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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-06/0008
Pfingstliche Welt

Leuchtendes Land — wie am Ersten Tag
Rein und reich enthüllt!
Was an Hoffen winterlang in dir lag,
Was im frühesten Frühling keimte zag,
Prangt, im Entfalten erfüllt.

Wanderwolken auf ruhendem Blau,
Wiesen, blütenbesternte,
Sonne, Laubduft und silberner Tau,
Windhauchwehen, würzig und lau:
Nah ist und dein das Entfernte.

Und du erkennst: was flammend als Geist
Einst vom Himmel geregnet,
Ist auf die Welt, die den Schöpfer preist,
Schwingenweich schwebend nieder gekreist:
Seele, im Lichte gesegnet.

Ernst Sander

Kanzleigebäude. Erbaut vom Fürsten Nesselrode
im Jahre 1740, führt es heute noch über dem
Portal dessen reich verzierte Wappenschilder,
flankiert in der freudigen Feierlichkeit des
Barocks von zwei Figuren, die, wie die Aufschrift
auf ihren Sockeln besagen, „Fides" und
„Justitia" — Glaube und Gerechtigkeit — mit
ausdrucksvollen Gebärden darstellen. Mit aller
Sorgfalt pflegte der Kanzler eigens für seine
Gäste innerhalb des Poetenwinkels über romantischen
Felsgruppen einen Steingarten, dessen
Schönheit weit über die Mauern des Schlosses
bekannt war und von dessen Einzigartigkeit auch
der bereits genannte Naturforscher und Arzt
Karl Christian Gmelin in Karlsruhe wußte. Nach
dem Namen des hohen Gastgebers hat dieser eine
seltene Pflanzenart benannt und dessen Verdienste
auf dem Gebiet der Botanik damit für
alle Zeiten gewürdigt.

Besonders geschätzt war die wohltuende Stille
des Poetenwinkels von Jacobi. Beim Gedankenaustausch
im engsten Freundeskreis fand er hier
Erholung von seiner Gelehrtenarbeit und neue
Anregung für seine literarische Tätigkeit, betreut
von seiner Gattin, einem einfachen Bauernkind
aus St. Pete'r.

Die Ausführungsbestimmungen des Reichs-
deputationshauptschlusses von Regensburg machten
am Weihnachtstag 1806 diesem schönsten
Abschnitt im Leben des Kanzlers ein Ende. Gern
übernahm ihn die badische Regierung in ihre
Dienste. Zunächst mit der Auflösung des Johan-
niterfürstentums und sodann der Fürstlichen
Benediktinerabtei St. Blasien — und damit auch
der Probstei Bürgeln — beauftragt, sah er sich
bei der eigenartigen staatsrechtlichen Stellung
der Malteser und der großen Anhänglichkeit des
ganzen Breisgaues an das altehrwürdige Habsburger
Kaiserhaus vor schwierige Aufgaben gestellt
. Mit weitgehender menschlicher Toleranz,
nicht zuletzt mit Hilfe des Diktats des Preßburger
Friedens hat er sie — nicht immer zur Zufriedenheit
der Betroffenen — gemeistert. In den
folgenden Jahren finden wir Ittner als Kurator
der badisch gewordenen Universität Freiburg.
Bereichert durch die wertvollen Bücherschätze
der aufgehobenen Klöster und ausgestattet mit
größeren Zuschüssen von Seiten des Staates, begann
unter seiner Tätigkeit für diese im alemannischen
Raum so wichtige Hochschule ein neuer
Zeitabschnitt, von dem der Inhaber des Lehrstuhls
für Geschichte und Vorkämpfer für den
badischen Liberalismus, Karl von Rotteck, später
schrieb: Ein neues Leben erblühte unter den
Söhnen der Albertina, und gereifte Männer teilten
den Enthusiasmus der akademischen Jugend.

Auch während seiner Gesandtentätigkeit in
der Schweiz fand er bald Bekannte und Freunde.
Zu diesen zählte Zschokke. Lange Jahre war er
Mitarbeiter an dessen „Erheiterungen".

Die Ernennung Ittners zum Direktor des Seekreises
1812 riß ihn auch hier aus einer ihm lieb
gewordenen Umgebung. Von neuem wurde er
mit diplomatischen Aufgaben betraut. In der
Zeit, da J. P. Hebel als Prälat die Vereinigung
der Lutheraner und Reformierten zur badischen
Landeskirche miterleben durfte, war Ittner in
Frankfurt Mitglied einer Kommission, deren
Aufgabe es war, die Belange der Römischen
Kurie von jenen des Deutschen Bundes abzugrenzen
. Seine Hoffnung, die Besprechungen
beim Päpstlichen Stuhl in Rom mit zum Abschluß
bringen zu können, erfüllten sich nicht.
Etwas enttäuscht, zog er sich von seinen Ämtern
zurück, und lebte fortan nur noch seinen Neigungen
, seiner Familie und seinen Freunden. In
Konstanz waren dies besonders der Bibliotheksdirektor
von Laßberg und der Bistumsverweser
von Wessenberg. — Der ehemals preußische
Innenminister vom Stein, der ihn auf einer Reise
am Bodensee besuchte, hoffte, ihn als Mitarbeiter
des großen nationalen Werkes, der „Monu-
menta Germaniae" zu gewinnen.

Schwer traf ihn der Tod seines hoffnungsvollen
Sohnes. Von Hofrat Wild aus Müllheim
wurde er schon während seiner Schulzeit zum
Studium der damals aufblühenden Naturwissenschaft
angeregt, und bald nach Beendigung seines
Studiums auf eine Dozenten- und später auf
eine Professorenstelle berufen.

Mit philosophischer Ruhe dem Tod entgegensehend
, schloß Josef Albert von Ittner im Frühjahr
1825 im Alter von 73 Jahren die Augen. An
seinem Grabe sprach für den engeren Freundeskreis
Universitätsprofessor Ecker die Abschiedsworte
. Von Heinrich Schreiber, dem bekannten
Historiker des Breisgaues, wurden seine hinter-
lassenen Schriften gesammelt und herausgegeben.
Unter den Erzählungen sind „Hero und Leander
am Bodensee", „Das Palladium" und „Einsiedeln"
die bekanntesten. Aus allen spricht der heitere
Lebensphilosoph, der Freund der Wissenschaft
und Künste.

Wenn im Juni dieses Jahres die Universität
Freiburg die Feier ihres 500jährigen Bestehens
begeht, so wird auch der Name ihres ersten badischen
Kurators und des letzten Kanzlers der
Johanniterfürsten genannt werden.
-.

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V_J

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