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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-06/0010
Pflichtigen Alkohol entzogen werden könnte,
Gegen 3000 Plomben sind an allen möglichen
Öffnungen und eventuellen Entnahme- und
Schwundstellen angebracht, und alle 3000 wiederum
sind in einem Geräteverzeichnis notiert.
Ein weiteres Objekt der Kontrolle durch Firma
und Zoll ist die Temperierung des Kühlwassers,
denn je kühler es ist, desto höher wird der mit
ihm erreichte Alkoholgrad.

Aber nicht nur die Zubereitung der Ausgangsstoffe
und das Abtreiben des Geistes gehen nach
sorgfältig beobachteten Rezepten der Firma vor
sich. Auch der zweite Teil der großen Beschwörung
der Geister aus dem Wein, aus Kirschen,
Beeren oder Kräutern — die Lagerung des
Destillats nämlich — unterliegt strengen Gesetzen
, die man bei Cusenier im Laufe der Jahrzehnte
gefunden hat. Im Lagern nämlich baut
sich das Destillat aus. Vor einer für jede Sorte
bestimmten und peinlich eingehaltenen Lagerungszeit
darf kein Produkt abgefüllt werden
und in den Verkauf gehen; der freundliche Führer
weiß manchen Fall zu erzählen, wo die Firmenleitung
sich lieber ein Geschäft entgehen
ließ, als daß sie ein nach ihren Gesetzen noch
nicht ausgebautes Produkt zur Abfüllung und
Verkauf freigegeben hätte.

Wichtig, ja ausschlaggebend ist dabei das Material
, in dem ein Destillat lagert und sich ausbaut
. Weiße Schnäpse zum Beispiel lagern bei
Cusenier in glasierten Steingutbehältern. Und
der Weinbrand gewinnt Klärung, Geschmeidigkeit
und Couleur erst, wenn er in einem kühlen
Raum in Holzfässer aus französischer Eiche
(Limousin) kommt und deren Gär- und Farbstoffe
dann jahrelang in sich aufnehmen kann.

Dem Besucher ist noch ein Blick ins Kesselhaus
des Betriebes gestattet, von dem aus der
Wasserdampf zu den Brennblasen geführt wird;
man erfährt auch etwas von der eigenen Brunnenanlage
der Firma und der Kühlwasserregulierung
. Dann führt der Weg durch das Flaschenlager
, an den ovalen Cognacfässern und den
Destillierblasen vorbei in ein kleines Gemach,
dessen Glaswände den Blick in die Destillerie
freigeben. Regale mit Fläschchen, Trichtern,
Reagenzgläschen, kleinen Probierblasen, helle,
nüchterne Flaschenreihen mit Aufschriften — der
Raum sieht aus wie ein Labor, — und ist auch
eines: Hier werden die Daten für neue Versuche
zusammengestellt und die Proben beobachtet.
Für den Besucher aber ist der nüchterne Raum
das Audienzzimmer, darin die vom Meister in
chemisch-physikalischen Prozessen beschworenen
und in die Flasche zitierten Geister des Weines
und Obstes dem Kundigen erscheinen: Fläschchen
um Fläschchen holt der Führer nun aus
den Wandschränken, und hier endet das Fragen
der Besucher; ihre Zungen kosten die Erzeugnisse
, und der Meister des Hauses sagt kein
Wort mehr, sondern beobachtet nur still und verschmitzt
die Wirkungen „seiner Geister". Und
der ersten Probe folgt eine zweite und dritte. Die
verschieden geformten und gefärbten Fläschchen
geben nacheinander ihren Inhalt kund. Und alle
einen Inhalt von nie geschmeckter Köstlichkeit
und wunderbarem Aroma.

Teilansicht der Brennerei - Anlagen Zeichnang: Df. R. Feger

Aus rundbauchiger brauner Flasche rinnt es
bräunlich-golden, und rund ist auch das Getränk,
von tiefem Duft und köstlich mundend: der
„Cusenier-Orange"! Die andere Flasche daneben,
von hellerem Braun, langhalsig und plattgedrückt
, schickt einen aromatischen „Apricot
Brandy" ins Glas. Mildgrün leuchtet die nächste,
deren Bauch erst breit auslädt, um sich dann mit
jäher Kante zum hohen Hals zu verengen; sie
birgt einen erfrischenden Fruchtsaftlikör, den
„Veritable Cherry Brandy Cusenier". Aus einer
weißen Flasche mit langem Hals und zylindrischem
Bauch duftet der hellgrüne „Cusenier
Prunellia". Reif und würzig präsentiert sich in
ähnlichem, doch braunem Gehäuse mit eingezogenem
Hals der „Creme de Cacao ä la Vanille".
Und dann die Krone der Cusenier-Erzeugnisse —
nach des Berichterstatters Geschmack —: der
Aperitif „Le Mandarin", ein kaffeebrauner Likör,
dessen Rohstoffe Mandarinen und bittere Kräuter
sind. Anregend, erfrischend und von milder,
köstlicher Bitternis, bestätigt er den Ausspruch
eines liebwerten zeitgenössischen Philosophen
aus dem Markgräflerland — daß nämlich das
Bittere oft das Süßeste im Leben sei — so sehr,
daß man im Kosten des „Mandarin" diesen Satz
beinahe selbst gefunden zu haben meint, bis man
zu ahnen beginnt, jener kluge Landsmann könnte
vielleicht seinen Gedanken bei einem Gläschen
eben dieses edlen Getränkes gewonnen haben. —
War der Mandarin noch Körper und Geist in
edler Harmonie, so ist der „Alte Weinbrand
Cusenier extra" schon fast nur noch Geist und
entrückt den Genießenden mehr und mehr der
Leiblichkeit.

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