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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-07/0010
dem ich nachtwandlerisch nachgetaumelt bin,
beim Enteilen ein Schmuckstück verloren? Meine
Hand faßt danach. Eine Anstecknadel leuchtet
im fahlen Mondenschein. Eine Inschrift steht im
Halbkreis: si me amas... „Ob du mich liebst?"
Sollte es so heißen auf der schlichten Fibel, die
einst das Gewand einer Römerin zierte? Sollte
so — einst wie heute — die erwartungsvolle
Frage an den erholungsuchenden Fremdling gestellt
sein — si me amas — ob du mich liebst?

Mir, der ich morgen scheiden muß, wird die
Antwort nicht schwer. Aus den fremden Worten
der Ziernadel lese ich nicht nur die Frage,

J. Helm:

„Auf der Sirnitz droben in luftiger Höh',
da lacht mir das Herz, wohin ich auch seh'.
Wie reizend und wonnig ist hier die Natur,
entzückend die Landschaft in Wald und in Flur!"

So schreibt am 22. August 1881 ein Kurgast
aus der Pfalz ins Gästebuch der Gastwirtschaft
auf der Sirnitz, das sich heute im Besitz der
Familie Ernst Weber in Wies befindet. Er ist
einer von vielen, die in Poesie und Prosa ihrer
Bewunderung Ausdruck gaben, wenn sie — von
Badenweiler kommend — dort oben „Labung
und Atzung" fanden.

Und so ist es noch heute: Wer dem Hasten
und Drängen unseres oft allzu geschäftigen Alltages
entrinnen will, hat sich wohl öfter als einmal
schon zum Ziel seiner Fuß-, Rad- oder Auswanderung
jenes Gebiet am Fuße des 1224 Meter
hohen Köhlgarten erkoren, das Mattental, aus
dem der Klemmbach, dem Weilertal zustrebend,
uns entgegeneilt und das wir gewohnt sind,
schlechthin als das Sirnitzgebiet zu bezeichnen.
Wenn heute auch eine gute Landstraße die Anfahrt
erleichtert und wenn zahlreiche Fußwege
das beliebte Wanderrevier erschließen, so gibt es
dort noch das, was der Mensch braucht, um zu
sich selbst zu finden: Ruhe, Beschaulichkeit,
Einsamkeit.

Wir finden den Namen Sirnitz in verschiedenen
Zusammensetzungen: Hohe Sirnitz (1114 m),
Sirnitzköpfle (989 m), Sirnitzsattel und Sirnitzgrund
. Die Endung -itz mutet in unserem Raum
fremd an. Wir können uns hier auf die Namensdeutung
von F. E. Vogt in dem Aufsatz „Vordeutsche
Geländenamen um Badenweiler" (März-
und Aprilheft der „Markgrafschaft", Jahrg. 1956)
berufen, der den Namen wohl mit Recht keltischem
Ursprung zuweist, „ara" oder „arum" bezeichnet
danach einen Wasserlauf, das s davor
dürfte das dazugehörige Geschlechstwort sein.
Zusammen mit dem als Verkleinerungssilbe häufig
vorkommenden „ina" weist der sprachliche
Befund auf einen „kleinen Wasserlauf" hin, der
durch den Klemmbach auch sachlich gegeben ist.
Dazu tritt die Bezeichnung „etia", die, wie wir
bei Vogt lesen, in vielen Parallelfällen einem
vorausgehenden Stammwort räumliche Ausdehnung
verleiht, also einen Landstrich oder ein
Siedlungsgebiet meint. Daraus ergäbe sich in

sondern höre den Ruf: „Wenn du mich liebst.. "
— so fordert's mich mit Macht auf — wenn du
mich liebst mit all meinen Schönheiten, mich,
der dir Erholung und Kraft, Lebensmut und
Freude geschenkt hat, wenn du mich liebst mit
meinen stillen Plätzen inmitten herrlicher Natur,
mit meinen heimlichen Wegen und verschlungenen
Pfaden, wenn du mich liebst mit meinem
heilbringenden Quell und meinem lebensfrohen
Treiben — si me amas — wenn du mich liebst,
dann vergiß mich nicht, dann bleibe mir treu,
dann kehre in naher oder fernerer Zeit zurück
zu mir — nach Badenweiler.

Zusammenziehung der Bestandteile die Kombinationsform
„Sarunetia" mit der Bedeutung
„Wiesengrund am kleinen Wasserlauf", abgeschliffen
zu „Sirnitz". Wo sich ähnlich klingende
Namen finden, sind auch den hier bei uns vorliegenden
Verhältnissen entsprechende landschaftliche
Gegebenheiten da. F. E. Vogt zählt vor
allem Sarnetz, Zarnetz und das Zernez des Enga-
dins auf; vielleicht geht dazu auch Scharnitz in
Österreich am Oberlauf der Isar auf diese
Wurzeln zurück.

Die Verbindung des Namens Sirnitz mit dem
Neuenburger Adelsgeschlecht der Sermenzer
(Zermez, Sernizare usw.), wie sie Huggle in seiner
„Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein"
(1876) andeutet (S. 59) und durch Besitzungen
des Rittergeschlechtes im Sirnitzgebiet zu erklären
versucht, wovon sich der Name auf die
Familie übertragen haben soll, läßt sich nicht
widerlegen. Zweifelhaft aber ist es, ob die oberhalb
von Schweighof in der Nähe der heutigen
Forellenzuchtanstalt in alten Karten eingezeichneten
Ruinen als „Sperre des Klemmbachtales
durch die Sermenzer" gedeutet werden dürfen,
wie es von anderer Seite versucht wurde. Es
scheint näher zu liegen, daß diese Ruinen Reste
der 1720 in Lagerbüchern erwähnten Silberschmelze
sind. „Matten in der Silberschmelze"
werden die Wiesen am östlichen Ortsausgang von
Schweighof genannt, „wo vor Zeiten eine Silber-
schmelzin gestanden".

Nun aber zurück zur Sirnitz selbst. Wie der
keltische Ursprung des Namens vermuten läßt,
haben wir es hier mit einem sehr frühen Siedlungsgebiet
zu tun. In dieser Richtung müssen
wir auch den in noch entlegenere Zeiten zurückweisenden
Fund eines Steinbeils östlich des
Wiedenwaldes (zwischen Kreuzweg und Köhlgarten
) einordnen (vgl. E. Wagner, Fundstätten
und Funde aus vorgeschichtlicher, römischer und
'alemannisch-fränkischer Zeit im Großherzogtum
Baden, Band I, 1908, S. 172). Das dort zitierte
schwarze Steinbeil sei, wie es bei Wagner heißt,
bei der Bohrung zerbrochen, woraus sich schließen
läßt, daß es nicht bei einem Wander- oder
Jagdzug verloren gegangen, also zufällig in diese
Gegend geraten sein kann, sondern von einer
kürzere oder längere Zeit hier weilenden Horde
hergestellt worden zu sein scheint.

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