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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-01/0018
gen unsere Nachbarn sonst viele Einkäufe in der
hiesigen Stadt zu machen, was aber jetzt wegen der
Kriegsgefahr unterblieben ist. Im benachbarten
Kanton Thurgau hört man jetzt schon Klagen über
Einquartierungen. Auch Ausländer, die in der
Schweiz wohnen, werden hiermit bedacht. So soll
dem Grafen von Beroldingen zu Stuttgart, dem das
Schloß Gottlieben gehört, stets eine bedeutende
Anzahl Soldaten zugeschieden werden. Es haben
daher schon mehrere Ausländer die Schweiz verlassen
. So hat kürzlich ein reicher Engländer, der
längere Zeit in der Seeburg im Kanton Thurgau
gewohnt hatte, sich bei uns niedergelassen, und eine
in der Nähe von Konstanz am Bodensee reizend
gelegene Besitzung, das ehemalige Käntle, gekauft".

(ebda.)

In der gleichen Nummer aber druckt der „O. B."
einen juristisch fundierten Artikel der „Allgemeinen
Zeitung" ab, der sich noch einmal mit
der Frage beschäftigt, was der drohende preußisch
-schweizerische Krieg mit dem Deutschen
Bund zu tun habe und was nicht. Im übrigen
mehrten sich die günstigen Nachrichten so, daß
man in derselben Nummer bereits liest:

„Wir treiben dem Frieden zu... "
und:

„So scheinen sich die drohenden Wolken wieder
verziehen zu wollen''.

Der Optimismus war berechtigt, denn tags zuvor
hatten Depeschen aus Bern gemeldet, daß der
Schweizerische Bundesrat auf Vermittlungsvorschläge
eingegangen und die Bundesversammlung
einberufen sei. (ebda)

Auf der anderen Seite war er berechtigt aus

folgendem Grunde:

Man hat oft gesagt, der stärkste Schutz und Schirm
der die Schweiz von jeher gehabt hat, sei die Uneinigkeit
und Eifersucht der Großmächte gegeneinander
; es scheint, daß dieser Satz auch jetzt noch
seine Geltung nicht verloren hat".

(„Oberl. Bote" Nr. 8 v. 16.1.1857.)

Währenddessen wurde immer klarer, daß die süddeutschen
Regierungen den preußischen Durchmarsch
gestatten würden. Obwohl es (O. B. Nr. 7
vom 14. 1. 1857) noch geheißen hatte, Baden verhandle
noch darüber, wurde das bald (in Nr. 8)
dementiert und gesagt:

„Die Beziehungen Badens zu Preußen sind gegenwärtig
noch enger als die bayerischen und württembergischen
..."

Doch blieb dies — zum Glück für das badische
Oberland — nur noch Theorie, denn inzwischen
war der Konflikt beigelegt worden. Dem „Oberländer
Boten" Nr. 9 lag ein Extrablatt bei mit
der Nachricht, daß der Nationalrat am 15. Januar
mit 91 gegen 4 Stimmen die Anträge auf

„die Amnestierung und Freilassung der Gefangenen
mit vorläufiger Verbannung vom Schweizer Gebiet
genehmigt"

habe. Es schließt mit den Worten:

„Der Friede kann somit als gesichert
angesehen werden".

Und er konnte es, obwohl am 16. Januar die
Genfer Fazy und Vogt im Ständerat gegen die
Amnestie angingen. Der Bundesrat beschloß auch,
sämtliche Truppen „binnen kürzester Frist zu
entlassen". — Von Konstanz schrieb man:

„General Dufour ist vorgestern abend in Kreuzungen
angekommen und im Gasthof zum Löwen abgestiegen
, wo ihm eine Serenade gebracht wurde. Man
glaubte, daß er Konstanz besuchen werde, was aber
nicht geschehen ist, sondern er setzte gestern in der

Frühe seine Reise nach Schaffhausen fort, um daselbst
die Truppen zu inspirieren. Heute wird ein
großer Teil der Mannschaft des hiesigen Regiments
wieder nach Hause entlassen. Auch die Schweizer
Milizen werden bald heimkehren; In letzter Zeit war
es den Schweizer Soldaten nicht mehr gestattet, in
Uniform in die Stadt zu kommen. Sie verschafften
sich daher Zivilkleider und gingen in die Stadt,
besonders um unsere Soldaten exerzieren zu sehen.
Die Schweizer Soldaten mußten selbst anerkennen,
daß unsere Soldaten besser exerzieren, als sie. Von
den Schweizern wurden Versuche gemacht, einzelne
unserer Soldaten zu verführen, indem sie dieselben
über die Grenze locken und ihnen zu trinken geben
wollten. Solche Zumutungen wurden aber von unseren
Soldaten beharrlich zurückgewiesen".

(„Oberl. Bote" Nr. 12 v. 26.1.1857.)

Das letztere wird nun nicht jedermann glauben,
sondern eher annehmen, man habe dem treuherzigen
Berichterstatter einen Bären aufgebunden
. Die badischen Truppen wurden auch bald
entlassen.

„Die einberufene Mannschaft zur Completierung des
Regiments in Konstanz ist jetzt wieder entlassen.
Baden ist diesmal gut abgekommen: auf mehr als
30 000 fl. werden die außerordentlichen Ausgaben
wegen der Schweiz nicht berechnet".

(„Oberl. Bote" Nr. 15 v. 2. 2.1857.)

Der Schweiz hatte die Mobilmachung offensichtlich
Lücken in ihrem Wehrsystem gezeigt, die
ernste Folgen hätten haben können. Also dachte
man daran, sie zu schließen:

„Um, wie es scheint, für allfällige Eventualitäten
den im Schweizervolk erwachten militärischen Geist
nicht sogleich wieder einschlafen zu lassen, ist im
Bundesrat der Antrag gestellt worden, über die
gesamte Wehrkraft der Schweiz eine ganz genaue
Generalinspektion halten zu lassen, die Lücken zu
constatieren und sofort zu ergänzen. Auch geht man
mit dem Gedanken um, bedeutende Waffenvorräte,
besonders Jägergewehre, anzuschaffen".

(„Oberl. Bote" Nr. 13 v. 28.1.1857.)

Doch ging inzwischen auch in der Schweiz die
Demobilisation weiter:

„Nachrichten aus dem Hauptquartier melden, daß
die letzten taktischen Einheiten der aufgebotenen
Armee am 2. Februar , ihren Heimmarsch antreten
werden. Die aufgebotenen Truppen haben nicht ganz
die Zahl von 30 000 Mann erreicht. Am 31. ds. Mts.
werden sämtliche Divisions- und zwei Brigadestäbe
entlassen und treten am 1. Februar den Heimmarsch
an, die übrigen fünf Brigadestäbe ein bis zwei Tage
später. Der große Generalstab, nachdem er einen
Teil seines Personals in Zürich entlassen hat, wird
am Montag oder Dienstag in Bern ankommen und
wenige Tage nachher sich ganz auflösen".

(„Oberl. Bote" Nr. 15 v. 2. 2.1857.)

Unter dem 4. Februar meldet der „Oberl. Bote"
Nr. 16 denn auch:

„Der Rückmarsch und die Entlassung der Armee ist
endlich in vollem Gange. Dir Arbeitskräfte des Volkes
und die Finanzen des Bundes können wieder
zur Öffnung des Nationalwohlstandes verwendet
werden, nachdem den Anforderungen der Ehre
Genüge geleistet worden ist".

Der Friede erhielt sich auch. Im März 1857 verzichtete
der König von Preußen auf seine Rechte
an Neuenburg, während die Schweiz den Roya-
listen Amnestie erteilte und die 1848 von den
Republikanern staatlich eingezogenen Kirchen-
und Stiftungsgüter ihren Stiftungszwecken zuzuführen
versprach. So war Preußen zwar um
ein Ländchen ärmer geworden, der Schweiz und
dem badischen Oberland aber war ein Krieg
erspart geblieben. b. Gmeiner

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