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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1956-09/0015
„Im Markgräflerland vor hundert Jahren" (2)

Das große Ereignis des September 1856 war
für Baden und besonders für die altbadischen
Gebiete die Vermählung des Großherzogs Friedrich
I. mit Luise von Preußen am 20. September.
Weniger als die Tatsache, daß Friedrich L, der
schon länger für den Erbgroßherzog Ludwig die
Regierung geführt hatte, am 5. September den
Titel eines Großherzogs angenommen hatte, beschäftigte
diese Hochzeit die Gemüter auch der
Markgrafschaft schon wochenlang vorher. Selbst
die gleichzeitig immer noch eintreffenden Nachrichten
über mißglückten Royalistenputsch in
Neuenburg (Schweiz) verblaßten hiegegen. Ausführlich
wird in den Zeitungen lange schon vor
dem 20. besprochen, welches Programm den
Feierlichkeiten in der Residenz und anderswo
zugrunde liegen und wohin die Neuvermählten
reisen würden.

Nach stattgefundener Vermählung in Berlin
richtete sich das Augenmerk der Markgräfler
auf den Einzug des Fürstenpaares in Freiburg
(4. Okt.), wo es die Huldigung der Stadt und der
Landschaften am Oberrhein entgegennahm, bevor
es zu längerem Aufenthalt nach der Mainau
reiste. Nach Freiburg nun sandten alle Amtsbezirke
ihre Deputationen mit Glückwünschen
und Vermählungsgaben. Über die Deputation der
Stadt und des Amtsbezirks Lörrach erfuhr der
Leser des „Oberländer Boten", daß sie aus einem
Lörracher Fabrikanten und vier Bürgermeistern
bestanden habe, nämlich aus

„dem Herrn Fabrikant Nikola Köchlin und Bürgermeister
Kalame von Lörrach, Bürgermeister Schanz-
lin von Kandern, Bürgermeister Fingerlin von Haltingen
und -Bürgermeister Blubacher von Grenzach".

(O.B. Nr. 120 v. 8.10.1856.)

Von der Vermählungsgabe der Lörracher heißt es:

„Diese Gabe selbst, welche bereits nach Karlsruhe
abgegangen ist", wo sie „auf allerhöchsten Befehl in
das Glasgebäude des botanischen Gartens verbracht
und dort (— mit den anderen Gaben —) unter der
Leitung des Hrn. Hofbaumeisters Serger" (O. B.
Nr. 113 v. 22.9.1856) aufgestellt wurde, bestand aus
„einem alterthümlichen, aus dem markgräflichen
Palais zu Basel stammenden Schranke".

(O. B. Nr. 120 v. 8.10.1856.)

Es wird nicht versäumt zu melden, die Hoheiten
hätten

„die Huldigungsgabe huldreichst anzunehmen geruht
und höchst ihre besondere Freude darüber ausgesprochen
, daß gerade eine solche von den erlauchten
Vorfahren unseres erhabenen Fürstenhauses herstammende
Gabe höchstdenselben von dem Bezirk
und der Stadt Lörrach dargebracht worden sei".

Die Vorstellung der Deputation geschah am
4, Oktober 1856 im Großherzoglichen Palais in
Freiburg.

Es ist von diesem Schrank der Lörracher im
„Amtlichen Verkündigungsblatt für die großherzoglichen
Bezirksämter Lörrach, Müllheim,
Schopfheim und Schönau" bezw. in seiner Beilage
, dem „Oberländer Boten", noch lange nach
der Ubergabe so viel die Rede — das Blatt erschien
ja in Lörrach, bei C. R. Gutsch! —, daß

man gerne eine genauere Vorstellung von ihm
hätte. Nun, die Lörracher Zeitungsleute versuchten
, sie zu geben. Sie schreiben:

„... wer dieses Meisterstück des Fleißes und der
sinnigen Kunst unserer Voreltern gesehen, als es,
durch die Sorgfalt des Herrn J. Rupp, wieder in
seiner ursprünglichen Gestalt und Vollendung dastand
, als "auch die neuere Kunst, der ursprünglichen
Form und Anlage entsprechend, ihre freundlichen
Zuthaten hinzugefügt, der konnte sich des Gefühles
lauter Bewunderung nicht erwehren. — Abgesehen
davon, daß das hohe Alterthum dieses... seit dem
Jahre 1808 in den Lörracher Familien Kornberger
und Rupp aufbewahrten Schreines schon an sich den
Beschauer mit besonderem Interesse erfüllen mußte,
so trägt derselbe in seiner ganzen Gestalt und Erscheinung
so sehr das Gepräge des ehrwürdig Imposanten
, in seinen einzelnen Formen und der Ausführung
seiner kleinsten Theile so sehr den Stempel
altdeutschen, geduldig treuen Fleißes, altdeutscher
Kunst und Sinnigkeit, daß man in Zweifel
war, ob das schöne, harmonische Ganze, oder die
genaue Durchführung der einzelnen Partien den
Anschauer mehr fesselten. ... Auf breit vorstehendem
Sockel von geschliffenem Maser erhebt sich, als
auf solidem Fundamente, der kunstvolle Bau. Schon
in diesem Sockel hat die praktische Sorge geräumige
Behälter angebracht. Vier massive Türen öffnen sich
mit kunstvollen altdeutschen Schlössern, und die
neuere Kunst hat Schlüssel und Angeln vergoldet.
Auf den Mittelfeldern einer jeden Thüre erheben
sich, einfach in Ebenholzfassung, braungelbe Maser-
flächen in der Gestalt verschobener Rauten, zu beiden
Seiten der Thüren, sowie an dem zwischen
ihrem Verschluß stehenden Mittelpfeiler, winden
sich, jede aus einem S>trauß von Blättern und Rosen
emporwachsend, spiralförmig geschlungene Säulen
hinauf, deren Kapitale, in künstlichem Knaufe von
Laubwerk sich vollendend, von pausbäckigen Engelsköpfen
überragt werden. Durch die Windungen der
Säulen wachsen, mit Trauben behangen, sorgfältig
ausgearbeitete Reblaubgirlanden hinauf, und zu beiden
Seiten dieser Hauptsäulen streben schlanke
Blattwerksäulchen empor zu der massigen Decke,
welche aufs Genaueste dem Sockel entspricht. So
das Äußere. An dem Innern hat die künstlerische
Hand der Neuzeit auch das Ihre gethan. Die beiden
Innenräume, mit violettem Sammet ausgeschlagen
und mit Goldleisten eingerahmt, machen den Eindruck
der Solidarität und der würdigen Eleganz. Die
innere Seite der Thüren ist neu poliert und" trägt
die Widmungsinschrift, in der davon die Rede ist,
wie treu das Familienstück „seither von Markgräf-
lers Hand in werthem Andenken bewahrt" worden
sei. (O.B. Nr. 121 v. 10.10.1856.)

Welche Gaben aber brachten die anderen
Markgräfler Amtsbezirke?

Der „Oberländer Bote" schenkt ihnen in seinem
Lörracher Lokalpatriotismus nicht so viel
Aufmerksamkeit wie dem besagten Schrank.
Sehr spät den Ereignissen nachhinkend — vielleicht
auf Beschwerde der Übergangenen? —
berichtet er:

„Nicht bloß der Amtsbezirk St. Blasien, sondern dieser
Bezirk im Verein mit dem Amte Schönau und
dem Landamte Freiburg wollen... zur bleibenden
Erinnerung an das glückliche Ereignis der Vermählung
... einen Thurm auf dem Feldberg errichten".

(O.B. Nr. 124 v. 17.10.1856.)

Er sollte den Namen „Friedrich-Luisen-Turm"
und über dem Tor eine eiserne Gedächtnistafel
erhalten und wurde 1856 noch gebaut, massiv
aus Steinen, 13 m hoch und 9 m im Durchmesser;

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