http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-05/0016
Im Markgraflerland vor hundert Jahren (10)
©iet)ft bu hont auf VBatbi*Wn ...
Der Oberländer Sängertag auf Bürgeln am 1. Juni 1857
Unterm 29. April 1857 meldete die „Badische
Landeszeitung" aus dem Oberland (s. „Oberl.
Bote" Nr. 53 v. 4. 5. 1857):
„Dieser Tage fand in Vögisheim bei Müllheim eine
Versammlung der Vorstände der Oberländer Gesangvereine
statt, wobei Freiburg, Müllheim, Kandern,
Auggen, Efringen, Mappach, Tannenkirch, Liel und
andere vertreten waren. Zweck dieser Zusammenkunft
war die Besprechung bezw. Festsetzung des
Programms zu dem Sängerfest auf Bürgeln, welches
am Pfingstmontag ds. Js. abgehalten werden wird.
Die Bedenken, daß Bürgeln die nötige Räumlichkeit
nicht biete, wurden beseitigt, indem man sich entschloß
, im Freien zu singen. Gegen 300 Sänger haben
ihre Teilnahme zugesagt, und wir werden bei diesem
Anlaß auch die rühmlichst bekannte Musikkapelle
des Großh. Jägerbataillons von Freiburg
hören".
Ein Sängerfest im Markgräflerland? , Kein
schlechter Gedanke — denn wo es Wein gibt,
da ist auch die Fröhlichkeit zum Singen da, und
beim Singen gibt es Durst, weshalb man es am
besten in eine weingesegnete Gegend verlegt.
Soweit war der Gedanke also vortrefflich. Was
300 Sänger jedoch auf Bürgeln bei Regenwetter
anfangen würden, blieb eine Frage. Man löste
sie durch einen* sicherlich ebenfalls dem Mark-
gräfler Wein entsprungenen Beschluß der Besprechungskommission
, es habe am 1. Juni eben
nicht zu regnen, und man würde im Freien
singen. Ob ein solcher Optimismus recht behalten
würde? Er mußte eigentlich, denn das heitere
, vom schönsten Licht des Oberrheins überglänzte
Schlößchen auf der Höh' konnte sich
schon damals und kann sich heute" kaum einer
bei Regen vorstellen.
Von Anfang Mai an bringt nun der „Oberländer
Bote" laufend kurze Vorberichte über
den geplanten Sängertag, die durch die Erwartung
und Neugierde geweckt und unterhalten
wurden. So zum Beispiel:
„Aus dem Breisgau, 1. Mai. Der von dem Männergesangverein
„Concordia" in Freiburg unter Mitwirkung
noch anderer Oberländer Vereine veranstaltete
Sängertag zu Bürgeln wird, wie man glaubt,
eines jener schönen Feste werden, wie sie das Oberland
nur in früheren Jahren gesehen. Die Concordia
verdankt ihr jetziges Bestehen und gedeihliches
Fortschreiten im Gesang ihrem Musikdirektor, Herrn
Franz Pechatschek aus Karlsruhe, einem tüchtigen
Musiker... Wir zweifeln nicht, daß das Talent des
Herrn Pechatschek auch bei dem Sängertag zu
Bürgeln, wo er an der Spitze einiger hundert Sänger
stehen wird, sich bewähren wird".
(„Oberl. Bote" Nr. 54 vom 6. 5.1857.)
Es paßte auch in die Vorbereitungen der Oberländer
Sänger, daß sich im Mai gerade — und
nachher nicht mehr — ein vorher nicht bekannter
Dichter mit schönen Gedichten von guter
Erfindung in den Seiten des „Oberländer Boten"
zu Wort meldete, nämlich ein J. Staudt aus
Säckingen. Er legte in Nr. 59 des Blattes (vom
15. 5.1857) folgendes Gedicht vor, das wohl die
Stimmung eines festfreudigen Sängers wiedergeben
mochte:
Der Fidelgesang
Lustiges Einerlei, fröhliche Zeit!
Singen und Geigen so morgen wie heut.
Singen und Geigen sind treffliche Kost
gegen des Kummers grämlichen Rost.
Sitzt auf dem Herzen ein alternder Fleck,
bringt der Gesang ihn dann lustig hinweg.
Will uns von außen der Nebel umziehn,
dürfen zur Geige nur schnelle wir fliehn.
Schließ' ich das Auge bei Geig' und Gesang:
werden die Nächte ja nimmer mir lang.
So will ich fidein und singen dazu;
hab vor dem lästigen Seufzer doch Ruh.
Und wer nicht geigen kann wie ein Schnurrant,
wird zum Trompeter der Trübsal ernannt.
Fräulein von Nachtigall lehrt den Gesang;
lernet drum singen, wollt leben ihr lang.
J. Staudt.
Inzwischen wurde am 24. Mai ein anderes Fest
begangen: Die Einweihung des neuen Lörracher
Schützenhauses, dessen Grundstein man vor
wenigen Wochen gelegt hatte. Die entsprechende
Zeitungsnotiz vermerkt mit Bedauern,
„ ... daß das Wetter ausnahmsweise gerade und ...
nur an diesem Tage sehr trüb und regnerisch war".
(„Oberl. Bote" Nr. 62 v. 25. 5.1857.)
Doch habe sich niemand deshalb vom Besuch
dieses Festes abhalten lassen. Mußten die Sänger
da nicht mit bangem Herzen ihrem Tag entgegensehen
, was er für Wetter bringen würde?
Vielleicht, ja sehr wahrscheinlich stärkte es ihre
Hoffnung auf gute Witterung sehr, daß gerade
in diesem Jahr 1857, rund drei Wochen vorher,
die Freiburger Frühjahrsmesse, an der es bekanntlich
meistens regnet, ausnahmsweise auch
einmal von gutem Wetter begünstigt war, wie
der „Oberl. Bote" Nr. 54 vom 6. 5. 1857 gemeldet
Kebenblüte
Der Rebberg stoht im Sunneglast wie trunke;
es huucht e heimli Singe in der Luft,
un Chäfer, Immli sin im Rusch versunke,
im chöstlichste, im wunderbarste Duft.
Er chunnt us unschiinbare, chlaine Blüetli;
me sieht si chuum im grüene Rebelaub,
bis as si lüpfe ihri Chnospehüetli
un nackig stöhn im gäle Blüetestaub.
E jedes Gschiin wott zue me Trübel werde.
Der Stempel luegt gar wie-ne Fläschli dry,
as deht er chund: -der herrlichst Saft uf Erde
mueß wieder im-e Fläschli borge sy.
So wachset denn im warme Summerode,
dir Chnospefläschli, bis dr Beeri sind,
un alli Herrlichkeit us Bluescht un Bode
wie flüssig Gold us andere Fläsche rinnt.
Ida Preusch-Müller
r
ten!
14
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-05/0016