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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-03/0014
alle Anwesenden begrüßt hatte, wie es seit

Adams Zeiten Pflicht und Freude der Festredner

ist, kommt er auf die Lörracher Schützen und

ihr neues Heim zu sprechen:

„Seit 34 Jahren haben wir an weniger geeigneter und
freundlicher Stätte des edeln Schützen-Handwerkes
gepflegt und gewartet, wir haben, trotz den Stürmen
vergangener Tage, treu daran gehalten und wollen
auch ferner an dieser unserer neuen Schießstätte treu
zusammenhalten, in der Überzeugung, daß es dem
Manne wohl gestattet ist, nach treu erfülltem Berufsgeschäfte
in ernst-heiterem Freundeskreise sich zu
erkräftigen, daß es dem Manne wohl ansteht, dem
edeln Waffen-Handwerke sich zu widmen, im Gebrauche
der Waffe sich zu üben, den Arm zu stärken
und das Aug zu schärfen, die Thatkraft zu mehren,
und den Muth zu stärken, damit das Bewußtsein
männlicher Kraft und Wehrhaftigkeit in ihm wach
erhalten werde, und Herd und Heimath und Vaterland
selbst für mögliche Stunden der Gefahr starke
Arme, sichere Kugeln und unerschrockene, muthige
Herzen finde. Und so lassen Sie uns nun den Grundstein
zu unserem Bauwerk legen, in welchem wir
späteren Enkeln zum Angedenken folgende Gegenstände
aufbewahren".

Leider unterschlug der Journalist von 1857 nun
die Liste der erwähnten Gegenstände, so daß
wir nicht erfahren, was man in den Grundstein
einschloß. Die Zeitung — und damit auch die
Leser von 1857 (denn alle Zeitungen der Welt
und aller Zeiten, soweit es sich um freie Welten
handelt, schreiben dem Publikum nach dem Herzen
) — die Zeitung also berichtet lieber weiter,
in welchen hochpathetischen und wohlgeformten
Sätzen Bürgermeister Kalame weiter zu den
Festgästen sprach:

„So wachse denn empor auf deiner sonnig heiteren
Warte, du Haus unserer Sorgen und Freuden, wachse
empor zum stattlichen Bauwerk unter geschickter
Meisterhand, sei und bleibe, wenn auch eine Stätte
männlicher Waffenübung, doch ein Haus der Eintracht
und des Friedens. Keine böswillige Hand, kein
böser Geist zerstöre, was wir in gutem Geiste begonnen
, kein Unfall, kein Unglück trübe je die heiteren
Stunden, die wir hier zusammen sein werden. Fester
und sicherer werde von Tag zu Tag des Schützen
Hand und Auge, und noch in späteren Zeiten erschalle
durch die Luft ringsumher der Knall der
Büchsen, und verkünde es von einem Ende unseres
lieben Thaies bis zum anderen, daß hier, auf der
Vbrwacht des Wiesenthaies, Männer stehen, bereit
für Herd und Vaterland den Arm zu rühren und der
Kugel zu trotzen. Der Segen von Oben begleite
unseres Werkes Anfang und Ende".

Gut gesprochen, Bürgermeister, — möchte der
Chronist beifügen, wenn er nicht ein gewisses
Mißtrauen gegen alle großen Worte hätte; doch
gibt er gerne zu, daß des Herrn Kalame Rede
von 1857 gut gebaut und von Begeisterung durchtränkt
war, und meint fast annehmen zu dürfen,
daß der Bürgermeister selber gern und oft in die
Runde seiner Schützen ging — und vermutlich
nicht nur um zu schießen, sondern auch um beim
Markgräfler aller Lagen und Creszenzen „im
ernst-heiteren Freundeskreise sich zu erkräftigen
", wie die Rede so schön sagt. Denn Schießen,
so sagt man, mache nicht weniger Durst als
Kegeln.

Gewiß ist der wackere Bürgermeister auch
der Anreger, wenn nicht gar der Verfasser der
Urkunde gewesen, die in den Grundstein gelegt
wurde und die der „Oberländer Bote" anschließend
abdruckt. War die Rede an die freudig erregten
Gemüter der Festteilnehmer gerichtet, so
bot die Urkunde eine klare historische Übersicht

über Entstehung und Zweck des Schützenwesens
allgemein und über die Geschichte der Lörracher
Schützen, ihrer Häuser und Gebräuche im besonderen
. Sie ist deshalb -auch heute noch wert, vollständig
vor Augen gebracht und gelesen zu werden
, — nicht zuletzt auch deshalb, weil sie gegen
Schluß auch manches über das Lörrach vom
März 1857 sagt, was heute nicht mehr allgemein
bekannt ist. Der Text lautet:

„Urkunde der Schützengesellschaft Lörrach für den
Grundstein des neuen Schützenhauses, welcher den
21. März achtzehnhundert sieben und fünfzig gelegt
wurde.

Nachdem die hiesige Schützengesellschaft, aus den
unterzeichneten Mitgliedern bestehend, beschlossen
hatte, bei dem Bau des neuen Schützenhauses ihren
Nachkommen in dem Grundstein eine Urkunde, die
bisherige Geschichte der Gesellschaft enthaltend, zu
hinterlegen, so wurde hierzu das nachfolgende Dokument
verfaßt, dessen Inhalt theils aus Traditionen,
theils aus den auf dem Rathause hier noch vorhandenen
Schützen - Akten, sowie aus der Gegenwart
selbst geschöpft wurde:

„Die Geschichte des Mittelalters lehrt uns schon, zu
welcher Großartigkeit sich die Vertheidigungsanstal-
ten der Städte des Deutschen Reiches emporgeschwungen
hatten. Damals bestunden die Zünfte
nicht allein, um ihr Gewerbe zu schützen, sondern
wenn der Stadt Gefahren drohten, so stunden sie
auch kampfbereit unter ihren Fahnen versammelt,
um ihre Rechte und Freiheiten mit dem Schwert zu
vertheidigen.

Eine öftere Übung in den Waffen war dabei noth-
wendig, namentlich aber nach' Erfindung des Schießpulvers
mit den Feuerwaffen, und so entstanden
dann allerwärts eigens eingerichtete Schießplätze,
auf welchen die Schützenkunst eifrig gepflegt wurde.
Um diesen Übungen eine erhöhte Weihe zu geben,
wurden dieselben öfters mit festlichen Gabenschießen
verbunden, an welchen sich auch die benachbarten
Schützen betheiligten. Bei diesen Festen fanden
neben dem ernsten Zwecke der Waffenübung warme
Freundschaft und heitere Geselligkeit ihre willkommene
Stätte, und so pflanzten sich dieselben mit
mächtiger Ausdehnung bis in unsere Gegenwart fort.

Es sei dem Chronisten verstattet, hier einige
Worte einzufügen. Er möchte im Grunde nur
dies anmerken: Der Text der Urkunde sieht die
Entstehung der Schützengesellschaften ganz richtig
. Ihre Vorgänger waren die Zünfte, die ja
nicht nur eine Art gewerkschaftliche und gesellschaftliche
Korporation waren, sondern im Gefüge
der mittelalterlichen Stadt gleichzeitig die
militärischen Gliederungen und Einheiten dar-

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