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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-01/0012
Konstantin Schäfer:

Jmmgen

„Die Grenz-, Waid- und Holz-Irrungen zwischen
der Stadt Neuenburg und den unterhalb
dem Müllheimer bach Bannstößigen Gemeinden".
So Steht auf dem Titelblatt eines umfangreichen
Aktenbündels mit schwungvoller Schrift
geschrieben.

Irrungen: was die Aktenblätter uns berichten
von Rippenstößen, blauen Flecken, saftigen Injurien
, Aufgebot sowohl von Infanterie und
Dragonern, wie von Kommissarien und schneidendem
Verstand, das scheint uns treffender mit
dem Worte „Streit" zu bezeichnen sein. Doch
kann nicht auch ein Streit uns einen solch köstlichen
Briefwechsel schenken wie den zwischen
dem Dekan Martin und dem Hofgerichts-Advo-
katen Herzog? Kann er nicht Kräfte in uns
wecken, welche den Erfahrungen die Bitternis
nehmen; welche das, was uns verbindet, als
wesentlicher erscheinen lassen, als das, was uns
trennt? Wird dadurch nicht aller Streit zur
Irrung?

Das erste Blatt bringt uns die Abschrift eines
Vertrages aus dem Jahre 1400, „von der Weidt
Wegen Alß man überkhommen ist, Neuwenburg
ober und nider Mulheim, und Hugelheim". Der
Vertrag gibt einen guten Auftakt, wenn die
Partner ihn mit den Worten einleiten: „ .. . das
wür alle freindtlich, lieblich, unndt guettlich des
mit einander uberkhomen".

Das zweite Aktenstück hätte den Schlüssel
dazu geboten, allem Bannstreit mit Zienken und
Hügelheim, der von Seiten Österreichs bis zum
militärischen Aufgebot führte, friedlich beizulegen
. Es heißt in dem Schreiben vom Februar
1430:

„Ich Albrecht Rhinfelder und Benni Seringer
Conrat Seringers Sun bede von Hugelhem Tund
Kunt menglich mit disem brief, das wür Unß
disen hütigen Tage von dis gemeinen Dorfs
wegen ze Hugelhem vor den fürsichtigen wißen
dem Burgermeister und Rath ze Newenburg gewesen
sindt und habent sy ernstlich gebetten,
das sy uns gönnen in Ire Ow gelegen under
Zienken, die sy uf diß Jar almende uß geben
hant, des holtzes gehawen und die afterschlagen
uffzemachen mit den Iren, wan wir bekennent,
das wir kein Recht darzu haben, denn als was
sie uns erlaubent. Und des zu Urkundt, habent
wir von des gemeinen Dorfs ze Hugelhem wegen
gebetten den Erwirdigen Herrn Dietrichen von
Endingen Kilchherrn zu Mülhem und Dechan der
Dechanie von Nuwenburg, das Er sin Insigel hat
getruckt zu ende diser geschrifte, das auch Ich
derselb yetz genant Dietrich von Endingen durch
Ihr ernstlichen bitte willen getan han doch mir
und meinen Erben unschedliche.

Geben am Suntag nach Sannt Mathias Tage
des zwölf botten des Jares da man zalte von
Christi geburt vierzehnhundert und drißig Jare".

Zuckerbrot soll keine tägliche Speise sein. Die
„freindtlichkeit" und „lieblichkeit" hielten nicht
lange vor. Schon 1510 mußten Bürgermeister und
Rat der Stadt Freiburg Schiedsrichter sein, denn
Zienken und Hügelheim leiteten aus dem Entgegenkommen
der Neuenburger nun doch ein
Gewohnheitsrecht ab und verlangen, um was sie
vorher gebeten hatten unter ausdrücklicher Anerkennung
der Rechtslosigkeit.

1578 verfaßte der Oberamtmann von Badenweiler
, Hans Hartmann von Habsperg (er selbst
unterzeichnet sich in diesem Schreiben Haps-
perg), einen 19 Seiten langen Bericht an die v. ö.
Regierung zu Ensisheim. Er beschwert sich darin
über das Verhalten der Stadt Neuenburg. Was
1400 freiwillig gewährt worden war, 1510 als
Brauch gefordert wurde, erscheint bei Habsperg
bereits als feststehendes, althergebrachtes Recht.
Zum ersten Male wird ein Bannumritt erwähnt:
„wie dann alle Jar meine Ambts underthanen,
umb Iren gantzen banschaiden an dem aufartstag
sambt der Jugendt, damit sy wissen sollen wie
weit sich Ir ban erstreckht, umbreiten, und all-
wegen Iren weeg von Mülhem aus, der gemeinen
Straßen nach uf Neuwenburg zue bis zum Capelle
welches für Neuwenburger Ziegelscheuren
hinein steet... " Sie wären immer uf der Straße
geritten, „damit der lieben frucht, welche der
liebe Gott uns zur Aufendthaltung gnedig" wachsen
ließ, kein Schaden geschehe. Nun hätte es
sich aber ereignet, „da sy zu Neuwenburger
gründien kommen, haben sy von Neuwenburg
ungewarneter Sachen und mit gewerter Hand ab
Freyer Kayserlicher Straßen am umbrit Ire etliche
meiner Ambz verwanten roß und mann
gefangen genommen. Dieselben in die Hörberg
zum Hasen daselbsten uf solchen tag der Freyen
Kayserlichen Straßen nach nit umbreiten lassen".
Wenn man die Klagen liest, die 2V2 Jahrhunderte
später beim Bannstreit mit Auggen gegen diese
Umritte vorgebracht werden, so dürfte wohl
anzunehmen sein, daß die liebe Gottesfrucht doch
einigen Schaden erlitten haben wird.

Bis 1641, also bis in die Zeit des Dreißigjährigen
Krieges hinein, ist von keinem Streitfall
mehr berichtet. Damals lebte in Neuenburg ein
recht vermögender Metzger namens Adam Dürr-
eyßen. Er besaß 25 Stück Vieh, welche er von
einem Schweizer aus dem Berner Gebiet „zue
Sonderbahrer freündtschaft uff Credit und borgs,
umb drey hundert neüntzig und vier Cronen, biß
Künftigen Meyen zuebezahlen erkhaufft". Mit
Mülheim bestand nach Ansicht Neuenbürgs ein
altes Abkommen über gemeinsame Weid auf der
„Müllheimer Matten". Also trieb Dürreisen, wie
die andern Neuenburger auch, sein Vieh dorthin.
Mülheim aber bestritt dieses Recht und ließ ihm
22 Stück des schönsten Viehs nach Müllheim
wegführen. Der Vogt „Georg grätter" forderte
von ihm für jedes Stück Vieh einen Reichstaler
Strafe und behielt ein Rind als Pfand; die andern
Rinder stellte er ihm wieder zu. Darüber begann
nun ein Wechselspiel der Klageschriften. Schiedsrichter
war „der wolEdle, Gestreng Hochgelehrt
und Veste Herr Georg Wolckher der Rechten
Doctorn und hochbestellten General Auditorn zu
Breysach". Andere Schreiben in der Sache gingen
an Hans Ludwig Freiherr von Erlach, „wey-
landt der Königl. Majestät in Frankreich Hoch-

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