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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-10/0012
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Still verblüeiht die letzti Rose,
tief im Cheller gährt der Most,
müed keit 's Laub uf Feld un Stroße,
d' Wetterfahne gahrt im Rost

Herbst isch's worde. Jede Dolde,
jedi Hurst un jede Nast
isch am Färbe un Vergolde,
stoht verklärt im Sunnechlast.

Ahorn stöhn in geele Gwänder,
d' Birebäum im Purpur do,
d' Wälder webe Farbebänder,
un im Gold siehsch d' Rebe stoh.

's goht e Gheimnis in de Wälder,
in de Matte, hintrem Haag;
in de Fuure uf de Felder
otmet scho der Ostertag.

Fritz Wolfsberger

Ischiasreißen, unter dem Karl vom und zum Stein
aufgeschrien hätte, wenn er weniger beherrscht
gewesen wäre. Er packte den Krückstock und sah
seinen bedeutendsten Gegner, Heinrich Christian
Kurt, den Grafen von Haugwitz, der mit dem
Geschmeiße seiner Hintermänner als Kabinettsminister
Friedrich Wilhelms III. Zaudererpolitik
betrieb und fortgesetzt zu Napoleon hinüberäugelte
.

Die Gedanken des Fahrenden empörten sich.

Sie, die Mausäugler und Knirpse, nennen mich
einen Jakobiner. Ich weiß es. Doch — ich bin
kein Revolutionär. Ich will erneuern, dem Napoleonismus
, diesem Aufkläricht einer Despotie,
den deutschen Gegensatz schaffen. Er kann nur
preußisch bestimmt sein. Jena und Auerstädt
waren notwendig. Ich will nichts als dies: der
Nation einen sittlichen, religiösen, vaterländischen
Geist wecken, ihr Mut und Selbstvertrauen
einflößen, sie bereitwillig zum Opfer zu machen!

Längst waren die Umrisse der kleinen Stadt
näher gerückt, und eben tauchte rechts der Landstraße
das Gasthaus zum Schwarzen Bären auf,
vor dem eine Reihe stattlicher Kutschen stand:
da stockten die reichsfreiherrlichen Pferde, der
gutgebaute Wagen hielt und legte sich auf die
Seite, so daß Stein fluchte und verzweifelt den
Krückstock umklammerte. Doch Fritz Wendt, wie
der Kammerdiener hieß, stand am freien Wagenschlag
, währenddem der Kutscher abgesprungen
war, die Pferde beruhigte und feststellte, das
rechte Hinterrad habe sich gelöst und liege ein
Stück rückwärts, und schnell war der Kutscher
neben dem Kammerdiener, dem fluchenden
Herrn aus der schmerzenden Lage zu helfen. Bei
dessen heftigem Wesen war das nicht leicht,
gelang jedoch so, daß der Reichsfreiherr schließlich
aufrecht an seinem. Stock stand, sich aus dem
Wagen den grauen Zylinder geben und aufsetzen
ließ und das tat, was solchen Gelegenheiten
gegenüber hilft: er schluckte Zorn und
Schmerz, lachte und meinte, das Omen sei zwar
böse, gut darin aber, daß der Wagen sich erst
nahe einer Kneipe selbständig gemacht habe;
dort wolle er — unbekannt — warten, bis die

Kutsche wieder flott sei; es tue not, sich zu eilen;
die Majestät, die ihn aus Nassau hierhergebeten
habe, warte!

Stein humpelte am Stock dem Schwarzen
Bären zu und wies den Kammerdiener, der ihn
begleiten wollte, zurück: er solle dem Kutscher
helfen.

So ging er allein, und da das Wegstück zum
Gasthofe ihn zehn Minuten beschäftigte, blieb
ihm Zeit, zu bedenken, was geschehen war, nachdem
er dem König, sobald er das Berliner Amt
übernommen, seine Reformschrift vorgelegt und
mit erneuerungswilligen Kräften der Verwaltung
gegen die verharrenden Geheimschreiber eine
grundlegende Änderung gefordert hatte.

Jedes Wort war ihm gegenwärtig.

Er war nicht gewillt gewesen, Unfähigkeit,
trägen Schreibstuben - Stumpfsinn bisheriger
Staatslenker zu decken, hatte dagegen, als nach
Jena und Auerstädt der König und die Königin
Memel aufsuchen mußten, den Staatsschatz mit
nach Danzi'g genommen, der Regierung demnach
die Mittel gerettet, den Kampf fortführen zu
können.

Er bedachte es genau.

Dann hatte der König ihn gebeten, an Haug-
witzens Stelle die Außenpolitik zu führen; er
hatte sich geweigert, weil die Grundbedingung
der Reformschrift — der König dürfe sich künftig
nicht dort Rat holen, wo er wolle — unerfüllt
geblieben war.

Der Ischiasnerv schmerzte wie nie; aber Stein
humpelte dem Schwarzen Bären zu und bedachte,
wie unerhört es für preußische Begriffe gewesen
sei, als Beamter ein Amt auszuschlagen und dazu
noch eines der Beförderung!

Ich trat nicht aus dem Dienst, rechtfertigte
die Stimme des Gewissens sich beim mühseligen
Schreiten, erklärte mich vielmehr ausdrücklich
bereit an anderer Stelle mitzuarbeiten, erschien
mir für den vorgeschlagenen Posten nur ungeeigneter
als Hardenberg, den ich dem König
benannte. Und dann verlangte die Majestät von
mir, dem französischen Hofhalt Gelder auszuzahlen
, die ich als zuständiger Minister nicht
bewilligt, er dagegen zugesagt hatte. Ich weigerte
mich, und sofort — unterm dritten Januar 1807
— erhielt ich jene Kabinettsorder, die mich einen
widerspenstigen, trotzigen, hartnäckigen und ungehorsamen
Staatsdiener nennt, der, auf sein
Genie und seine Talente pochend, weit entfernt
das Beste des Staates vor Augen zu haben, nur
durch Kaprizen geleitet, aus Leidenschaft und
persönlichem Haß handle!

Blitzartig erlebte Stein noch einmal den
Königsberger Augenblick — dorthin war er von
Danzig aus gefahren, sich baldigst nach Memel
an den Hof begeben zu können — in welchem
er das schnöde Schreiben erhielt. Sofort hatte er
seine Entlassung aus dem ihn diffamierenden
Staatsdienst gefordert. Die Königsberger Wochen
einer peinlichen, nicht ungefährlichen Lage tauchten
auf, außerdem die, welche ihm die Heimkehr
nach Nassau ermöglicht und ihn dort eine neue
Denkschrift über den Wiederaufbau des Vater-

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