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Gegen die falschen Mächte unserer Gegenwart
wendet sich der Dichter im derben Deutsch
gewaltiger Satire: — am ergötzlichsten aber in
den Strophen „Die beiden Beizen", wo er dem
„Bunten Schwein" von Port Said am Rhein den
„Weißen Hirsch" heimatlichen Brauchtums entgegenstellt
. Man wird im ganzen Markgräfler-
land schmunzeln oder hellauf lachen, je nach
Temperament, wo immer diese Verse gelesen
werden.
Die wenigen Proben zeigen, daß wir es bei
Burtes neuem Gedichtband „Stirn unter Sternen
" mit einem Buch zu tun haben, an dem sich
die Geister scheiden werden. Uns Alten in seiner
Gefolgschaft ist es erneut ein gültiger Erweis,
daß wir in unserer Geisteswahl dem rechten
Sänger allzeit gefolgt sind. Es gibt uns aber auch
Zuversicht und neuen Glauben, daß auch angesichts
der zerstörten deutschen Literatur das
Wort gilt: „Neues Leben blüht aus den Ruinen".
H. Bachroth:
Ich habe nicht viel Grundsätze und halte mich
zudem nicht an alle. Aber an einem halte ich
fest: Jedes Jahr einmal nach St. Trudpert zu
wandern, am liebsten im Frühling. Manchmal
belohne ich mich für meine Grundsatztreue damit
, daß ich mich an diesen schönen Ort fahren
lasse: Freilich immer nur bis dahin, wo von der
Hauptstraße auf der Talsohle der Weg zum Kloster
hinauf abzweigt.
Denn diesen sanft ansteigenden Weg muß
man gehen, den Blick auf die ferne Mitte des
Klosterbaues gerichtet. Zu beiden Seiten hat
man erst das Grün der Talwiesen, später links
den Friedhof und rechts eine Reihe uralter,
knorrstämmiger Kastanien, die einen erst aus
ihrem Rauschen entlassen, wenn man vor der
gekurvten, von Balustraden flankierten Treppe
steht, die, umsäumt von den mildbewegten Gebärden
der Statuen, zum Kloster hinaufführt.
Aber lassen wir den Klosterbau bis nachher
hinter seinem buchsgezierten Vorgarten das
barocke Dach recken. Wenden wir uns nach links,
der klaren Fassade der Kirche zu: Uber einer
Treppe im halben Achteck baut sich eine wohlabgewogene
Säulenordnung um das Rundbogenportal
. In edlem Schnitzwerk prangen die Torflügel
. Der alte Peter Thumb aus dem Bregenzerwald
hat größere Fassaden gebaut als diese —
man denke an St. Peter — aber keine mit einer
Torumkleidung von so reinem Zusammenklang
der klassischen Formteile. Drinnen im hochgewölbten
geräumigen Kirchenschiff tönt die
gleiche edle und zurückhaltende Harmonie aus
dem Verhältnis von Pfeiler zu Gewölbe, von
Langhaus zu Kapellensaum, von ernsthaft-zartem
Zug der Stuckornamentik, die Prevosti und
Orsati über die Decke spannten, von blaßbunter
Palette der Tönungen in den Zwischenfeldern zur
dunkleren Farbe und zum schwereren Schwung
der Deckengemälde Giorgiosis. Barockes Pathos
klingt, aber verhalten und des klassischen Ur-
Zternebe balbt
Der Gottlieb isch e guete, nette Kerli,
un 's wär-em z'gunne gsi e bravi Frau; j
doch 's dalbt halt au e Chue emol in Pfludder,
un wo si hilit, isch nit numme Strauh.
Er het e Schöni welle un e Gscheiti,
au vom Moneteguu het müesse ebis dra;
jetz het er eini, un er cha sich meine. —
Was eine will — Gottsname! — soll er ha!
öb si-em schafft un cha-ne Hushalt fuehre,
zue so-me Item het's dem Burscht nit glängt;
hüt wachst-em 's Unchrut bis in d'Cham're iine. —
Er het hall numme mit de Auge denkt!
E sufer Hern — er chennt's vom Höresage,
an syne wachse Chägge bal vor Dreck;
sie sei e Schludde, hört me d'Lüt verzelle,
un 's isch eso, das schleckt kei Gais ewegg!
Der Gottlieb weiß was lands un traut nit muckse,
si stopft-em 's Muul, wenn er e Meinig het,
un duet er doch emol e Predig gaxe,
no lit-em halt si Leneli in's Bett.
Jetz wäscht er selber Socke, Hern un Chrage
un stoht an Zuber ane wie-ne Held,
no schwenkt-er's, ringt's un hängt's an9s Seil im Garte,
un au zuem Bögle het er sich nit ungschickt gstellt.
Bim letzte Wäschdag isch si zuenem uuse
un het-en dätschlet, wie der Metzger 's Chalb:
„de chasch's, lieb Männli, un me cha di bruuche,
nimm mi's der zue, derno isch's halb un halb!"
Me hört in letzter Zyt so mengmol chlage,
's gab bi de Männer keini Heide meh;
der Gottlieb isch no ein, seil will i meine,
un 's wär kei Sünd, dem Maa e Orde z'gee!
Fritz Wolfsberger
grundes noch bewußt, aber auch die Leichtigkeit
des Rokoko schon ahnend. Ernster als das wenig
spätere St. Peter, aufwendiger und pompöser als
St. Ulrich, noch nicht von der hellen Leichtigkeit
des spät erbauten Birnau, hat diese Kirchenhalle
unter den Bauten des Vorarlbergers ihren bezeichneten
Platz.
Der Chor stammt noch aus der gotischen Zeit.
An den Seitenwänden steht dunkelbraun das
Spätrenaissance-Chorgestühl. An ihm vorbei tritt
man in die Sakristei, um das niellogeschmückte
romanische Vortragskreuz zu sehen, ein köstliches
Werk aus dem 12. Jahrhundert. Beim
Rückweg durch das Langhaus erst wird man der
schönen gittergeschützten Empore an der Portalwand
gewahr. Kommt das blausamtene Amsellied
, das im Räume schwebt, von dort oben herab
oder zu der hellen Türöffnung herein, auf die
wir zuschreiten? Draußen wie innen ist ein sanfter
ernster Frühling. Hier im heiligen Raum lebt
er gedämpft, beherrscht, in dauernde Form gebannt
— draußen rauscht er in den noch kahlen,
aber schon grün betupften Zweigen der alten
Bäume, und selbst die steinernen Bischöfe und
Äbtissinnen auf den Balustraden läuschen ihm
ergeben und heiter.
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