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Zeugnisse großer Künstler über das Entstehen ihrer Werke
Wie eine Garbe reicher Ernte mutet uns dies
Buch an. Der es schrieb, ist der bekannte Altmeister
des geistigen Porträts, Robert Saitschick,
weiland Professor an der Universität Köln, Kultur
- und Geschichtsphilosoph, Verfasser zahlreicher
Bücher, die stets nicht nur dem Geheimnis
geistigen Schöpfertums auf die Spur zu kommen
, sondern gerade auch eine tragbare Brücke
vom Reich der Ideen zu dem der Wirklichkeit
täglichen Lebens und Erlebens zu schlagen versuchen
.
Saitschick, seit mehr als sechs Jahrzehnten
unermüdlich literarisch tätig, ist wie wohl kaum
ein Zweiter in allen Bereichen geistigen Schöpfertums
zuhause. Mag es sich um „Schöpfer
höchster Lebenswerte" — so lautet der Titel
eines seiner schönsten und gehaltvollsten Werke
— um Religionsstifter und Weltanschauungsbegründer
, um „Dichter und Denker" — ein
anderer von seinen Buchtiteln — oder um bildende
Künstler und Komponisten handeln, deren
geistige Porträts er zeichnet, immer versteht er
es, seine Gestalten in eine nahe Beziehung zu
uns zu bringen, sie gewissermaßen zu unseren
Lehrmeistern, zu unseren treuen Helfern zu machen
im Kampf um das Licht und um die Höhe.
Saitschicks Gestalten sind nicht Bewohner
eines Wolkenkuckucksheims abstrakter, wissenschaftlich
theoretischer Unwirklichkeit. Sie wollen
fördernd eingreifen in den Prozeß der Gestaltung
unseres eigenen Innern, unseres Charakters
und unserer Sinnesart. Immer soll in uns
das Bewußtsein gestärkt werden, daß auch wir
zu dem Geschlecht gehören, das aus dem Dunkeln
in das Helle strebt.
In dem neuen Buche nun, das der Verlag
R. F. Edel in Marburg herausbringt, gibt der
bald Achtundachtzigjährige uns Kenntnis von
den für das Verständnis des künstlerischen
Werkschaffens wichtigsten Selbstzeugnissen und
Äußerungen berühmter Meister über Voraussetzungen
und Bedingungen, Stimmungen und
Eindrücke, unter denen ihre Werke entstanden.
Es ist eine hochinteressante Sammlung niemals
weitschweifig ermüdender, immer knapper und
präziser, das Entscheidende treffender Zeugnisse
der Kunstschöpfer aller Zeiten und aller Kulturen
, soweit nur irgend erreichbar, über ihr
Kunstschaffen. Und Saitschicks verbindender
Text ist von einer geradezu jugendlichen Frische
und Aufgeschlossenheit für das, was uns in der
Gegenwart zu hören interessant und wichtig sein
muß. Man merkt nicht, daß jahrzehntelanges
Mühen und nie ermüdender Fleiß hinter all diesen
, hier organisch zusammengefügten Bruchstücken
oft nur schwer erreichbarer Quellen
steckt. Aber ein Gefühl des Dankes beschleicht
uns, daß der Gelehrte, der selber ein Künstler
ist, uns so freimütig in seine Werkstatt schauen
läßt und uns sein eigenstes Wollen und Wünschen
als Schaffender zu erfahren vergönnt.
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Es wäre denkbar, daß einer einmal auf den
Gedanken käme, ein umfassendes Buch über den
schwäbischen Menschen zu schreiben, ein Buch,
dessen Kapitel aus lauter kurzen Biographien
von Männern bestehen müßte, deren Namen vielleicht
weniger bekannt als der eines Robert
Bosch, Daimler oder Zeppelin wäre, deren Wesen
und Lebenswerk aber mit demjenigen dieser
Großen Entscheidendes gemeinsam haben: das
zähe Streben, die Gründlichkeit und Beständigkeit
, das Zuverlässige und Gewachsene. Unter
diesen Männern müßten sich auch Anton Hummel
und dessen Söhne und Enkel befinden. Sie
haben allerdings ihr schwäbisches Heimatland
verlassen und sind in das „Ausland" nach Baden
gezogen. Aber die schwäbische Tatkraft und der
Markgräfler Erdgout haben sich in ihrer Verbindung
durch ein halbes Jahrhundert bewährt.
Hummel und Heitersheim, Hummel und das
Markgräflerland gehören zusammen.
Als vor nunmehr fünfzig Jahren das Heiters-
heimer Werk, die Maschinenfabrik und Eisengießerei
A. Hummel und Söhne ihre Arbeit aufnahm
, brachte sie eine schon jahrzehntelange
Erfahrung mit. Das alte ehrbare Schmiedehandwerk
ist der solide Wurzelgrund dieses Betriebes.
In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts
stand der Vorfahr noch in seiner Dorfschmiede
zu Ehrenstein bei Ulm und ließ mit seinem Sohn
Heinrich den schweren Hammer im Takt auf das
glühende Eisen niedersausen. Im Kopfe dieses
Heinrich Hummel schweiften währenddessen die
Gedanken weit über die väterliche Schmiede
hinaus. Er sah im Geist eine neue Zeit heraufkommen
. Die Entdeckung der Dampfkraft, die Entstehung
des Maschinenzeitalters, die von England
herübergekommenen neuen Dampf-Dreschmaschinen
nahmen sein ganzes Interesse gefangen. Sein
reger Geist und seine schwäbische Tatkraft wiesen
ihm den Weg. Dies aber ist das Entscheidende
: er fing nicht damit an, eigene gewagte
Konstruktionen zu entwerfen und seine Kräfte
daran zu zerreiben, sondern er begann damit, am
Einsatz solcher eingeführter Dreschmaschinen
Erfahrungen zu sammeln. Es konnte nicht ausbleiben
, daß er konstruktive Verbesserungen dieser
Maschinen fand. Zehn Jahre später errichtete
er an Stelle der Dorfschmiede Fabrikhallen und
stellte darin eigene Hummel - Dreschmaschinen
her. Heinrich Hümmels ältester Sohn Anton leitete
mehrere Jahre hindurch mit seinem Vater
zusammen den Betrieb, in welchen 1902 auch die
beiden jüngeren Söhne Albert und Heinrich mit
eintraten.
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