an Bauderers
Stelle. Der dem Freiburger katholischen Religionsfonds
gehörige Teil wurde im Jahre 1887 an
den Badearzt in Badenweiler, Dr. Siegel, abgetreten
.

Scheffels immer wieder erwachendem Wunsch
nach eigenem Grund und Boden wurde, nachdem
ein im Jahre seiner Verheiratung 1864 auf den
Erwerb des alten Schlosses in Meersburg gerichteter
Plan, offenbar auf Widerraten des Vaters,
sich zerschlagen hatte, erst auf Seehalde an der
Radolfzeller Bucht Erfüllung. Hier hat der
lebensenttäuschte, früh alternde Dichter sein
letztes Asyl gefunden.

Verleihung des Alemannen-Ringes an Franz Philipp

Der vom Männerchor Lörrach aus Anlaß seiner
Hundertjahrfeier gestiftete „Alemannen-Ring", der als
hohe Auszeichnung dem jeweils bedeutendsten Komponisten
im alemannischen Kulturraum verliehen wird,
ist erstmals Professor Franz Philipp auf Lebenszeit verliehen
worden. Nach dem Tode des jeweiligen Trägers
wird der Alemannenring neu vergeben.


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