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Besonnter Rebweg
Ein Weg der Stille und der sanften Hänge
ein Weg des Lichtes und der zarten Klänge,
ein Weg, an deren steinigem Rand
die Traube schläft in seidigem Gewand
den süßen Traum des Sommers, drin ihr Blut
von bernsteinfarb'nem Glanz entgegen ruht
des Herbstes Reife.
Und die Seele hält
den Schritt mir an, und holdes Ahnen schwellt
die enge Brust. Der Augenblick versinkt
im hohen Tag, darüber Gottes Seele- schwebend klingt.
F. Sch.
die Schlußnotiz angibt, und war vom „Oberländer
Boten" nur übernommen worden.
Wer in Lörrach die Bestrebungen zur Bildung
eines Gewerbevereins trug, wird aus einer Einladung
ersichtlich, die im „Oberländer Boten"
Nr. 101 vom 26. 8. 1857 erschien:
Einladung. Lörrach. (Gewerbeverein).
Die Freunde des gewerblichen Fortschrittes der Stadt
und des Amtsbezirkes Lörrach werden hiermit von
den unterzeichneten Bürgern und Handwerkern von
Lörrach eingeladen, sich Sonntags Nachmittags, den
30. August, im Gasthaus „Zum Schwanen" in Binzen
einzufinden, woselbst die Bildung eines Local-
gewerbevereins besprochen und erzielt werden soll,
der sich als Glied dem zu errichtenden Landes-
Gewerbeverein anschließen wird.
In Berücksichtigung der dem Gewerbestand drohenden
Gefahr gegenüber den vereinten Bestrebungen
des Kapitals und der Wissenschaft zu technischen
Erzeugnissen, hat die hohe Staatsregierung die schon
längst sich erhobenen Stimmen von Gewerbsvereinen
und für den Mittelstand besorgten einsichtsvoller!
^ännern richtig gewürdigt und sucht unmittelbar,
und zwar durch die Bildung eines Landesgewerbevereins
, ein Organ zu schaffen, das durch ein dastehendes
Ganze seine Stimme geltend machen
könne und durch ihn die Mittel und Wege finde, die
der Erhaltung und dem Emporblühen des Gewerbestandes
unumgänglich notwendig werden. Die bereits
vorhandenen Statuten eines Landesgewerbvereins, in
denen seine Aufgabe deutlich bezeichnet ist, berechtigen
zur Hoffnung, daß bei hinlänglicher Betheiligung
der im Auge stehende Zweck nicht verfehlt
werden wird, und es dürfte in diesem Falle mit
Sicherheit nicht vergebens auf recht zahlreiche Theil-
nahme der Bezirksbewohner gerechnet werden, da
diese Frage tief in alle bürgerlichen Verhältnisse
einschneidet und ganz besonders wichtig für Eltern
sein muß, deren Nachkommen nicht alle sich der
Landwirtschaft und nicht alle der Wissenschaft
widmen können.
Mit Vergnügen würde man der Vertretung schon
bestehender Vereine entgegensehen.
F. Gutermann. L. Gutermann.
Jb. Wiedmer. J. G. Noll. F. Staub.
L. Kromer. Feldkirchner. Fd. Pflüger.
Die Gründungsversammlung sollte also in Binzen
stattfinden. Man fragt sich, weshalb nicht in
Lörrach selbst. Waren sich die Gründungswilligen
der Resonanz in Lörrach nicht so sicher, wie sie
vorgaben? Und wollte man sich von vornherein
auch stark auf die Gewerbetreibenden der Landorte
stützen? Oder war man sich bewußt, daß
dem Aufruf ohnedies nur ganz bestimmte
Gewerbetreibende Folge leisten würden, für die
Binzen gut gelegen war? Alles Fragen, die offen
bleiben müssen. Die angezeigte Versammlung
indessen fand statt. Der „Oberl. Bote" Nr. 104
vom 2. 9. 1857 berichtet darüber:
Lörrach, 31. August t Gestern versammelten sich
in Binzen, in Folge einer Einladung im „Oberländer
Boten", eine Anzahl Gewerbetreibende von Lörrach
und der Umgebung zur Gründung eines Gewerbevereins
. Mit einer kurzen Ansprache von Seiten der
einladenden Lörracher wurde die Versammlung eröffnet
und nach einer geeigneten Besprechung
stimmte alles dahin überein, in Anbetracht der
obwaltenden Umstände, einen Verein zu bilden, der
sich als ein Glied an den zu errichtenden Landes-
Gewerbeverein anschließen solle. Nach der Beratung
der Statuten wurde zur Wahl des Vorstandes geschritten
, wobei Paul Feldkirchner als Präsident,
Jakob Wiedmer als Sekretär und Ftz. Gutermann als
Kassierer, ferner Leonhard Kromer und Ftz. Staub
als Vorstandsmitglieder gewählt wurden. Die vollständige
Verhandlung nahm nicht mehr als zwei
Stunden in Anspruch, woraus auf eine seltene Einhelligkeit
der Stimmenden geschlossen werden darf,
sowie auch darauf, daß dieses Unternehmen ein zeitgemäßes
und zweckmäßiges genannt werden kann.
Obwohl von Weil, Haltingen, Efringen, Kirchen und
Binzen Mitglieder zugegen, war die Anzahl derselben
doch nicht allzugroß, indessen ist der Zutritt laut
Statuten zu jederzeit ermöglicht und wird daher
heranwachsen und gedeihen, wie es bei Aufhebung
der Versammlung der Vorstand bildlich mit der
Inschrift des Lörracher Stadtwappens bezeichnete:
„Ich bin zwar jung und klein anheute, jedoch aus
Kindern werden Leute". —
In dem beruhigenden Bewußtsein, einen Weg des
zeitgemäßen Fortschritts angebahnt und den ersten
Schritt darauf gemacht zu haben, trat der größte
Theil der Gesellschaft in heiterster Laune den Heimweg
, über Haltingen an und erfreute sich über den
herrlichen Stand der Reben, an denen man vorüber
kam, ohne deren längst gekelterten Saft zu verschmähen
, bevor der Berg überschritten wurde, der
sie wieder in das freundliche heimathliche Thal
zurückführte.
Ob der neugegründete Verein trotz seiner Kleinheit
bei der Gründung und trotz des unbeholfenen
Berichts über den Gründungsakt tatsächlich
den erhofften Aufschwung genommen hat? Daß
ein Gewerbeverein zumindest nützlich war, wird
man nicht wohl bestreiten können. Vielleicht darf
sogar aus der Beschickung von Gewerbeausstel-
lungen der nächsten Jahrzehnte abgelesen werden
, daß der Lörracher Gewerbeverein damals
tatsächlich etwas geleistet hat: Auf der „Gewer-
beausstellung für das Großherzogtum Baden" im
Jahre 1846 war nach Ausweis des Katalogs kein
Lörracher Meister vertreten gewesen, die „Oberbadische
GeWerbeausstellung" in Freiburg im
Jahre 1871 sah unter 673 Ausstellern immerhin
acht Lörracher, und 1880 zeugten auf der Gaugewerbeausstellung
in Schopfheim 39 Aussteller
aus Lörrach für das gewerbliche Können ihrer
Stadt. Man darf annehmen, daß die zur Erhöhung
der Ausstellerziffern treibende Kraft der Lörracher
„Gewerbeverein" gewesen ist. Freilich ist
nicht zu vergessen, daß Lörrach von 1857 an
ständig wuchs und an Gewerbetreibenden zunahm
. 1857 präsentierte sich die Stadt in statistischer
Hinsicht noch so:
„Lörrach: Stadt, 556 Familien, 3397 Einwohner,
2479 evangelische, 747 katholische, 171 Israeliten. Bedeutender
Fabrikbetrieb, vorzüglich die Köchlin'sche
Kattunfabrik, welche das ganze Wiesenthal hinauf
Stühle beschäftigt. Handel mit Landesprodukten,
Holz, Eisen, und die neu gebaute Straße von Haltingen
in das obere Rheintal machen den Ort belebt
und wohlhabend..."
(A. 7. V. Heunisch, Das Großh. Baden historisch-geographisch
-statistisch-topographisch beschrieben. 1857.
S. 692 f.)
B. Gmeiner
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