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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-09/0015
Schluß des Jahrhunderts
vollendet. Sie ist Komödienfigur
für sich selbst
und Gestalt der Tragödien
dieser unglücklichen
Stadt. Sind nicht alle
diese Kapitel Spiegel, aus
denen wir uns selbst ansehen
? Es ist das Jahrhundert
von Bach, Händel
und Mozart, wie das
des ringenden Beethoven.
Newton erforscht die Gesetze
der Natur; Leibniz,
Herder und Kant errichten
ihre Gedankengebäude
; Rousseau ruft zum
großen Umsturz; Pestalozzi
erhebt die Liebe zur
formenden Kraft. Klop-
stock, Lessing und Hölderlin
, Schiller und Goethe
und der gemüt- und kraftvolle
Johann Peter Hebel
reißen die Seelen hoch
aus dem Umklammernden
und verklären ihren
Kampf; Defoe schreibt seinen
Robinson, Voltaire
will mit seiner Ironie alle
künstliche Farbe vom Bild
des Menschen weglaugen.
Es ist die Zeit Friedrichs
des Großen, Maria Theresias
und der unglücklichen
Marie Antoinette.
Es ist die Zeit des Hoch-
Barock und des Rokoko.
Casanova flieht 1756 aus

den Bleikammern Venedigs. Cook entdeckt zwölf
Jahre später unbekannte Länder und Inseln;
der Luftraum wird dem Menschen erschlossen
. Auch das liegt in der Linie des Jahrhunderts
, daß man in Heidelberg das große Faß
baut; daß Johann Maria Farina sein Kölnisch
Wasser destilliert, mit feinem Duft zu umhüllen,
was anrüchig ist. Könnte es anders sein, als daß
gerade in diesem Zeitraum Freiherr von Knigge
seinen „Umgang mit Menschen" schreibt? Und
führt uns nicht dieses zu unserer notbeladenen
Stadt am Rheine zurück?

Sie schenkt dem Jahrhundert einen Kanzleiverwalter
Klein, einen Schultheiß Leyle, einen
verzweifelnden Bürgermeister Weiß, einen Abbe
de Wert. Auch sie sind Farben im Gemälde,
Lichter in der Composition, vielleicht Schatten
und Gegenwerte der Großen, Figuren der
menschlichen Tragödie, in der auch wir mitspielen
, unsere Brüder.

Abbe de Wert verstand es, sich allein mit
seiner „gelben" Sackuhr und seinem vielleicht
attraktiven „Frauenzimmer" einen vornehmen und
bedeutenden Anstrich zu geben. Einen Freund
fand er in Klein, der durch ihn seine Stellung zu
festigen und sein bedrohtes Brot sich zu sichern
hoffte, denn er hatte acht Kinder zu verhalten.

Beim „Znüni" in den Reben

Holzschnitt von Rudolf Warnecke

Es träumt sich auch immer gut von einem Sieg!
über seine Feinde, der in diesem Falle noch mit
kaiserlichen Ehren daherschreiten müsse. Klein
war ein guter Psychologe und fiel doch auf die
plumpen Angaben de Werts herein, vielleicht
gerade deswegen. Klein war schon etwas angejahrt
, die verblichene Schönheit blendete seinen
Blick für die Perspektive der Jahre*

(Fortsetzung folgt)

//©ctjleljen im Oberlar^ ..

Nun, da der Sommer zur Neige geht, werden
die Vogelbeeren und Pfaffenhütchen rot, die
Holunderbeeren schwarz und die Schlehen blau.
Uberall, im „Unterland" wie im „Oberland",
kann man jetzt an Hecken .und Halden den von
einem zarteh weißen Reif überzogenen dunkelblauen
Schlehen begegnen. Sie gleichen kleinen
Pflaumen. So verlockend sie aussehen: Wer
hineinbeißt, wird den Mund verziehen. Sie
schmecken herb und sauer. Laßt aber den Frost
über sie hingehen und kostet sie dann wieder!
Nun haben sie ihre Säure verloren.

Freilich im „Unterland", wo es im Herbst
süße Trauben gibt, da kümmert man sich wenig
um die Schlehen. Anders ist es in karger, hoch-

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