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„Bitte nicht", sagte sie tonlos.
Er schwieg. Er seufzte nicht — er atmete
hastlos weiter.
„Kleines Mädchen", sagte er still und unendlich
zärtlich. Und nach einer Weile sagte er: „Ja,
ich reise nun. — Und ich habe dich heute nachmittag
mit einem jungen Manne gesehen.. . "
„Das war Fritz", sagte sie hastig und war sogleich
wieder Herrin ihrer selbst. „Er macht im
Frühjahr seine Schreinermeisterprüfung, und
dann übernimmt er die Werkstatt seines Vaters,
und wir kennen uns schon seit... seit..."
„Du gehst nun besser heim,« Annele", sagte
der Mann. „Und auch ich will zum Hotel zurück.
Ich muß früh heraus, morgen. Und ich danke dir,
Emil Baader:
Hebel liebte Straßburg, weil es ihn an Basel
erinnerte, und weil er dort gute Freunde besaß:
Oberländer Landsleute. Es waren dies Gottfried
und Sophie Haufe, Daniel Schneegans.
Hebel liebte auch das Hanauerland. Auch dort
besaß er gutö Freunde aus dem Oberland. In dem
Städtlein Kork wohnte Gottlieb Bernhard Fecht,
Dekan seines Zeichens, viele Jahre Mitglied des
badischen Landtags. Ihn besuchte er jeweils auf
der Fahrt nach Straßburg. Gottlieb Bernhard
Fecht, der Vetter von Hebels Freundin Gustave
Fecht, war es, der zu Hebels 50. Geburtstag im
Jahre 1810 eine kleine Insel beim Dorfe Odels-
hofen unweit von Kork als Hebelinsel weihte.
Der Dichter selbst war zur Inselweihe gekommen.
Fechts zehnjähriges Töchterlein Wilhelmine trug
dabei Hebels Gedicht „Auf die Insel von Odels-
hofen" vor. Die schönste Strophe des Gedichtes
lautete:
Wie isch das Inseli so nett,
as wenn's e Engel zirkllet hätt,
as wenn's sii eige Gärtli wär!
Wie toadet's in siim chleine Meer!
Wie badet's in siim Blueimeduft
un sunnt si in der reine Luft!
Die Insel besteht nicht mehr. Dr. Wilhelm
Zentner schreibt in einer Anmerkung zu Hebels
Inselgedicht: „Leider schwindet auch in der Bevölkerung
die Erinnerung an die Insel immer
mehr. Es wäre eine Pflicht der Gemeinde Kork,
durch ein kleines Gedenkzeichen sie nicht verloren
gehen zu lassen! Denn wie damals, so
dürften auch noch gegenwärtig Freunde und Verehrer
des Dichters in Kork und Odelshofen zu
finden sein".
Zentners Wunsch erfüllte sich. Im Herbst dieses
Jahres, am 9. September, werden Hebelfreunde
des Hanauerlandes an der Stelle, wo
sich einst die Hebelinsel befand, eine Hebellinde
dem Gedächtnis des Dichters weihen. Und im
einzigen Gastwirtshaus Odelshofens, in der
„Krone", wurde bereits die „Hanauer Hebelstube"
eingerichtet: mit dem Bild der Insel, mit Bildern
Hebels und seiner Freunde, mit Hanauer Trach-
Kind. Und ... und ... weiter nichts".
Es war dunkel geworden. Nur noch in schweren
, ruhenden Umrissen war die Landschaft
wahrnehmbar. Die Sterne funkelten. In einem
zagen Windhauch sanken Herbstblätter und berührten
mit einem unendlich leisen Rascheln den
Boden. Der Mann gab ihr die Hand, wandte sich
und ging davon, mit ein wenig gebeugten Schultern
. Annele sah ihm nach, wie er aus dem Lichtschein
einer Laterne in den nächsten tauchte und
dann verschwand. Sie wußte: sie hatte ihn gerngehabt
; sie hatte in einem seltsamen Gemisch
aus Mitleid und Bewunderung zu ihm aufgeschaut
— doch jetzt, nach dieser Entscheidung,
die nicht sie, die er getroffen hatte, liebte sie ihn
fast, wenn auch ohne ihn zurückzuwünschen.
tenbildern, mit Stichen von Alt-Kehl und Alt-
Straßburg, mit den Wappen der alten Dörfer des
badischen Hanauerlandes.
Daß die Erinnerung an die Hebelinsel, bei
Odelshofen nicht verloren ging, ist ein Verdienst
von Adolf Wolfhard. Er hat die Geschichte dieser
Insel als Erster erforscht. („Die Ortenau", Mitteilungen
des Historischen Vereins für Mittelbaden
1912.)
Der See lag hinter den Hofraiten von Odelshofen
, etwa eine Ackerlänge von den Dorfgärten
entfernt. Es handelte sich um einen Baggersee,
der entstanden war, als man in der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts hier Kies holte zum
Bau der Straße Kehl—Offenburg. Die alte Kiesgrube
wurde im Jahre 1809 vom Amt Willstätt
um 106 Gulden an Pfarrer Schill, der pensioniert
war, und seine Freunde, zu denen gewiß auch
Fecht gehörte, verkauft. Man verwandelte die
Kiesgrube in einen Fischweiher mit einer Insel,
die man mit Pappeln und allerhand Gesträuch
bepflanzte, auch mit Gartenanlagen und einem
Gartenhäuschen. So konnte man 1810 die Hebelinsel
weihen. Das Inselchen hatte eine Größe von
etwa 2, der Weiher eine Größe von etwa 120 Ar.
Die Insel gehörte lange Zeit Straßburger
Bürgern, die einen Korker als Aufseher bestellt
hatten. Sonntags kamen die Straßburger; sie vergnügten
sich auf der Insel und fischten im Weiher.
Mitte der 1830er Jahre verkauften die Straßbur-
ger4 Weiher und Insel an zwei Odelshofer Bürger.
Sie pflegten die Fischzucht. Es gab in dem mannstiefen
Weiher Schleien, Barsche, Karpfen, zumal
große Hechte. Allmählich aber wurde der Weiher
vernachlässigt. In einem Winter fror das Wasser
bis auf den Grund. Die Fische gingen ein; die
Anlage verwilderte; das Gartenhäuschen zerfiel.
Doch blieb die Insel bis 1851 erhalten. Dann ließ
der Besitzer die östliche Hälfte des Weihers zuschütten
. Erde wurde in den See gefahren. Bald
versumpfte auch die westliche Hälfte. Doch wurde
sie erst zu Anfang des 20. Jahrhunderts zugeschüttet
.
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Hanauerdorf pflanzt eine „Hebellinde"
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