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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1956-09/0011
weiler stehen zwischen den Obstbäumen am öl-
berg. Herr Schreinermeister Grether kann gut
über sie Auskunft geben.

Und nun kommt die wichtigste Frage um den
Speierling: Warum ist er so selten? Warum vermehrt
man ihn nicht? Warum vermehrt er sich
nicht selbst? Kein Mensch kann diese Fragen
beantworten. Die im Weilertal wachsenden Spär-
birnlebäume haben fast die gleiche Form und
Größe, die gleiche Stammdicke. Sie scheinen zu
ein- und derselben Zeit gepflanzt worden zu sein.
Vielleicht sind sie vor vielen Jahrzehnten durch
einen Mann eingeführt worden, dessen Name
und Heimat vergessen ist. Und heute versteht
man keine Nachzucht.

Wenn ich fragte: „Wie kann man den Spär-
birnlebaum züchten?'' — dann sagten die alten
Männer — ich übersetze ihre kernige Sprache
ins Hochdeutsche: „Man muß eine ordentliche
Mahlzeit von den Birnle mit den Kernen verschlucken
und durch den Verdauungskanal gehen
lassen. Die wieder zum Vorschein kommenden
Kerne übergibt man der Mutter Erde. Sie gehen
auf". Herr Grether in Niederweiler hat den Versuch
gemacht, hat aber keine Bäumchen mit gefiederten
Blättern, sondern mit einfachen Birnenblättern
bekommen. Daraus könnte man schließen
, daß die Spärbirnlebäume durch Veredelungen
auf Holzbirne oder Vogelbeerbaum zu gewinnen
wären. Wäre es nicht des Schweißes einiger
Gärtner, Botaniker und Bauern wert, unsern
so selten gewordenen, womöglich aussterbenden
Spärbirnlebäumen Nachkommen zu züchten?!

In dem amtlichen Verzeichnis der in Deutschland
geschützten Pflanzen von 1936 ist der
Speierling nicht mit aufgeführt. Herr Eberhard
in Oberweiler hat vor einigen Jahren eine Erklärung
unterschreiben müssen, daß er seinen Spär-
birnlebaum hegen und pflegen wolle. Vielleicht
wurden die Bäume inzwischen doch unter Naturschutz
gestellt. Zur Unterrichtung von Wanderern
und Spaziergängern könnte man dort droben
am „Himmelreich" vor den Spärbirnlebaum
von Müllheim ein Schild stellen mit folgender
Inschrift:

Meine Namen sind:
Pirus domestica,
Spierapfel, Speierling, Spärbirnlebaum.

Ich bin der letzte meiner Art.
Schone mich!

Genau so könnte an anderen Orten verfahren
werden. Vielleicht könnte im Landwirtschaftsamt
oder beim Landrat eine Zentralstelle für die
Betreuung der Spärbirnlebäume eingerichtet
werden, die auch die Leute zusammenfaßt, die
sich mit der Züchtung neuer Speierlingsbäume
Mühe geben wollen.

Dtz entern blütyt

Zur Neige geht der Sommer. Nicht aber die
Farbenpracht der Natur. In der Sonne leuchten
die blauen Beeren des Holur>ders, die schwarzen
Beeren des Ligusters, die roten Vogelbeeren, die
roten Beeren der Berberitze und der Heckenkirsche
. Am Graben blühen immer noch die Kerzen
des Blut- und des Gilbweiderich; droben am
Notschrei blüht noch der violettrote Alpendost,
bei Präg und bei Bernau der hellgelb leuchtende
Hohlzahn, in den Orchideenwäldern von Hüfin-
gen der in Deutschland so seltene gelbweiße
Widerbart und die rote Sumpfwurz, bei Radolfzell
fanden wir eine spät blühende messinggelbe
Osterluzei.

Das wunderbarste aber in diesen Spätsommer-
und Frühherbsttagen ist der blühende Enzian.

Zwei Arten dieser unter Naturschutz stehenden
Pflanze durften wir bei einer Fahrt durch
die heimatlichen Lande kennen lernen. In einer
trockenen Wiese am Waldrand bei Hüfingen fanden
wir den bis 50 cm hohen Kreuzenzian (Gentiana
cruciata). Wie wunderbar ist das Azurblau
dieser Blume. Der Name erinnert daran, daß die
länglich lanzettlichen Blätter kreuzweise stehen.
Der botanische Name Gentiana sagt uns, daß der
illyrische König Gentius, der ums Jahr 500 v. Chr.
lebte, den Enzian gegen die Pest verwendete.
Mitten im Schilf fanden wir am Strand der
Reichenau den dunkelblau blühenden etwa 30 cm
hohen Lungenenzian (Gentiana pneumonanthe).
Er galt früher als Heilmittel gegen Lungenkrankheiten
. Diese Wunderblume ist nicht minder
schön als die romanischen Gotteshäuser der
Pirminsinsel im Gnadensee.

Auf dem Erdball kennt man an die fünfhundert
Enzianarten. Im Schwarzwald, in den Hoch-
vogesen und im Jura findet man den bis 1 m
hohen Gelben Enzian (Gentiana lutea), der freilich
schon im Juni und Juli blüht. Er wurde-
schon von den Ärzten vergangener Zeiten hoch
geschätzt. Im Kräuterbuch von Hieronymus Bock
kann man lesen: „Die gebräuchlichste Wurzel in
Deutschland ist Enzian. Es weiß der gemeine
Mann keine bessere Magenarznei als eben den
Enzian'Die Wurzeln des Enzian enthalten einen
wirksamen Bitterstoff. Dieser wird sowohl zu
Heilzwecken als zu Bereitung des Enzianbranntweins
verwendet.

Ewige Frage

Der Summer isch gange, der Herbst luegt iris Land,
scho sunne sich d'Schwälmli am südliche Strand;
im Wald, uf der Matte, im Acker, am Rai
goht stilli Verwandlig — un foal isch's vorbei.

Am Bach in der Linde hangt goldegeel Laub,
fallt drümmlig durabe un lait sich in Staub;
au d'Rose im Garte spürt chüeleri Däg,
mit grüenbrune Blätter stehn d'Nußbäum am Weg.

Woher un wo ane? Zue was un worum?.
Lut rüef-i das use — doch alles blibt stumm!
Wo isch denn der Schlüssel vom Lebe un Dod?
Wer cha si uns chehre die ewigi Not?

Isch wirklich das alles: me chunnt un mueß goh?
All's numme isch Wandlig, kei Hälmli blibt stoh?
Nei! Ebis wird bliibe, het sichere Stand:
's isch unseri Heimet im Änedraland!

Fritz Wolfsberger

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