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F. Feßenbecker:
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Von den Briefen J. P. Hebels sind fünf an den
Herrn Geheimrat von Ittner adressiert. Durch
ihre Fassung in lateinischer Sprache fallen sie
jedem Leser auf, und bei etwas näherer Beschäftigung
mit ihrem Inhalt wird bald klar, daß wir
in der Person des Empfängers einen Mann vor
uns haben, der mitten in dem literarischen und
wissenschaftlichen Leben seiner stürmisch bewegten
Zeit stand. Darüber hinaus begegnen wir
ihm in Hebels Gedicht „An Herrn Geheimerat
von Ittner" in Gesellschaft mit dem Mediziner
und Botaniker Karl Christian Gmelin, dem
„Chrüterma vo Badewiler" und Verfasser der
„Flora Badensis" in Karlsruhe. In herzlichen
Worten ruft ihm der Dichter vor seiner Abreise
nach Bern als Gesandter der badischen Regierung
ein „Bhütich Gott" zu und zeichnet ein
schlichtes aber umso einprägsameres Bild dieses
auf der Höhe seiner Laufbahn stehenden Diplomaten
... „so fründli un so lieb". —
In zwei weiteren Schreiben, das eine an
Gustave Fecht in Weil, das andere an die Familie
Häufe in Straßburg, treffen wir beide — den
Geheimerat und den Lyzeumsdirektor — in vorgerückter
Stunde auf dem Heimweg in Freiburg,
nachdem sie „bim Chaiserwirt e Schöppli gha
hen". Vom Wein angeheitert — in einem der
Briefe heißt es benebelt — fing Ittner an zu
singen. Der Begleiter aus der biederen Residenz
machte den vornehmen Ruhestörer auf ein paar
junge Leute aufmerksam, welche ihnen gerade
begegneten. Unbesorgt aber meinte dieser: „Das
sind ja nur meine Studenten. Die kennen mich
alle!" Er war nämlich zur selben Zeit noch
Kurator an der 1806 badisch gewordenen Universität
.
Unverkennbar zeigen die so interessanten
Lebensbilder beider Freunde von Jugend an auffallend
gemeinsame Linien. Frühe schon verwaist
, machen sie ihren Verwandten die Erzieherarbeit
nicht immer angenehm. Doch mit dem
von den Vätern ererbten Soldatenblut in den
Adern und dem rheinischen Frohsinn im Gemüt,
finden sie sich bald in allen Lagen des Lebens
leicht zurecht. Auch die Freude an der Natur,
die ihnen auf dem Lebensweg stets Begleiterin
war, hilft ihnen über manches hinweg. Die Schulzeit
macht ihnen, wenig Sorgen. Während ihres
Universitätsstudiums — der Theologe in Erlangen
, der Jurist in Mainz und Göttingen — zeigen
sie eine starke Vorliebe für alte Sprachen und
als gereifte Menschen eine hohe Begeisterung für
alles Wahre und Edle, Vorzüge, die ihre spätere
Arbeit auf verantwortungsvollen Posten beflügelten
und bei Untergebenen wie Vorgesetzten
stets Achtung und Anerkennung fanden.
In den Jahren, da der Jüngere als Hauslehrer
in Hertingen und dann als Präzeptoratsvikar am
Pädagogium in Lörrach sich noch vergebens
Hoffnungen machte auf eine beschauliche Pfarrerstelle
in einem heimatlichen Rebdorf, führte
die Berufslaufbahn den fertigen Juristen zunächst
durch die Kanzleien des Reichskammergerichtes
in Wetzlar, des alten deutschen Reichstages
in Regensburg und des K. u. K. Hofratskollegiums
in Wien und sodann im Jahre 1786
nach dem benachbarten Breisgaustädtchen Hei-
tersheim, wohin ihn der Großprior des Johan-
niterordens in deutschen Landen als Kanzler
seines Fürstentums berief. Neben der Oberaufsicht
über die Verwaltung des zerstreut liegenden
Ordensbesitzes oblag ihm hier die diplomatische
Vertretung seines Fürsten bei der Regierung
der vorderösterreichischen Lande, der breis-
gauischen Landstände sowie beim Reichstag, in
dessen Fürstenrat der Großprior Sitz und Stimme
hatte, und .schließlich beim Großmeister in
Malta. Der reiche Schatz seines Fachwissens, die
Beherrschung der modernen und klassischen
Sprachen, die Beziehungen zu hochgestellten
Persönlichkeiten des In- und Auslandes, machten
dem erst 34jährigen Kanzler die dienstliche
Tätigkeit leicht, der ständige Umgang mit den
weltgewandten und herzensgebildeten Ordensrittern
das Leben innerhalb der Mauern und
Gräben des herrlich gelegenen Schlosses angenehm
.
So fand Josef Albert von Ittner neben seiner
Berufsarbeit noch reichlich Zeit zur Pflege der
Gesellschaft in einem ihm geistig verwandten
Freundeskreis aus der näheren und weiteren
Umgebung. Dessen Mittelpunkt war der bekannte
Dichter Johann Georg Jacobi, damals Professor
der Literatur an der Universität Freiburg und
Herausgeber der literarischen Zeitschrift „Iris".
Auf Empfehlung Gleims berief ihn der reformfreudige
Kaiser Josef II. auf diesen Lehrstuhl
als einer der Ersten — Jacobi war Protestant
und Preuße — „an welchem der aufgeklärte
Monarch bewies, daß er entschlossen sei, verjährte
Vorurteile zu verbannen und die mit der
echten Religion verschwisterte Toleranz neben
sich auf den Thron zu setzen". Mit Goethe, Wieland
und Schiller, der ihn um seine Berufung
nach Freiburg beneidete, stand er im Briefwechsel
. Außer namhaften Männern der Hochschule
und der geistig interessierten Bürgerschaft gehörten
auch Anltmann Schlosser aus Emmendingen
, der Dichter Konrad Pfeffel aus Kolmar,
Hofrat Wild aus Müllheim und Pfarrer Schmidt
aus Hügelheim dem Poetenkreis an. Hebel stand
ihm nahe. Zusammen mit Ittner zählte er zu
den wertvollsten Mitarbeitern der „Iris". In dieser
erschien bereits im Jahre 1803 die erste Beurteilung
der „Alemannischen Gedichte" vor der
breiten Öffentlichkeit.
Nicht selten trafen sich die für Frohsinn und
Heiterkeit so sehr wie für die Künste und Wissenschaften
aufgeschlossenen Freunde um Jacobi
im „Poetenwinkel" zu Heitersheim, einer gemütlichen
Ecke der Gartenanlagen in der alten
Vorburg des Ordensschlosses. Eine der noch aus
jenen Tagen erhaltenen Darstellungen zeigt diesen
, umrahmt von . Baumgruppen, neben dem
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