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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-06/0004
E. Baader:

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Ein «getreuer Sohn des alemannischen Landes,
Professor Dr. Wilhelm Hausenstein, Botschafter
a. D. der Deutschen Bundesrepublik in
Paris, ein Schriftsteller hohen Ranges, „Minnesänger
der Kunst, der Welt, der Heimat" (so ist
zu lesen unter seinem Bildnis in der Minnesängerstube
in seiner Heimatstadt Hornberg)
hätte am 17. Juni 1957 sein 75. Lebensjahr vollendet
.

Sein Großvater, dem er in seiner Erzählung
„Der Ahn" ein Denkmal setzte, war Schneider in
einem kleinen Dorf bei Tiefenbronn im Nordschwarzwald
. Der Vater wirkte als Beamter in
einer Reihe von Städten des badischen Landes,
auch in Hornberg. Dort wurde Hausenstein geboren
. Von der Lörracher Zeit erzählt Hausenstein:
„Mitunter ereignete es sich, daß mich der Vater
auf die Bahn mitnahm. Ich lernte von ihm begreifen
, daß wir über die Grenze fuhren — in ein
anderes Land, das Schweiz hieß und unser badisches
Land berührte. Es war eine Reise von
Minuten, aber sie griff über die weite Erde. Ich
fand mich auf der Rheinbrücke in Basel, sah in
das Weltwunder des gebogenen Stromes und
fühlte hinter mir die schützende Größe meines
Vaters. Den Namen der Amtsstadt, die mir der
Vater enthielt, faßte ich erst, als wir sie verließen
. Sie wurde Lörrach genannt und bestand
in mir weiter mit Staub und Sonne. Man weiß
nicht viel aus den ersten fünf Jahren der Erinnerung
..." Der Vater hatte sich mit einer Horn-
bergerin, der Tochter des Bärenwirts, verheiratet
. Diesen Bärenwirt, der ein Verehrer Hek-
kers und Garibaldis war, hat Hausenstein trefflich
geschildert in der Erzählung ,,Evviva Garibaldi
". Von den Vorfahren der Großmutter mütterlicherseits
, die aus Niederwasser stammte,
schreibt Hausenstein:

„Flößermeister sind sie gewesen, in Wolfach
drüben; der Vater der Großmutter, ein scheinbar
zarter, in Wahrheit zäher und starker Mann, hat,
seinen Knechten voran, die eigenen hohen
Schwarzwaldtannen selber angeschlagen und gefällt
; er hat, so oft die Stämme die Kinzig hinabtrieben
, die Aufsicht geführt; er ist beim Binden
der Flöße der erste gewesen, gleichsam nur Vorarbeiter
seiner Leute, und trug doch den zünftigen
Ehrennamen eines Flößerkönigs. Von Kehl
an hat er die Bindezüge selber gesteuert, den
Rhein hinab, an Mannheim und Mainz vorüber,
durchs Binger Loch, am hohen Köln vorbei —
hinunter und hinaus bis Rotterdam, wo die seefahrenden
Holländer die schlanken, kerzengeraden
Bäume abnahmen, um Schiffe daraus zu
machen".

Von den Vorfahren des Bärenwirts schreibt
er, sie seien als Protestanten um die Zeit der
Gegenreformation aus dem weinigen Südtirol in
den Schwarzwald ausgewandert, hätten sich als
Weinhändler und Wirte ins alte Haus „Zum

Bären" gesetzt. Man wollte auch wissen, es habe
auf dieser Seite Leute gegeben, die sich der Verwandtschaft
mit Kepler rühmten, dem Sternschauer
aus Weilderstadt.

Früh verlor Hausenstein seinen Vater. In
Hornberg besuchte er die Bürgerschule, in Karlsruhe
das Gymnasium. In Heidelberg, Tübingen
und München studierte er klassische Philologie,
Philosophie, Geschichte und Nationalökonomie
(bei Otto Crusius, Lujo Brentano u. a.). Nach der
Promotion begann er mit dem Studium der
Kunstgeschichte bei Karl Voll. Stark beeindruckten
ihn die Veröffentlichungen von Julius Meier-
Graeve. Wohl war seit 1903 München, seit 1932
Tutzing am Starnberger See sein Wohnsitz. Aber
in diese Zeit fallen zahlreiche Aufenthalte im
Ausland: in Frankreich, Belgien, der Schweiz,
Österreich, Holland und Italien, sowie Studienfahrten
nach Jugoslawien und Griechenland. Seit
1917 war Hausenstein Mitarbeiter der „Frankfurter
Zeitung", viele Jahre leitet er das Literaturblatt
und die Frauenbeilage dieser Zeitung.
Und daneben entstanden seine Bücher, Werke
von europäischem Rang. Es erschienen Werke
über den „Bauern-Bruegel", über den Isenheimer
Altar 1919, über Giotto und Fra Angelico (1923),
über Rembrand (1920, Neuausgabe 1951), über
Degas (1948); es erschienen die Reisebücher:
„Reise in Südfrankreich" (1927), „Europäische
Hauptstädte" (1932), „Das Land der Griechen"
(1934), „Abendländische Wanderungen" (1951).
Hausenstein gab, mit Einleitungen, die Werke
von J. G. Seume und Georg Büchner heraus. Er
übertrug die Gedichte von Charles Baudelaire
meisterhaft ins Deutsche (1946). 1948 erschien
sein Vortrag „Adalbert Stifter und unsere Zeit"
in Buchform.

Wie sehr sich Wilhelm Hausenstein stets seiner
alten Heimat verbunden fühlte, bezeugen
Bücher wie „Badische Reise" (1930), „Buch einer
Kindheit" (1936), sowie eines seiner schönsten
Bücher: die Erinnerungen „Lux perpetua" (Geschichte
einer deutschen Jugend aus des 19. Jahrhunderts
Ende).

1950 wurde Hausenstein Präsident der Bayrischen
Akademie der schönen Künste, im Jahre
zuvor schon war er mit dem Johann Peter Hebel-
Preis ausgezeichnet worden. 1951 wurde er Geschäftsträger
, 1953 Botschafter der Deutschen
Bundesrepublik in Paris.

In einem Brief aus Paris schrieb uns Hausenstein
am 11. September 1952 über sein Verhältnis
zu Johann Peter Hebel folgendes:

„Mein Verhältnis zu Hebel ist das der reinsten
Ehrfurcht vor einem Mann, den ich zu den
großen Gestalten der deutschen Literatur und
der Weltliteratur zählte. Das „Schatzkästlein"
liegt immer auf meinem Nachttisch und ich lese
seit vielen Jahren fast täglich darin. Einer der
gescheitesten Männer, die ich in meinem nun

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