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Die Markgrafschaft
wechselnden Siegen und Niederlagen durch die
Jahre und wurde erst im Jahre 1700 vom Kaiser
zu Gunsten Österreichs entschieden. Das Groß-
priorat Heitersheim mußte sich bequemen, zum
Breisgau zu gehören und dessen Geschicke mitzuerleben
, bis es zusammen mit ihm im Jahre
1805 badisch wurde.
*
Inmitten der Ortschaft liegt die Pfarrkirche,
ein schlichter, würdiger Bau der Weinbrennerzeit
, 1826 an Stelle der zwischen 1523 und 1526
hier errichteten Kirche erbaut. Sie birgt noch
einige Denkmäler, die an Ordenskomture erinnern
und schon in der früheren Kirche aufgestellt
waren. Das älteste unter den Epitaphen der
Kirche ist inmitten der südlichen Langhausmauer
in die Wand eingelassen. Es ist eine mächtige
Steinplatte, gerahmt von einem zwischen Profilen
laufenden Band lateinischer Majuskelschrift.
Im Mittelfeld, das die Illusion einer flachen
Nische mit rechteckigem Grundriß erweckt, die
oben mit einer ins Rechteck gezogenen Muschel
abschließt, steht aufrecht in flachem Relief die
strenge lebensgroße Gestalt eines Ordensmeisters.
Ein schwarzer, feingefältelter Mantel umschließt
den Leib des Mannes, das Gesicht zeigt einen
ernsten, fast bekümmerten Ausdruck. Auf dem
Kopfe trägt der Dargestellte ein über die Ohren
herabreichendes schwarzes Barett. Rechts und
links oberhalb des Kopfes sind zwei Wappenschilde
angebracht, — die Wappen Hatsteins und
Heitersheims. Die Arme der Figur hängen lose
vor dem Leib und kreuzen sich knapp oberhalb
der Handgelenke. Die rechte Hand hält einen
Rosenkranz, der Zeigefinger der Linken deutet
nach unten, wo zu Füßen der Gestalt das Schriftband
läuft und an dieser Stelle gerade den Namen
des Dargestellten aufweist: Es ist Johann
von Hatstein; die in deutscher Sprache verfaßte
Inschrift des Bandes, die sich in dem freien Raum
um den Kopf der Figur fortsetzt, besagt, daß
Hatstein am 4. April 1546 in Speyer starb und in
Heimbach begraben liege, — er, „ein Maister
S. Johans Orden in teutschen Landen. . . ", der
dem Orden viel Gutes getan und diese Kirche
neu aufgebaut habe.
(Schluß folgt.)
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Es war an Feiertagen unser Verhängnis, immer
Besuch von auswärts zu bekommen, Geschäftsfreunde
des Vaters von rechts und links des
Rheins, von Konstanz bis Luxemburg. Maschinenmeister
waren es meistens, auf deren Empfehlung
die Druckereien Buch-, Steindruckfarben,
Walzenmasse und Schriften bestellten.
Meist kamen sie allein, kurz vor dem Mittagessen
am Samstag, das dann länger dauerte als
sonst, weil unaufhörlich die Weingläser nachgefüllt
wurden. Danach entsprach es dem Ritus der
Gastbehandlung, Nummer Zwei des Programms
zu erfüllen.
Während mein Vater sich „ablegte" und seine
zweieinhalb Zentner mit der Zeitung zudeckte,
seinem Parteiblatt, denn nur dieses hielt ihm
Leib und Seele vollkommen warm, zog ich die
Wachstuchhülle von der Klassenmütze und setzte
mich mit dem Besuch zu einem Rundgang in
Marsch.
Als Freiburger Kind stellte ich den Fremden
erst mal an der Ecke des Kapfererhauses den
Münsterturm vor. Da ich es stets mit altgedienten
Richtkanonieren oder Entfernungsmessern der
Infanterie zu tun hatte, schätzten sie zuerst den
Riesen von der Sohle bis zum Scheitel. Den kleinen
Unterschied von ein, zwei Metern glich ich
lächelnd aus, dank meiner Sachkenntnisse.
Nun ging es am Münster und an der alten
Bauhütte vorbei nach dem Schloßberg, über das
langweilige hin und her eines mäßig ansteigenden
Fußweges dem Kanonenplatz zu.
Blick über die Stadt. Fragen. Mal sich umdrehen
nach dem Dreisamtal und ein Stück auf
der Fahrstraße weiter, falls der Feldberg mit
seinem Hinterwaldkopf gerade die Liebenswürdigkeit
hatte, für uns sichtbar zu sein.
An heißen Tagen kam es wohl vor, daß so
ein Jünger der „Schwarzen Kunst" dem Greiffen-
eggschlößchen auf halbem Anstieg des Weges
den Vorzug vor dem schönsten Panorama gab,
weil plötzlich ein Verlangen nach einer „Stange
Pilsner" unüberwindlich geworden war. Ein einziger
von ihnen tat mir einmal sogar schon am
Fuß des Berges die Schmach an, zu fragen, wieviel
an Geld der „Alte" für unseren Bummel in
Ansatz gebracht habe, dann das Fünfmarkstück,
das in meinem Sack kaum warm geworden war,
mit dem Finger knapp zu sich heranzuwinken
und mir lachend zu erklären, daß am besten bedient
sei, wer sich selbst bediene. Ich hätte danach
fast meinem Vater meinen Dienst gekündigt
, wäre mir nicht auf dem Heimweg, bei ruhiger
Überlegung, der per-Saldo-Gewinn der ganzen
Ferienzeit lockend genug erschienen.
Andere zogen es vor, sogar bis zum „Salz-
büchsle" zu steigen und dort auf der runden
Bronzetafel, die nach dem Anlehnen stets mit
ihrer Stütze wippte, die Gravierungen zu lesen
und den Richtungspfeilen zu folgen, die über das
Rund der Tafel und über die blaue Vogesenwand
hinaus, ins Fernblau von Paris und in die Nebel
von London wiesen.
Alle mir gestellten Fragen beantwortete ich
mit der kühnen Sicherheit unseres Klassenprimus,
dem ich sonst in keiner Weise ähnelte.
Fiel diese Besichtigung auf einen Sonntagmorgen
, ging sie in der Altertumssammlung des
Augustinerklosters zu Ende, denn ich hielt auf
einen wirkungsvollen Abschluß.
Dort wußte ich es einzurichten, nach dem Abschlürfen
des Aufsehers das letzte Richtschwert
in die Hand zu nehmen und es eine Weile dem
Gast zur nachdenklichen Prüfung zu überlassen.
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