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wohl aber nur unter sich, weil er sich noch nicht
stark genug fühlte, mit den Schützenfreunden im
Ober- und Unterland Stich zu halten, versteht sich
auf der Scheibe. — So Gott will, wird uns* beim nächsten
„Endschießet" vergönnt sein, unsere Schützenfreunde
im Wiesental, bei welchen wir schon so manche
heitere Stunde verlebten, in den heimischen
Mauern empfangen zu können.
Wir sind freilich dann noch nicht im Stande, Euch
in die Hallen eines neuen Schützenhauses einzuführen
, aber Ihr werdet eine alte, von unsern Vätern
und Großvätern geweihte Stätte betreten, und der
Markgräfler soll, darauf habt Ihr mein ehrliches
Schützenwort, in Strömen fließen.
Ein Schütze Müllheims, aber noch ein junger."
Daß der „Markgräfler" bei solchen Schützentreffen
„in Strömen" floß, hätte der Müllheimer
Schütze nicht erst zu betonen brauchen, — man
würde ohnedies nichts anderes annehmen. Aber
der Müllheimer Brief gibt auch hierin — will
sagen, in der Frage, was die Schützen im Schützenhaus
sonst noch taten, wenn genug geschossen
war, — aus dem Volke heraus eine hübsche Ergänzung
zu dem, was Bürgermeister Kalame
amtlich und, wie man im Zeitungsdeutsch sagen
müßte, „von berufener Seite und höchster Warte
aus" in den wohlgesetzten Worten seiner Festrede
schon festgestellt hatte. Als Amtsperson
konnte er das mit den Strömen des Markgräflers
ja auch nicht so deutlich sagen. Seine Schützenbrüder
auf der einen und die Lörracher Ehefrauen
der Schützen auf der anderen Seite werden
die Rede auch so richtig verstanden haben;
wenn sie davon sprach, daß „es dem Manne wohl
gestattet" sei, „nach treu erfülltem Berufsgeschäfte
in ernst-heiterem Freundeskreise sich
zu erkräftigen... ", so war von vornherein nicht
nur das Schießen, sondern auch das „Fließen"
des Markgräflers gemeint. O gute alte Zeit!
Julian H.
Emil Baader: 3nClTI0nEn
Über Nacht ist der Frühling in die Wälder
gekommen; die Wälder haben sich in Anemonenwälder
verwandelt. Durch ihre weißen Tüchlein
erhellt das Buschwindröschen den Wald. Die
Anemone ist die erste Blume im Frühlingswald.
Buschwindröschen! Beim leisesten Windhauch
wiegen und biegen sich die weißen Kronen auf
den zarten Stengeln. Gibt es etwas Schöneres als
einen Anemonenteppich?
Wenn die Anemone blüht, ist die Karwoche
und auch Ostern nimmer fern. In Tirol nennt
man die Anemone Osterblume. Bisweilen kann
es geschehen, daß noch einmal Schnee auf die
Anemone fällt:
Vom Gewimmel
Dichter Flocken ist er trüb, der Himmel,
Traurig stehen sie, die Köpfchen hängend,
Und in Gruppen sich zusammendrängend;
Also einsam,
Zehn und zwölf hier so leidgemeinsam,
Da und dort verstreut auf grauer Öde,
Weiße Tüchlein umgebunden jede.
Also trauernd, f
Innerlich vor Frost zusammenschauernd,
Stehn alljährlich sie als Klagebildnis
In des winterlichen Waldes Wildnis.
Die Anemonenfamilie ist groß. Zu ihr zählen
auch die blauen Leberblümchen. Ihre Blätter,
welche die Form eines Leberleins haben, werden
gegen Lebererkrankungen benützt. Zu ihr zählt
auch die hellviolette Küchenschelle, die in großer
Zahl am Kaiserstuhl zu finden ist, ebenso das im
Gebirge vorkommende weiße Berghähnlein. Wer
Glück hat, kann auch in unseren Wäldern die
gelbe Anemone finden.
Die Gärtner haben Anemonen in leuchtenden
Scharlach-, Purpur-, Korallen- und Azurfarben
gezüchtet. Wir aber haben unsere Freude an
unserem Buschwindröschen. Schon Shakespeare
hat die Anemone als eine Künderin des Frühlings
besungen und gepriesen.
jözv ©djtüac?fat)rer
Einer der Herren vom Müllheimer Landratsamt
(damals hieß es noch Bezirksamt) war Pächter
der Jagd im Klemm. Sein gescheiter Dackel
„Waldi" begleitete der Herrn natürlich auf jede
Pirsch und kannte den Wald so gut wie nur
einer. Herr B. achtete deshalb unterwegs nicht
besonders auf Waldi, denn er wußte, daß ihm der
Hund immer im selben Abstand folgte.
So stiegen die beiden eines Tages auch an der
gewohnten Haltestelle des Bähnchens, an der
Hasenburg, aus und marschierten in ruhigem
Tempo Schweighof zu. Der Herr in Gedanken
und voll Freude über den schönen Tag, der Hund
folgsam aber gelangweilt.
In Schweighof bog der Jäger bei der Säge
rechts ab auf den ansteigenden Weg nach dem
Hochwald. Waldi aber begegnete einem Spielkameraden
seiner Rasse und blieb stehen. Die
Dackel fanden Gefallen aneinander und begannen
ein fröhliches Spielen und Sichjagen. Das
war so schön, daß Waldi seinen Herrn vergaß,
vollständig vergaß und im Dorf herumtollte, bis
er genug hatte.
Sein Herr ging indessen den gewohnten Weg
weiter, in der Annahme, Waldi folge ihm. Erst
als er ein Wild aufspürte, rief er den Hund an
und merkte, daß er allein war. Ob er etwas zur
Strecke brachte, weiß ich nicht, das tut auch
nichts zur Sache. Aber als er abends heim kam,
begrüßte ihn Waldi freudig und seine Frau sagte
erleichtert: „Gottlob, Vatter, aß de do bisch. Mer
hän scho gmeint, es seig der öbbis passiert, wil
der Waldi scho lang do isch".
Als Herr B. nach einiger Zeit wieder ins
Bähnle stieg, lächelte der Schaffner und sagte:
,,Herr B., Si hän au no öbbis noo z'zahle".
„Ich nachbezahlen?" fragte Herr B. erstaunt.
„He jo, do letzthi emol isch Ihre Waldi an der
Haseburg ellai ygstiege un bis zuem Amtsgricht
mitgfahre". Da lachten sie beide, und der Fall
war erledigt. Der Bürokratismus hatte im Bähnle
keinen Sitz. J.Preusch-Müller
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