Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-10/0007
schroff fügte er dann noch hinzu, daß er nun zu
den Verwandten nach Haagen ginge, um ihnen
das neue Jahr anzuwünschen, wie sich das so
gehöre, er sei daher zum Mittagessen heute nicht
da. Damit schlug er zum zweiten Male auf die
Tischplatte, das war zugleich Bekräftigung und
Abschied.

Chätterli wußte, daß sie jetzt nicht mehr
entgegnen durfte, so gern sie ihn zurückgehalten
und davor gewarnt hätte, den Jahresanfang "allzu
kräftig mit Wein zu begießen, denn sie kannte
ihren Matthias, der gerne bei einem Glas Wein
lange sitzen blieb und die größte Gesellschaft
mit seinen Einfällen zu unterhalten verstand.
Aber sie sagte nichts, als daß er das Heimgehen

von ihrem Plan abzüraten, da ja der Vater, wie
sie wisse, es gar nicht schätze, aus der Wirtschaft
oder einer gemütlichen Tischgesellschaft
abgeholt zu werden. Aber die Mutter lamentierte
ob ihrer bangen Ahnungen, und so stand denn
der Matthis auf, den Vater zu suchen. Chätterli
konnte ja den kräftigen Burschen wohl bei der
Nachtzeit schicken, der würde sich jedes Unholds
erwehren können.

Mitternacht war vorüber und weder Matthias
alt noch jung waren zurück. Mutter Chätterle
aber betete und weinte, weinte und betete. Endlich
gegen ein Uhr kam der Bub wieder zurück,
aber allein, und berichtete, er sei bei Götti Jerg
gewesen, den er freilich erst habe wecken müs-

\

c

r

Der Reggenhag bei Müllheim

Federzeichnung von F. Fischer

nicht vergessen und Grüße an die Verwandten
bestellen möge. Flachsland, fest entschlossen,
sich aus Anlaß seines Entschlusses für den
Matthisli, also sozusagen einer Taufbestätigung,
in Haagen einen ersten guten Tag im Jahr zu
machen, stand vom Tisch auf und ging durch
den rauhen Winterwind Haagen zu.

Es wurde Abend und wurde Nacht — und
Vater Matthias war noch nicht zuhause. Der
Wächter rief die zehnte Stunde aus mit der
Aufforderung, sich zu Bett zu legen, aber das
Chätterli konnte es nicht und schickte ihren
Matthisle, der gähnend neben ihr saß, in seine
Schlafkammer. Als aber der Nachtwächter elf
Uhr blies und sie noch immer bei spärlichem
Licht allein in der Stube saß, da hielt sie es
nicht länger aus und weckte ihren Buben wieder
, er solle doch aufstehen und zu Haagen nach
dem Vater fragen gehen, ob er etwa dort bei
einem Verwandten zur Nacht geblieben sei.
Schlaftrunken, wie der Matthisli war, mußte er
sich erst wieder zurecht finden und begann
dann, seiner Mutter tröstlich zuzusprechen und

sen, und der habe ihm gesagt, der Vater sei
etwa gegen zehn Uhr von seinem Hause aufgebrochen
in der Absicht, heimzugehen, sie hätten
mit den anderen Verwandten zusammen übrigens
einen recht heiteren Tag gehabt und gerade
der Matthias sei bei bester Laune gewesen, und
man habe wohl auch ein Gläschen oder zwei
getrunken, aber nicht zuviel. Chätterli, die wohl
wußte, daß nur der Alkohol ihren noch kräftigen
Mann übermannen konnte, erschrak sichtlich
über diesen Bericht und schickte den Matthisli
wieder zu Bett, indes sie zwischen Wachen und
Einnicken, Weinen und Beten auf der Kunst die
restlichen Stunden der Nacht verbrachte. Spät
trug ein kalter Morgen sein erstes trübes Licht
in die Stube, und Chätterli fröstelte, da der
Ofen kalt geworden war. Sie hörte das Vieh im
Stall brüllen, weckte den Matthisli, daß er den
Kühen Futter gebe, weil der Vater noch nicht
zurück sei, und während sie sich ihren Melkschurz
umband, sah sie zum Fenster hinaus und
nahm zwei Männer gewahr, die einen dritten,
anscheinend Leblosen, ihrem Hause zu trugen.

5


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-10/0007