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gelegenen Gegend, wo es keine Trauben gibt,
und wo auch das Obst rar ist. Da ziehen die
Kinder mit Säcklein hinaus zum Schlehensam-
meln. Die Früchte werden wohl verwahrt und
kommen im Winter in die, Ofenröhre. Sie gehören
zum Schwarzwälder Ofen. Das Schlehenschmausen
aus der Ofenröhre ist eine rechte
Winterfreude für die Kinder im Schwarzwald.
Auch Schlehenwein und Schlehenschnaps gewinnt
man im „Oberland" aus den blauen Früchten
. Der Busch, an welchem die Schlehen reifen,
ist der Schlehdorn, der auch Schwarzdorn genannt
wird. Es ist ein knorriger, dorniger, viel
verästelter Busch. Er sieht so aus, als wäre er
dazu da, Sturm und Wetter eisern zu trotzen.
Wenn der Herbststurm durchs Land braust, dann
flüchten die welken Blätter in den Dornbusch.
Später kommt der Schnee mit seiner schweren
Last. Wie eine große Haube sitzt ihm der Schnee
auf dem Kopf. Tief drinnen im Busch sitzt, gegen
Frost und Schnee geschützt, dicht gedrängt eine
Schar Vögel. Er bietet ihnen ein wohlgeschütztes
Nachtquartier. Im Lenz und Sommer sind unsere
gefiederten Freunde und Ungeziefervertilger
nicht minder froh um den Schlehbusch. Die Dornen
des Busches halten das Raubgesindel ab.
B.
„Die Markgrafschaft"
Monatszeitschrift des Hebelbundes
stellt die Verbindung zwischen den Hebelfreunden in der
Heimat und in der Ferne dar. Wer sie abonniert, hilft
dem Hebelbund bei der Erfüllung seiner vielen und»
schönen Aufgaben.
Einzelheft.......DM -.50
Halbjahresabonnement = 6 Hefte DM 3.—
Jahresabonnement für 12 Hefte . DM 6.—
Bestellungen nach auswärts oder
ins Ausland Porto zusätzlich.
Bestellungen nimmt jederzeit entgegen:
Hebelbund Müllheim (Baden)
C
Neues Heimatschrifttum
Zwei neue Heimatbücher liegen vor mir — unterschiedlich
im Inhalt und in der Form der Darstellung,
unterschiedlich auch sowohl in der Stärke als auch im
Preis. Aber das sind eigentlich nur Äußerlichkeiten, denn
eines ist beiden gemeinsam: es ist die gleiche Liebe zur
Heimat, die die Verfasser hinausführt aus der Enge ihrer
Studierstube in den weiten, reichen Raum des Mark-
gräflerlandes und hineinzieht in den Bannkreis des dem
Laien geheimnisvollen, dem Kundigen jedoch sich allmählich
und zögernd öffnenden Wesens und Werdens
einer Stadt- bzw. einer Dorfgemeinde, die ihnen auf
irgendeine Weise lieb und wert geworden ist. Es sind die
Bücher von Albert Eisele, der sich mit Kandern befaßt,
und von Ernst Scheffelt, der seine Aufmerksamkeit der
Gemeinde Britzingen zuwendet. Beide Autoren sind den
Lesern der „Markgrafschaft" nicht unbekannt. Mit umso
freudigerer Bereitschaft sollen daher ihre neuesten Veröffentlichungen
dem Kreis der Heimatfreunde nähergebracht
werden.
Albert Eisele nennt sein Büchlein, das bereits vor
Jahresfrist erschienen ist, im Untertitel „Bilder aus der
Geschichte der Stad Kandern". Schon dieser Zusatz
unterstreicht die Tatsache, die der Verfasser auch in
seinem Nachwort noch einmal betont, daß es sich nämlich
lediglich um Auszüge aus der Stadtgeschichte handelt
, deren ausführliche Bearbeitung — dann auch mit
genauen Quellenhinweisen — wohl noch zu erwarten
ist. Trotz dieses konzentrierenden Vorgehens erreicht
A. Eisele ein verhältnismäßig geschlossenes Bild, das
dem Bedürfnis des heimatverbundenen Menschen nach
kurzer und knapper Orientierung über Ursprung und
Entwicklung seines Heimatortes genau so entgegenkommt
wie dem Wunsche des Neubürgers oder auch des
Ortsfremden, Wesentliches aus Vergangenheit und Gegenwart
seines dauernden oder vorübergehenden Aufenthaltes
zu erfahren. Denn die 1871 erschienene „Chronik
von Kandern" von Karl Mehrer ist ja schon längst
vergriffen und durch den Fortschritt der wissenschaftlichen
Forschung auch vielfach überholt.
Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis läßt ohne weiteres
den Schluß zu, daß hier auf kleinstem Raum doch die
Kernpunkte des Heranwachsens Kanderns von den Anfängen
in wohl keltischer Zeit bis zu der durch ihren
Gewerbefleiß und ihren modernen Strebungen stets
offenen Sinn gekennzeichneten Stadt herausgegriffen
worden sind. Und wenn man das eine oder andere
Kapitel genauer liest (der Rezensent hat sie alle gelesen
und das nicht nur einmal, denn sie sind es wert auch für
den Nicht-Kaderner!), so hat man das sichere Gefühl,
daß hier jede Zeile, jedes Wort, jeder Name und jede
Zahl mit minutiöser Genauigkeit aus dem im Literaturhinweis
aufgeführten ungedruckten und gedruckten
Quellenmaterial herausgezogen worden ist. Selbst dort,
wo der Verfasser auf Vermutungen angewiesen ist,
erkennt man, wie er um eine stets sachliche Stellungnahme
bemüht bleibt.
Besonderes Interesse verdienen die Abschnitte des
Buches, die sich mit dem alten Eisenwerk, dem Hafner,
Keramiker und Ziegler, den Märkten und den Kander-
ner Brezeln beschäftigen, denn in ihnen werden Ereignisse
und Erzeugnisse besprochen, die über den Rahmen
der Stadt hinausgreifen und Kandern nicht nur im
Markgräfler Raum, sondern im badischen Land und noch
darüber hinaus bekannt gemacht haben. Aber auch die
geschichtlichen Teile des Bändchens, die sich. mit den
Anfängen der Siedlung, dem „Jahrhundert der Kriege"
und den Revolutionsjahren 1848/49 befassen, geben
Kunde von Wehr- und Ehrbarkeit der Einwohner und
den Schicksalen der Landschaft, die es verdienen, festgehalten
zu werden.
Letztlich wären noch die Illustrationen zu erwähnen,
die neben dem dichterischen Gruß Karl Berners dem
Büchlein einen anheimelnden Rahmen geben. Die Federzeichnungen
von Dr. F. Fischer und Julius Kibiger und
die Wiedergabe eines Glattacker'schen Gemäldes mögen
an Lebenskraft die Photographien übertreffen; aber was
Feder und Pinsel nicht fassen können, kann doch durch
die Linse des Photoapparates mit großem Vorteil festgehalten
und dem Wort des Heimatforschers erläuternd
zur Seite gestellt werden.
Kandern und das Markgräflerland dürfen dem Manne
dankbar sein, der in mühevoller Kleinarbeit dem Leben
abgelauscht hat, was uns allen zu wissen von Gewinn
und zu wahren Pflicht ist.
*
Die „Geschichte der Gemeinde Britzingen mit Dattingen
, Muggardt und Güttigheim" von Dr. Ernst Scheffelt
wendet sich gleichfalls nicht nur an die im Titel aufgeführten
Ortschaften und Ortsteile, sondern greift —
mehr noch als das vorbesprochene Buch — hinaus in
den Bereich der ehemaligen Herrschaft Badenweiler,
bringt wesentliche Begebenheiten aus der Geschichte des
Markgräflerlandes und läßt den Fluß der Landes- und
Reichsgeschichte immer wieder hereinfluten in die Bezirke
der engeren Heimat und des Heimatdörfleins.
Mancher Einheimische und mancher Kurgast wird dankbar
sein, wenn er hier Gelegenheit bekommt, sich über
das Ineinandergreifen staatspolitischer Geschehnisse und
lokaler Verhältnisse informieren zu lassen. Die Breite,
die der Verfasser solchen Darstellungen zuweilen einräumt
, wird jedoch nicht auf Kosten der Tiefe erreicht,
denn auch dieses Heimatbuch läßt eine feste Fundierung
im Quellenmaterial erkennen. Man wäre seitens anderer
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