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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-05/0018
sondern sogar sehr gut war und manchen heutigen
Veranstaltungen noch Ehre machen würde:

„Gegen 3 Uhr begann die Produktion. Vorgetragen
wurden: Die Ouvertüre zu „Egmont" von Beethoven,
von dem Musikchor des Jägerbataillons in Freiburg;
„Christenglaube" von Spohn, von sämtlichen Vereinen
; „Nachtlied" von Kreutzer, von dem Verein in
Mappach; „Am Bergquell" von Kreutzer, von dem
Efringer Verein; „Die Kapelle" von Kreutzer, von
sämtlichen Vereinen; Potpourri aus „Don Juan" von
der Militärmüsik; „Die deutsche Muse" von Blum,
vom Tannenkircher Verein; „Ein deutscher Psalm"
von Zwyssig, von den Müllheimern; „Freude in
Ehren" von Hebel, Musik von Spohn, von sämtlichen
Vereinen; Ouvertüre zur „Zauberflöte" von der Militärmusik
; „Eintracht" von Nägeli, von dem Verein
in Auggen; „Harmonie" von Wassermann, von dem
Verein in Kandern ; „Des Jägers Abschied" von Mendelssohn
, von sämtlichen Vereinen, in Begleitung
von Hornmusik; Potpourri aus der Oper „Der fliegende
Holländer" von R. Wagner, von der Militärmusik
; „Postillionslied" von Derkum, von der Con-
cordia in Freiburg; „Bürglen auf der Höh'", zum
Fest eigens eingesandt, von sämtlichen Vereinen mit
Begleitung der Militärmusik".

Ob in den Archiven der Markgräfler Gesangvereine
wohl noch die Noten jener meist guten
Singstücke aufbewahrt werden? Wäre die Hundertjahrfeier
jenes Sängertages nicht ein Anlaß,
sie wieder hervorzuholen, um zu probieren, was
die Sängerkollegen des 19. Jahrhunderts konnten
? Oder gibt es vielleicht gar keine direkten
Nachfahren jener Vereine mehr, die damals in
Bürgeln sangen? Das wäre kein Grund, das
Sangesgut der Vorfahren nicht doch einmal zu
sichten und — um im Stil jenes Berichterstatters
zu bleiben: nachzu-,,producieren".

Jener Berichterstatter schließt seinen Artikel
natürlich mit einer Beurteilung des Dargebotenen
ab:

„Aus dem Vortrage aller dieser Stücke, bei welchem
jeder Verein wenigstens einmal vertreten war, ließ
sich erkennen, daß Fleiß und Leistungsfähigkeit
auch bei Leuten, die verhältnismäßig nur wenig Zeit
auf den Gesang verwenden können, Gutes zustande
bringen. Wir erkannten in den verschiedenen Vereinen
treffliche Stimmen und gegenseitig anregenden
Eifer. Großen Effekt machten die von allen
Vereinen vorgetragenen Stücke, welche gelungen
ausgeführt wurden, trotzdem, daß keine gemeinschaftliche
Probe hatte vorausgehen können — ein
Beweis, daß die einzelnen Vereine mit viel Fleiß die
Lieder einstudierten. Zu erwähnen sind auch noch
die Vorträge des Musikchors vom Großh. Jägerbataillon
in Freiburg. Dieselben trugen wesentlich
mit zur Unterhaltung, sowie zu musikalischem Genuß
bei. ... Besonders rühmlich gedenken müssen
wir auch noch des schon erwähnten, von allen Vereinen
vorgetragenen Liedes „Bürglen auf der Höh'",
dessen Verfasser und Komponist sich nicht genannt
hat, und das in freundlichen Tönen am Schluß nochmals
Lebehoch auf unser Herrscherpaar wiedergab,
das schon beim Mittagsmahl erschallte, und so auf
sinnige Weise die ganze Festproduktion schloß.

Der Abend war inzwischen herangerückt; nachdem
man geselliger Unterhaltung noch einige Zeit geschenkt
hatte, traten die Vereine den Rückweg an
von dem Orte, an den sich manche freundliche Erinnerung
knüpft".

(„Oberl. Bote" Nr. 66 v. 5. Juni 1857.)

Der Artikelschreiber hatte recht. Die Sänger
nahmen eine freundliche Erinnerung an Bürgeln
und ihren Tag dort mit heim in die Markgräfler-
orte. Beweis dafür ist ein Gedicht, das der Oberl.
Bote Nr. 73 vom 22. Juni 1857 abdruckte. Es ist
nicht anzunehmen, daß der wackere Müllheimer,
der es einsandte, volle drei Wochen zu seiner

Abfassung gebraucht hatte — möglicherweise
hat es nur die Redaktion eine Weile liegen lassen
; denn seit jenem Sängertag hatten andere
Dinge das Oberland bewegt: so das große Unglück
im Hauensteintunnel in den Tagen nach
Pfingsten. Dann aber rückte sie das Gedicht doch
ein und so mag es auch hier stehen — nicht
eines literarischen Wertes wegen, sondern seiner
Treuherzigkeit halber, mit der es die Empfindungen
eines Teilnehmers jenes Sängertages
wiedergibt:

„Erinnerung an den Sängertag

auf Bürgeln

Motto: Sänger aus dem Oberland!

Nimm im Geist den Stab zur Hand,
Führ' durch Auen dich so schön,
Dort hinauf nach Bürgelns Hbh'n.

Siehst du dort auf Waldeshö'hn
Jenes kleine Schlößchen stehn?
Wie so traulich, wie so klein
Schaut es in die Welt hinein.

Sänger, kennst du jenen Ort?
Kennst du jene Stelle dort?
Kennst du den geweihten Raum
Dort auf hohem Waldessaum?

Sag'! — o werter Sänger, sag'!
Denkst du noch an jenen Tag,
Der das liebe Oberland
Zum Gesänge dort verband?

Lebt nichts mehr in deiner Brust
Von der froh erhab'nen Lust,
Die uns alle dort beseelt —
Sänger, sag! Was hat gefehlt?

Konntest du bei Bier und Wein
Und Gesang wohl froher sein?
Hast du nicht, was dich entzückt,
Schöne Mädchen dort erblickt?

War auch deines nicht bei dir,
War es möglich, daß du hier
Doch die Gegend hast erblickt,
Wo die Liebe dich beglückt!

Sänger! Ja, dein Auge sah
Lust und Wonne fern und nah,
Und es fühlte deine Brust,
Gleich der meinen, frohe Lust. —

Darum möcht' ein Augenblick
Ich dich ziehn —, dorthin zurück,
Wo sich's lebte gar so schön,
Dort nach urisers Bürgelns Höh'n!

Müllheim Karl Muser".

Kann man schöner als der Sänger von Müllheim
sagen, daß man singt, wenn man froh ist
und damit man froh, werde, — daß man vom
Singen froh und beim Singen aller schönen
Dinge der Erde bewußt wird, die man genossen,
— daß man beim Singen dankbar werden kann
für die verborgenen Schönheiten der Welt? Kann
man besser als der Müllheimer Sänger sagen,
daß wie ein solcher von Herzen gehender Gesang
der Ausblick von Bürgeln auf die Reben, Äcker
und Bäume des Markgräflerlandes ist? Daß sich
im heiteren Anschauen der Heimat, wenn es
beim Singen, und das heißt: mit geöffneter Seele
geschieht, dem Menschen ein Glück schenken
kann, das lange nachleuchtet? Der Müllheimer
von 1857 hatte den Sängertag auf, Bürgeln recht
verstanden: So war er gemeint gewesen und das
Erinnerungsgedicht wäre die beste Rechtfertigung
für ihn geworden, wenn — es je einer
bedurft hät.te.

Julian H.

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