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Ein treuer Leser der „Markgrafschaft in Buenos
Aires schickt uns nachstehenden Artikel, dem wir
voll und ganz zustimmen:
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wandte sich der Züricher Germanist Prof. Dr.
B o e s c h auf einer Arbeitssitzung des Alemannischen
Instituts. Er sagte, es werde am Hochrhein
eine neue Sprachgrenze sich auftun
, wenn nicht Entscheidendes auf der rechten
Seite des Rheins geschehe. Prof. Dr. A s a 1 von
Freiburg, ein geborener Ettenheimer, wies darauf
hin, daß die Chance, die die Zoneneinteilung
1945 geboten habe, sprachlich nicht genützt worden
sei. Das, Alemannische werde immer mehr
zurückgedrängt. Darin hat Professor Asal durchaus
recht. Leo Wohleb hat, das bleibt eines seiner
Verdienste, sich der alemannischen Sprache
nie geschämt. Sie ist selbst in seinen offiziellen
Reden immer durchgeklungen. Aber wie viele
sind eigentlich in seinen Ministerien seinem Beispiel
gefolgt?
Auch am Rundfunk wurde Kritik geübt,
der „den alemannischen Dialekt so gut wie gar
nicht pflege". Das Letztere scheint uns nicht
richtig zu sein. Das Studio Freiburg bringt sehr
gute alemannische Dialektsendungen, auch größere
Hörspiele von prächtigem Humor. So zahlreich
wie im Stuttgarter Haupt- Sender die
schwäbischen Dialektsendungen sind, scheint uns
das Alemannische im Südwestfunk allerdings
nicht vertreten zu sein. Aber das kommt
eben auch daher, daß bei uns die Schriftsteller,
die Alemannen sind und unsere Mundart in einer
oder in den mehreren Schattierungen beherrschen
, keine so große Zahl ausmachen, wie in
Württemberg die Schwaben, wo jeder an seiner
Sprache zu erkennen ist und auch Schriftsteller
sich ihrer gerne bedienen.
Das neue Schullesebuch enthalte, so wurde in
der Sitzung erklärt, nur einige wenige alemannische
Gedichte und Sprüche. In den Amtsstuben
wird „hochdeutsch" gesprochen, und die Bedienungen
in den Fremdenverkehrsbetrieben wie
das Personal in den Büros, haben, wenngleich sie
aus unserer Gegend sind, eine unüberwindliche
Scheu, alemannisch zu reden. Es wird zur Entschuldigung
gesagt, die Gäste würden das Alemannische
nicht verstehen. In der Schweiz und
im Elsaß verstehen sie es aber, so gut wie in
Bayern das Bayrische, in Schwaben das Schwäbische
verstanden wird. Das Alemannische ist
eben einfach „nicht fein genug". Das ist der
Grund, daß es von den Einheimischen nicht
genug gesprochen wird.
Professor Asal konnte noch mitteilen, daß das
zweite Preisausschreiben zur Gewinnung alemannischer
Theaterstücke einen besseren Erfolg
gehabt habe als das erste. Der erste Preis werde
allerdings wieder einem Schweizer zufallen.
„Ortenauer Rundschau" 14. April 1957
noch beim Anspannen jedesmal unsere Ochsen
fragen, ob sie Lust zum Ziehen hätten!
Der Schneider kannte die Denkart seiner Mitmenschen
und ermahnte den Hans immer wieder
in langen, wohlgesetzten Gesprächen, ja nicht
allein auszugehen. Aber der Hans war eine Persönlichkeit
und liebte eine Einschränkung seiner
Freiheit gar nicht; er ging, wenn er abends seine
Hühnerschar aus dem Grasgarten in den Stall
geführt hatte, noch ganz gern allein in den Gassen
und Gärten spazieren. Und dabei wurde er
oft gejagt und eingefangen und mißhandelt.
Eines Nachts kam er hinkend und mit schöngezackten
weißen Papiermanschetten um den
farbenschillernden Kragen und um die gelben
W ander spruch
Blick nicht zu oft zurück,
verwehte Spur kann narren;
die Weite ist dein Glück,
dort will noch nichts erstarren.
Du bist ein Gast auf Erden,
mach' dich dem Licht vertraut:
Es muß gewandert werden,
bis man den Aufgang schaut.
Die dunkle Nacht wird dräuen,
solang du lebst und liebst —
Kein Tag soll dich gereuen,
da du dein Bestes gibst.
Hedwig S alm
Beine nach Haus, — so wie man auf den Bildern
der Kochbücher das angerichtete Geflügel geschmückt
sieht. Der Blasi erkannte die Drohung,
erklärte sie dem Hans und mahnte zum Daheimbleiben
. Aber der Hans schimpfte nur kollernd
und wollte offensichtlich sagen, er sei ein tapferer
Guller und fürchte sich nicht.
Und das kostete ihm seine Schwanzfedern,
diese prachtvollen grünschillernden Sicheln. Eines
Tages kam er ohne sie in den Hof geschritten,
grollend und keckernd zwar, aber ohne seinen
grünen Schwanz eben. Irgendjemand hatte ihm
die Sicheln ausgerissen. Hans, warum bist du
nicht zu Hause geblieben, sagte streng der
Schneider; wärst du zu Haus geblieben, so hättest
du deinen Schweif noch. Ich kann dir nicht helfen
— wärst du zu Haus geblieben!
Aber das nützte nun nichts mehr: der schöne
Schwanz war weg. Zwar nahm der Schneider den
Hans trotzdem weiter auf seine Morgengänge
mit und die Damen des Hühnerhofes respektierten
den Hans auch ohne seine Schwanzfedern wie
bisher^ Und tagsüber saß der Hans, wenn es seine
Guilerpflichten erlaubten, trotzdem auf dem Torpfosten
vor dem Fenster des Schneiders. Und der
Schneider besprach sich wie vordem mit ihm.
Aber die Meinung des Blasi und wohl auch die
des Gullers über die Menschen wurde durch diese
Geschichte nicht besser und nicht milder. Und
das konnte man schließlich keinem von beiden
verdenken.
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