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Musers gegenüber; ohne jedoch an Poesie und
Herzenswärme zu verlieren, sprechen sie eben
mit dem Pathos und der damit verbundenen
Sentimentalität des vorigen Jahrhunderts.
In lauterem Patriotismus besingt der Dichter
die politischen Ereignisse um 1870, in tiefer Verehrung
bekundet er dem damaligen Kaiserreich
seine Treue.
Zweifellos gehörte Karl Muse'rs große Liebe
dem Gesang.
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„Mir ist's beim Sang, als ob ich bete,
Das Lied, das Lied ist meine Lust!"
bekannte er und wünschte sich, daß er in seiner
letzten Stunde den Auferstehungs - Chor erlauschen
könnte.
Durch alle Gedichte spricht uns eine tiefe
Herzensgüte an, sie gilt sowohl den Menschen,
als auch seinem lieben Heimatlande Baden, dem
der verehrte Dichter sein Sträußlein gewidmet
hat und dem wir aufrichtig wünschen, daß es
nie verwelken und vergessen werde.
Emil Baader:
Kätfdjen, ©djnurcen unö ^arbatfdjen im 2llemannmlanb
Uraltes F a s n a c h t s b r a u c h t u m in Südbaden
Die Fasnacht, ein Fest der Lebensbejahung,
„ein wildes Spiel gegen den Tod", ist in ihrem
Ursprung ein Kampf gegen den Winter und alle
Dämonen. Mittel dieses Kampfes waren allezeit
der Lärm: das Rätschen, Schnurren und Karbat-
schen, aber auch die Maske. Indem man sich
selbst als Dämon maskierte — man denke an die
Elzacher Schuddig — bekam man Macht über sie.
Viele alte Narrenstädte gibt es im badischen
Oberland. Stockach, das seit altersher die Fasnacht
am Schmutzigen Donnerstag mit dem
Setzen des Narrenbaumes eröffnet, besitzt seit
dem Jahre 1315 ein Narrenprivileg und zwar
durch Hans Kuony, der Hofnarr in Wien war,
der seinem Herrn, dem Erzherzog Leopold durch
einen klugen Rat das Leben gerettet haben soll.
Seit jener Zeit datiert das Stockacher Narrengericht
. Aber gewiß gab es auch schon vor Hans
Kuony eine Stockacher und eine alemannische
Fastnacht, die ursprünglich „Fasnacht" hieß, das
heißt Fasel- oder Wachstumsnacht.
Originell ist das Brauchtum der alten Baar-
städte VilUngen, Donaueschingen, Bräunlingen,
Hüfingen und Löffingen. Berühmt sind der Villinger
Narrensprung, der Narro, das Morbili, die
Wuescht, der Stachy und der Butzesel. Überall
in der Baar, auch auf dem Land, kann man an
Fasnacht die Hänsele sehen. Villingen und Hüfingen
besitzen sogar Hanseiebrunnen. Das Leinenkleid
ist mit Tierbildern bemalt; ein Fuchsschwanz
bildet den Kopfschmuck. Ähnliches
Brauchtum ist in den benachbarten schwäbischen
Narrenstädten Rottweil, Oberndorf, Riedlingen,
auch in Hechingen und Sigmaringen lebendig.
Am See geht es hoch her. Überlingen blieb
seinem Schwertlestanz treu. Und wie verstehen
die Überlinger und Markdorfer „Hänsele" mit
einer 4 Meter langen Peitsche zu „karbatschen"!
In Meersburg geht der Schnabelgyri um, eine
Gestalt mit Vogelkopf und Storchenschnabel.
Ähnlich wie in Stockach wird auch in Radolfzell
am „Schmutzigen Dunnschtig" der Narrenbaum
durch die Zimmermannszunft gesetzt. „Die
Schnitzwieber" holen an diesem Tag die Schüler
aus den Schulen und ziehen mit den Kindern
von Geschäft zu Geschäft, wo sie Gaben zum
Auswerfen erhalten. Hemdglonker, Klepperle-
sowie „Plätzlibuebe" sind ebenfalls ein Bestandteil
der Radolfzeller Fasnacht.
In Konstanz marschieren nach altem Brauch
die Gymnasiasten als Hemdglonker vor die Häuser
ihrer Lehrer. In Pfullendorf, der alten Reichsstadt
, finden wir ähnliche Gestalten wie in Überlingen
; auch hier wird „geschnellt". Zur Walds-
huter Fasnacht gehören die Geltentrommler. Mit
Kochlöffeln wird ohrenbetäubend getrommelt.
Der Waidshuter Narro trägt einen Fuchsschwanz
mit Schweinsblase, der Laufenburger als Gürtel
ein Fischnetz. Die Breisacher Fasnacht wird bereits
1474 zur Zeit des Peter von Hagenbach
erwähnt.
In Elzach, der Schuddigstadt, wird in der
Frühe des Fasnachtmontag das uralte Taganruferlied
gesungen. Wie rote Teufel rasen die Schuddig
in ihrem roten Gewand durchs Städtchen.
Mit ellenlangen Scheren zwicken sie die Frauen
und Mädchen. Im Hochschwarzwald, in Bonndorf
treiben die grotesken Pflumenschlucker ihr
Wesen und Unwesen, in Offenburg die Hexen.
In Wolf ach ist seit altersher das „Wohlauf singen"
üblich. Auch Zell, Gengenbach, Haslach und
Hausach haben ihr altes Brauchtum. Das Setzen
des Narrenbaumes hat seit einer Reihe von Jahren
auch in Lahr Eingang gefunden. Umzüge und
närrische Freilichtspiele sind besonders in den
Städten des Kinzigtales beliebt. Mit dem Begraben
oder Verbrennen der Fasnacht findet die
närrische Zeit ihren Abschluß. — Am Funkensonntag
, acht Tage nach Fasnacht, lodern die
Fasnachtsfeuer von den Bergen, sausen die glühenden
Scheiben zu Tal. Das Feuer soll die
Fruchtbarkeit der Felder wecken und jedem
Glück bringen, dem eine Scheibe geschlagen wird.
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