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Max Dufner-Greif:
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In zwei bedeutenden Zeitschriften finden wir
folgende Stellungnahmen zu der Problematik, die
wir in unserer Weihnachtsnummer aufgegriffen
haben. In der Nr. 1/57 von „Wort und Wahrheit"
(Herder-Verlag) wendet sich Siegried Melchinger
gegen das Sturkturmodell von Prof. Hugo Friedrich
, und wir geben das Wesentliche im Auszug
wieder:
„Hier muß ein Einwand angemeldet werden.
Er bezieht sich auf die Annahme, daß das Modell
der Poetik von Beaudelaire, Rimbaud und
Mallarme noch intakt ist. Daß sich um 1910 auch
in der Lyrik entscheidende Veränderungen vollzogen
, haben, kann nicht bestritten werden. Der
Schlag, der 1910 dem Modell zugefügt wurde,
darf in seiner Konsequenz als vernichtend bezeichnet
werden. Er richtet sich gegen die Hybris
der Mallarme vorschwebenden Idee, als könne
das Gedicht die Welt oder das Sein bewältigen,
als sei es die Aufgabe des Poeten, den „toten
Gott" zu ersetzen und das Absolute zur Sprache
zu bringen. Um 1910 begann man das Absolute
abzuhängen und das Gedicht auf das Wesen seiner
Form zurückzuführen. Die aufgedunsene
Bedeutung, die man- ihm bis dahin beigelegt
hatte und noch später zuzumuten unternahm
(Rilke), wird auf ein Maß reduziert, das die
Grenzen wiederherstellt. Damit verbindet sich
jener Rückgriff auf geschichtliche Formen, dessen
wachsende Bedeutung gar nicht hoch genug
eingeschätzt werden kann. Damit ist aber die
„Modernität" von Friedrichs Strukturmodell, das
ohne Zweifel heute noch ein verbreitetes Muster
ist, doch sehr in Frage gestellt... In diesem
Sinne werden Abnomität und Deformation als
Zeichen einer historisch notwendigen Phase aufgefaßt
, die historisch notwendigerweise zu Ende
geht".
In der vom Tries-Verlag in Freiburg i. Brsg.
herausgegebenen Zeitschrift „Wunder der Welt",
die eine sehr beachtliche Beilage „Die Ernte"
bringt, bekennt sich Wilhelm von Scholz mit
folgenden, auch im Auszug wiedergegebenen
Worten zu den klassischen Formen und Ewigkeitswerten
- der Lyrik:
„Unsere ewigen Gedichte haben eine so starke
Wirkung wie die Musik; eine andersartige gewiß
— aber eine nicht weniger tiefgehende und nicht
weniger berauschende und dauernde.
Also tritt zu dem schönen Klang im Ohr
offenbar noch etwas anderes hinzu: das Gefühl,
die Vorstellung; und nicht durchaus abzuweisen:
der Gedanke — die sich mit dem Klang unlöslich
verbinden. Auch sie sind allein ohne* Bezauberung
für den, der sie rein ihrem Inhalt nach vernimmt
. Sie werden erst schön durch den Klang,
den sie finden; wie der Klang nur schön wird
durch das innere Leben der Seele, das ihn erfüllt
— nein, nicht nur erfüllt! das ihn gebar
und schuf.
Im Dichter bildet das innere Erleben von
selbst und auch ihm, dem Schöpfer, unerklärlich
Wort über sich, um sich — Wort, das dann stehen
bleibt, wenn das Gefühl längst erloschen ist, und
ein unendlich verklärtes, entrücktes, entwirk-
lichtes, glück- und segensvoll jede empfängliche
Seele bewegendes Nachbild, Nachleuchten eines
innig erlebten Augenblicks bewahrt. So bewahrt,
daß wir nach zweitausend Jahren noch fühlen,
wie Sappho liebte, weil aus ihrem Gefühl ein
schöner, tiefer, voller, reiner Klang in ihr Ohr
kam, den sie nun aufschrieb und der ein Gesang
ist; oder nach anderthalb Jahrhunderten, wie der
arme Chenier den Ruf zum Schafott vorausfühlt.
Das ist's: die Schönheit des Klanges, der
Worte, der Bilder, der Melodie und des rhythmischen
Hinschreitens der Verse bezeugt die
wundervolle Ergriffenheit des mit dem Wort
vermählten Gefühls, seine dichterische Echtheit
noch nach Jahrtausenden".
B. Gmeiner:
Don fcötykm unb flögen..
Die Zähringer Burg bei Freiburg
Wer sich der Breisgaustadt von Norden her
nähert, erblickt auf einem der Vorberge, die der
Schwarzwald in schöner Staffelung zur Rheinebene
hinabschickt, einen stolzen runden Turm.
Fast bis nach Freiburg hinein begleitet sein Anblick
, und von vielen südlich und westlich gelegenen
Stellen der Stadt sieht man ihn auf seiner
lang vorgestreckten Bergzunge thronen — eine
Kontur von unvergeßlicher Einprägsamkeit.
Dieser Turm heißt heute die „Zähringer Burg"
— die Freiburger betonen beim Aussprechen dieses
Namens das Wort Burg — und ist alles, was
von einem zu seiner Zeit oft genannten Schloß
oder befestigten Platz des Dynastengeschlechts
der Zähringer heute noch übrig ist. In der Luftlinie
, genau 4000 m vom Münster entfernt, erhebt
sich die Ruine auf einem 480 m hohen Vor-
bergkegel, der mehrfach eingeschnitten, nach
Westen, Norden und Osten mit beachtlicher Steilheit
abfällt und sich nach Süden hin durch eine
kräftige Einsattelung vom höheren Gebirge abhebt
. Das solcherart allseits scharf abgesetzte
Plateau ist ein gestrecktes, nach Südwesten zielendes
Fünfeck von sehr geringer Breite; in
geeignetem Abstand umziehen es südlich und
westlich ein Graben und davor Erdschüttungen
und Felszüge, die den Abfall des Berges noch
verstärken. Das Plateau selbst erscheint in seiner
nach Süden zeigenden Hälfte eng von einer zerbröckelnden
Ringmauer aus unregelmäßigen
Bruchsteinen eingefaßt, und inmitten eben dieser
Hälfte erhebt sich der genannte Turm.
Von kreisrundem Grundriß, der im Süden
von zwei Maueransätzen unterbrochen wird, hat
er an seinem Fuß einen Durchmesser von 7,25 m;
das aus rechteckigen, aber ungleich großen
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