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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-10/0016
dazu entlehnet und das Haus dafür verpfändet;
und was ist es für ein Haus! Zwar eines der
besten in Neuenburg, aber ein Zimmer und drey
kleine Winkel, samt einer Kuchel machen alles
aus. Und die Meubles! ja die Meubles! Ich habe
nichts gesehen, als die nackte Wand, einige
schlechte Stühle, Tische und Bettstatt, nicht einmal
eine Kommode oder Kasten, wo man ein
Kleid oder Weißzeug hätte versorgen können.
Wie der Proponent das Ding vorträgt, hätte r^an

glauben sollen, nicht nur viele, sondern auch
kostbare Meubles anzutreffen."

Der meistgehaßte Mann aber ist der Waldmeister
Engist. Der Grund hierfür war, „daß er
ihm und der Frau von Wagenfeld allerhand
Schimpfnamen gebe. Ich solle ihm das Stillschweigen
auferlegen, oder er werde selben
durch seine Freunde in Wien eine Wallfahrt nach
Altbreysach, nemlich ins Zuchthaus, basteilen
lassen." (Schluß folgt.)

Im Markgräflerland vor hundert Jahren (15)

y/<3o\)t er nit toie Baumöl i... /

Markgrafler Wein und badischer Weinhandel im Oktober 1857

Der alte Johann Peter Hebel möge dem Chronisten
verzeihen, daß er eine der meistzitierten
Zeilen aus seinen alemannischen Gedichten hier
noch einmal wiederholt. Nicht als ob dem Chronisten
keine andere Uberschrift eingefallen
wäre —! Er hat sich indessen gerade zu dieser
Uberschrift entschlossen, weil zum ersten jener
Markgräfler Journalist vom Oktober 1857, dessen
Bericht nachher vorgeführt werden soll, die
Hebelzeile verwendete und für den Markgräfler
Wein des Jahres 1857 keine bessere Bezeichnung
fand, — und weil dem köstlichen Gewächs der
Markgrafschaft auch wirklich zusteht, daß man
es mit ebenso köstlichem Dichterwort und nicht
mit irgendwelchen profanen Ausdrücken benamst
und lobt.

Nun aber zu den Dingen selbst — und das
heißt zum Wein. Wie stand es mit dem Herbst
vor hundert Jahren? Hören wir einen Vorbericht
aus Müllheim, dem Hauptort des Markgräfler
Weinlandes:

„Müllheim, den 5. Oktober.

Die Weinlese in unserer Gegend wird noch, wenn
nicht anhaltendes Regenwetter — wozu es heute bei
niederem Barometerstand den Anschein hat — dies
hindert, im Laufe dieser Woche beginnen, das Einheimsen
in den besseren Lagen aber erst in der
nächsten Woche stattfinden. Soviel sich jetzt schon
mit Bestimmtheit voraussehen läßt, wird der neue
Wein jedenfalls sehr gut und neben dem 1811er,
1822er und 1834er den ersten Rang unter den Weinen
dieses Jahrhunderts einnehmen. An manchen
Orten hat es auch wegen des Herbstes harte Kämpfe
gegeben, weil ein großer Teil der Rebbesitzer immer
noch nicht einsehen will, daß das Spätherbsten das
Produkt bedeutend verbessert und dasselbe überhaupt
für einen größeren und ausgebreiteteren
Markt mehr tauglich und brauchbar macht. Sie
hängen noch zu sehr an den althergebrachten Gewohnheiten
, welche für sie maßgebend sind. Der
intelligentere Teil aber ist eifrig bestrebt, durch
Verbesserung der Rebanlagen, durch möglichst langes
Zuwarten mit dem Herbsten, und endlich durch
strenges Sortieren der einzelnen Traubensorten dem
Markgräfler diejenige Geltung zu verschaffen, welche
ihm gewiß als einem der gesundesten und angenehmsten
Weine gebührt, und die er weit und breit
schon hat... (So)... darf der Landmann am heurigen
Ernte- und Dankfest getrost zu seinem Schöpfer
beten: ,Herr, Du hast alles wohl geraten lassen!' "

(Oberl.Bote Nr. 120 v. 9.10.1857)

In der nächsten Nummer des „Oberländer Boten"
meldet sich die Gegend unmittelbar südlich von
Freiburg zu Wort:

„Vom Oberland, den 10. Oktober.

Wenn man die Rebberge von Ebringen, Pfaffenweiler
und Wolfenweiler begeht, ist es eine wahre
Pracht, die so herrlich gesunden und alle so gleich
reifen Trauben da hängen zu sehen; dennoch wird
mit der Weinlese in diesen Rebhergen noch einige
Tage zugewartet. Denn hinsichtlich des Spätherbstens
herrscht in diesen Gemeinden zwischen den
Vorgesetzten und den Rebenbesitzern eine solche
Einigkeit, wie man sie nur selten findet. Hierfür
werden aber die Rebenbesitzer dieser Gemeinden
reichlich belohnt, denn sie erfreuen sich nicht nur
eines raschen Absatzes, sondern ihre Weine werden
bevorzugt und immer sehr gut bezahlt. Anders findet
man dies in Kirchhofen. Die weitaus größere
Mehrzahl der Rebenbesitzer wollten die Trauben
schon Ende September heimgebracht wissen und
nur mit Mühe konnte der Bürgermeister mit nur
wenigen verständigen Weinproduzenten diesen Hang
zum Frühherbsten bis zum 8. ds. Mts. hinhalten, wo
sodann die Lese angefangen wurde. Bei dem gesunden
Stande der Trauben war dies immer noch zu
früh und wird sich bei Vergleichung der Weine und
ihrer Preise seiner Zeit zeigen.

(Oberl.Bote Nr. 121 v. 12.10.1857)

Und nun hinauf in die südlichsten Weinbaugebiete
des badischen Oberlandes, ins Wiesental.
Es ist mittlerweile zehn Tage später geworden:

„Aus dem Wiesental, 21. Oktober.

Unser 1857er Herbst ist eingetan, und der Federweiße
, nicht weniger als vor ihm Most und Trauben,
läßt Gutes von sich erwarten. Was sage ich, erwarten
? Nein, er erfüllt bereits unsere Erwartungen,
und rumort nicht nur in bester Form in Keller und
Faß, sondern verkündet auch aus jubelnder Gaststube
, in Gassen und auf Landstraßen, zwar nicht
überall mit beredtem Munde und geläufiges Zunge,
aber doch in unzweideutigen Tönen und Gebärden
das Eigenlob seiner Kraft und Süßigkeit, ja, manch
sonst solides und nüchternes Bäuerlein haben wir
schon auf der Landstraße angetroffen, welches in
klagenden Anreden, selbst unter Tränen zürnender
Anklage, dennoch dieses heimtückischen, verräterischen
Freundes Lob verkündete. Und in der Tat,
der klassisch gewordene Ausdruck Hebels: „Goht er
nit wie Baumöl i!" leidet auch heuer seine volle
Anwendung. Wenn auch einzelne Gastwirte in
edlem Opfersinn für das Publikum einen heroischen
Anlauf genommen haben, uns wieder einmal mit
dem hierorts fast verschollenen Sechserwein überrascht
und erfreut haben, so haben doch andere sich
noch nicht zu solcher edelherzigen Ansicht erheben
können, oder sind halben Weges zum Guten stehen
geblieben, so daß sie nur mit Achter oder Siebener
aufwarten. Wenn freilich die Preise, wie zum Beispiel
in Weil, auf 26 bis 27 fl. bleiben sollten, so
dürfte man es diesen Biedermännern nicht übelnehmen
; aber es gibt ja auch an anderen Orten zu
18 bis 20 fl. zu kaufen, und dieses Jahr darf man

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