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Konstantin Schäfer:
Brücken sind von einem besonderen Zauber
umwebt. Es ist das strömende Wasser: Geheimnis
des Erdschoßes, Sehnsucht der Ferne; Heimlichkeit
hängender Weidenzweige, blühender
Ufer, tanzenden Sonnenlichtes, Huschen der
Fische, reißende Kraft. Brücke ist Abenteuer
über den Abgrund zu gehen. Doch Brücke ist
auch das Locken zum andern Ufer, zum Land
der Verheißung, zum andern Menschen. So ist
Brücke Verbindung, Band der Gemeinschaft.
Aus dem Jahre 1797/98 liegen zwei Schreiben
vor. Das erste verfaßte der Magistrat von Alt-
Breisach, das zweite der von Neuenburg. Es geht
in ihnen um eine Brücke. Eigentlich um eine
solche, die noch gar nicht besteht, die erst erbaut
werden soll. Das erste Schreiben ist an den Kaiser
gerichtet. Es zeigt, daß Brücke noch etwas
anderes sein kann, nämlich Quelle des Wohlstands
. Als solche aber wird sie zum Objekt, um
dessen Besitz man kämpft. Das Schreiben Breisachs
ist sehr geschickt, es zeigt Verständnis für
wirtschaftliche Zusammenhänge und viel Sinn
für Eigennutz, der ja die Triebfeder wirtschaftlichen
Strebens ist und den man noch zu allen
Zeiten „altruistisch" vernebelte. Es entwirft ein
gutes Zeitbild von allgemeinem Interesse.
,,Eure Majestät!
Der Magistrat der k. k. V. Öen Stadt Alt-
Breisach ist durch die franz. Administration des
obern Rheindepartements benachrichtigt, daß
die Bürger des oberen Elsasses bey der Direc-
torio Executiv der franz. Republick um Wiederherstellung
der in vorigen Zeiten zwischen Fort
Mortier und Alt-Breysach bestandenen Rheinbrücke
das ansuchen gemacht, auch die Bewilligung
dessen anzuhoffen haben, wenn Euer Majestät
der Kaiser, unser allergnädigster Landesfürst
hiebey einzuschreiten geruhen würden.
Der k. k. v. öen Landesregierung wird es noch
erinnerlich seyn, daß der unterzeichnete Magistrat
bereits vor etwelch und zwanzig Jahren,
in Gemäßheit dießfals erhaltenen allerhöchsten
Hofbefehls, über den nämlichen Gegenstand gehorsamste
und gegründete Vorstellungen gemacht
, zugleich die Vortheile auseinander gesetzt
habe, welche nicht nur der Stadt Alt-Breysach,
sondern den k. k. Vorlanden, und selbst der Landesfürstlichen
Kammer zufließen würden, wann
die schon in vorigen Zeiten gestandene Rheinbrücke
wieder hergestellt und der wechselseitige
Handel zwischen den k. k. Vorlanden und dem
benachbarten Frankreich von neuem würde eröffnet
werden. Aus welchen Gründen die magistratische
Vorstellung dermals keinen weiteren
Fortgang fand, ist Unterzeichneten unbekannt.
Da nun endlich der seit sechs Jahren angedauerte
verderbliche Krieg mit Frankreich geendet
ist; da die Stadt Alt-Breysach durch ein
feindliches Pompardement eingeäschert und ganz
aus dem Grund verheeret ist, da die vorländi-
schen Provinzen durch Plünderungen, Contri-
butionen, Requisitionen usw. entkräftet sind und
Elsaß selbst nach Erleichterung seines belasteten
Zustandes seufzet, welche selbes in der wechselseitigen
Communication mit disseitigen deutschen
Provinzen finden zu können glaubt und
dem benachbarten Breisgau gerne gewieße Vortheile
zugestehen würde, die in vorigen Zeiten
dörften erschwert worden seyn; beym Zusam-
menfluße dieser Umstände schmeichelt sich der
unterzeichnete Magistrat, daß es dem Vaterherze
unsers allerhuldreichsten Monarchen nicht
gleichgiltig seyn werde, ob und wie Allerhöchst
dero getreuesten Unterthanen könne aufgeholfen
werden; der Magistrat schmeichelt sich, es jedem
begreiflich machen zu können, daß die wechselseitige
Kommunikation mittelst Erbauung einer
stehenden Brückhe bey Altbreysach, nebst einer
anhoffenden Brands - Entschädigung eine der
sichersten und leichtesten Aushilfen sey, die
obberührten Zwecke zu erhalten.
Breisgau und Schwaben bedärfen der Waren,
einen großen Theil ihrer wirklichen oder eingebildeten
Bedürfniße zu befriedigen, welche ihnen
vorzüglich aus Frankreich zugeführt werden. Es
ist bekannt, daß die eben berührten deutschen
Provinzen beynahe von Fabricken und Manu-
fackturen entblößt sind; daß allda meistens ein
Passivhandel getrieben wird, solcher desto beschwerlicher
und drückender für berührte Provinzen
ist, weil diese Waaren ihnen erst durch die
dritte Hand zufließen; folglich solche hiedurch
beynahe um ein Drittel vertheuret werden.
Frankreich und Basel treiben beynahe ausschließlich
den Speditionshandel, theils mit französischen
, theils holländischen Waaren; von wo
aus unsere Kaufleute mittelst Besuchung der
Messen sie an sich bestellen, mit großen Frachtkosten
an Ort und Stelle bringen, oder sie erst
von der dritten Hand sich beyschaffen müßen.
Den Zug über Basel nehmen die Waaren von
Lyon, Burgund, Franchcomte und obern Elsaß;
ein anderer Theil über Frankfurt. Da die Schweiz
sich selbst bestrebet, durch Errichtung nicht un-
beteudender Manufakturen ihren Handel nach
Deutschland zu spielen; so erschwert dieß nicht
nur den Absaz französischer Waaren, sondern
auch der Spedition derselben durch die Schweiz;
es muß also den benannten franz. Provinzen sehr
daran gelegen seyn, für ihre Waaren einen vor-
theilhaften Gang aufzufinden, besonders bey
gegenwärtiger Lage, wo ihre Handlung durch die
entstandene Revolution eine schmerzhafte Wunde
erhielt, an der sie noch lange bluten dürfte;
muß ihnen also jede Gelegenheit erwünscht seyn,
wodurch sie ihr neue Kraft und Wirkung geben
können.
(Schluß folgt.)
die Monatszeitschrift des Hebelbundes
Sie erscheint monatlich und kostet 50 Pfg., im Postversand
65 Pfg., ins Ausland 70 Pfg.
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