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Bruchsteinen aufgeführte Mauerwerk ist hier
etwa 2,20 m stark und läßt nur einen Innenraum
von 2,85 m zwischen sich frei. Nach oben
zu verjüngt es sich von Geschoß zu Geschoß in
beachtlichen Stufen; auf den Rücksprüngen liegen
die Bodenbalken der drei Stockwerke. Ein
Kranz ungleichförmiger, grob gemauerter Zinnen
umgibt heute die oberste Plattform. Zutritt
zum Turm, das heißt zu den drei Obergeschossen,
bietet eine im Nordosten ansetzende, an der
Turmmauer im Viertelskreis hinaufführende neuzeitlich
gemauerte Treppe, von deren unter-
wölbter Rampe — dort ist der Zugang zum Erdgeschoß
— man durch eine Rundbogenpforte das
erste Stockwerk betritt. Das Innere erhält durch
Schlitze und — ganz oben — durch eine größere
Fensteröffnung mäßiges Licht. Behauene Teile
fehlen dem alten ursprünglichen Turmmauerwerk
durchaus und sind auch nicht gefunden
worden; nur spätgotische Ofenkacheln von außerordentlicher
Feinheit der Plastik fanden sich vor
Jahren auf dem Burgplateau.
An welcher Seite die Zufahrt zum Bering lag,
ist nicht mehr genau auszumachen, da die nördliche
Hälfte der Ringmauer längst — vor Jahrhunderten
vielleicht schon — nach außen gestürzt
ist; nur soviel ist sicher, daß die Zufahrt hier im
Norden lag — sei es nun dort, wo der heutige
Weg das Plateau erreicht, sei es im Osten, wo
ein Mauerrest auf eine bescheidene Toranlage
hinzuweisen scheint.
Bescheiden muß auch die ganze Burg gewesen
sein, die hier stand: Neben dem Rundturm, der
als Bergfrit die Gebirgsseite deckte und nicht
bewohnt war, gab es nur für einen Wohnbau
von geringen Ausmaßen Raum; dieser Wohnbau
könnte durch eine Brücke mit dem ersten Turmgeschoß
verbunden gewesen sein. Nimmt man
noch ein paar wenige, zur Unterbringung von
Gerätschaften und Pferden notwendige Schuppen
am Mauerring an, so hat man den ehemaligen
Gebäudebestand bereits vor Augen. Es bleibt
demnach der Phantasie auch nicht viel Spielraum
, sich das Aussehen der Burg in unzer-
störtem Zustand auszumalen. Ein Mauerring auf
steilem Felsen, durch einen Graben von einem
tiefer liegenden Erdwall getrennt —* die Mauern
überragt von dem und jenem 'Schuppendach,
darüber ansteigend in der Platzmitte oder seitlich
an den Mauern der Wohnbau mit seinem
Firstdach, daneben alles überhöhend der Rundturm
— das war die ganze Burg.
Um diese wenigen sicheren Elemente zur
Wiedergewinnung des alten Bildes der Burg
haben sich nun seit 400 Jahren die Beschreiber
der Burg bemüht. Zwar gibt es in der Freiburger
Chronik des Johann Sattler vom Jahre 1514 eine
kleine Zeichnung, die bei aller Schematik doch
bestimmtere Züge zeigt: der große, zinnengekrönte
Rundturm ist darauf zu sehen, ohne
Dach, und flankierend zwei verschiediengroße
kleinere Türme, der eine mit Tordurchgang. Die
Zeichnung ist alber immerhin von einigem Belegwert
, da die Burg erst 1525 zerstört wurde und
verschiedene Rekonstruktionsversuche des 19.
Jahrhunderts lehnten sich an sie an. Bald nach
Sattler, nämlich im Jahre 1544, zeigte Sebastian
Münster in seiner Kosmographie zum Artikel
Zähririgen einen Holzschnitt, der eine noch un-
zerstörte große Burg mit vielfältig gegliedertem
Mauerring, reichem Palas und eingebautem viereckigen
Bergfrit abbildet; die Burg sitzt auf
phantastisch zerklüftetem Felsen in einer Landschaft
von wild erregten Linien. Wer die wirklichen
Überreste und die Platzverhältnisse kennt,
kann in dem zwanzig Jahre nach der Zerstörung
der Burg erschienenen Schnitt nichts anderes als
eine wertlose Illustration sehen — selbst wenn
er nicht weiß, daß Münsters Buch nach der Sitte
der Zeit den gleichen Schnitt auch noch für drei
andere Burgen verwendet. Der Artikel selbst
spricht richtig von einem „zerbrochen Schloß".
Aber so wie der Zeichner Sebastian Münster
muß sich in der Folgezeit bis tief ins 19. Jahrhundert
hinein das Volk die Zähringerburg vorgestellt
haben: als ein reiches Herzogsschloß, das
sich der erste Zähringer erbaut habe. Darauf läßt
die Sage vom Ursprung der Burg und des Geschlechtes
der Herzöge von Zähringen schließen.
Ihr Inhalt ist der: der Urvater des Geschlechtes
sei ein Köhler im Schwarzwald gewesen; er habe
beim Abräumen seines Meilers darunter einmal
einen Silberklumpen gefunden und entdeckt, daß
dieser aus der Erde, mit der er den Meiler belegt
hatte, herausgeschmolzen sei. Auf die gleiche
Art habe der Köhler nun nach und nach einen
großen Schatz Silbers zusammengebracht, ihn
aber klug verborgen gehalten. In dieser Zeit aber
sei ein Kaiser vom Thron gestürzt worden und
habe sich nach dem Kaiserstuhl im Breisgau geflüchtet
. Dem, der ihm wieder zu Thron und
Reich verhülfe, habe er die Hand seiner Tochter
und die Herzogswürde versprochen. Da habe sich
der Köhler mit einem Tragkorb voll Silber alsbald
aufgemacht, dem Kaiser seinen Schatz angeboten
und — da der Kaiser sich mit Hilfe des
Silbers Kriegsleute genug habe anwerben können
und sein Reich wieder erlangt habe — Prin-
. zessin, Herzogstitel und den ganzen Breisgau
auch wirklich erhalten. Danach habe der Köhler
Burg und Dorf Zähringen, Freiburg und andere
Städte erbaut und nur noch Erz geschmolzen und
so viel Silber gewonnen. Endlich aber habe er
sich, von seinem Reichtum übermütig gemacht,
durch einen Mord versündigt und zur Buße zwei
Klöster erbaut: St. Trudpert im Münstertal und
St. Peter auf dem Schwarzwald. Bei seinem Tode
aber habe ihn der Geiz übermannt, so daß er all
sein Silber zu einem Klumpen zusammenzuschmelzen
und in der Erde zu verbergen befahl.
So die Sage. Entkleidet man ihren Bericht des
wuchernden Rankenwerks, so bleibt dennoch wie
stets bei der Gegenüberstellung von Sage und
Geschichte eine Menge Dinge übrig, die mit den
historischen Tatsachen, wie sie uns aus Überresten
, Urkunden und Chroniken entgegentreten,
sehr wohl in Übereinstimmung gebracht werden
können. In vielem hat die Sage natürlich Unrecht
. Zunächst in diesem:
D^e Burg Zähringen war nie ein glänzendes
Schloß, sondern immer nur ein kleiner Burgstall,
der wie andere solcher wehrhaften Sitze zum
Schutz des älteren Fleckens Zähringen, der Ländereien
ringsum und vor allem der Silberberg-
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