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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-10/0017
auch ein Gewächs geringerer Lage einlegen, es ist
immer noch ein feines Tröpflein. Unsere Nachbarn,
die Basler, zeigen aber von jeher eine solche entschiedene
Anhänglichkeit an unseren Landsmann,
den Markgräfler, und zwar versteht sich — besonders
an ihren nächsten Nachbarn, den Weiler, worin
sie allerdings keinen schlechten Geschmack verraten
— daß in Weil in der Regel anfangs rasch
und zu hohen Preisen verkauft wird. Doch, wie
gesagt, dieses Jahr muß es nicht gerade Weiler und
Grenzacher sein, und auch hier werden uns die
Nachbarn noch etwas zu eigenem Frommen übrig
lassen. So fortgehen darf die Ausfuhr freilich nicht;
denn aus ziemlich sicherer Quelle wird mitgeteilt, daß
über Leopolshöhe bereits nahezu 2000 Ohm ausgewandert
sind. Sei dem übrigens, wie ihm wolle, es
ist in dieser Hinsicht in unserem Markgrafenlande
gut Hütten bauen, und nicht zu verwundern, wenn
die einmal da Eingebürgerten und Eingewohnten so
ungern zum Wanderstabe nach anderen Zonen
greifen." (Oberl. Bote Nr. 127 v. 26.10.1857)

Natürlich wird der Schreiber dieses Berichtes
mit denen der beiden anderen nicht identisch
gewesen sein. Aber trotz aller Verschiedenheit,
die aus Charakter und Schreibgewandtheit dieses
oder jenes Zeitungsmannes dem betreffenden
Berichte aufprägen, — diesem Wiesentäler
Bericht ist ein ganz besonderes Feuer, eine ganz
besondere Lebendigkeit eigen. Wo soll die Ursache
dieser Beseeltheit anders gesucht werden,
als in der Tatsache, daß der Schreiber aus dem
Wiesental sich selber erst mit Hilfe des zu preisenden
1857ers in die nötige Stimmung versetzte
! Kein Zweifel: der Markgräfler des Jahres
1857 muß hervorragend gewesen sein — selbst
wenn man den Inhalt , des Artikels als eine Art
Eeklame ansehen wollte, so bewiese doch der
beschwingte Stil in seiner Eleganz und Lebensnähe
noch heute, daß jener 1857er zu den besten
Weinen des Jahrhunderts gezählt haben muß.

Der Chronist hat zu seinem Leid keinen
Tropfen besagten berühmten Jahrgangs neben
dem Schreibzeug stehen und auch keinen aus
späteren Jahren. So wendet er sich denn auch in
seinem Bericht wieder nüchternen, trockenen
Dingen zu: Den Weinpreisen und dem Weinhandel
des Jahres 1857; der Korrespondent aus
dem Wiesental hat ihn mit seiner ironischen
Verbeugung vor der Menschenfreundlichkeit der
damaligen Wirte darauf gebracht: Wie teuer der
Wein da oder dort verkauft wurde, war durch
die Zeitungen sehr bald auch anderswo bekannt.
In Nr. 20 (vom 9.10.1857) des „Oberl. Boten"
stand da grundsätzlich zu lesen:

„Die ,Breisgauer Zeitung' enthält an der Spitze ihrer
jüngsten Nummer folgendes: *

An sämtliche Herren Ortsvorstände
der Weingegenden unseres Landes!

Die tägliche Bekanntmachung
der laufenden Weinpreise betr.

Freiburg, 7. Okt. Die Weinlese hat in unserem
ganzen Lande begonnen, und ist an manchen Orten
bereits vollendet. Wir sind bereit, die Weinpreiszettel
über die jeden Tag aller Orten
abgeschlossenen Käufe gratis in unser Blatt aufzunehmen
, wenn uns dieselben franko zugesendet
werden. Der Preiszettel kann enthalten:

1. Das Quantum der abgeschlossenen Käufe.

2. Der Preis per Ohm und die Qualität.

3. Das Gewicht nach der Oechsle'schen Waage.

Wir brauchen nicht erst aufmerksam zu machen,
welchen Vorteil diese tägliche Veröffentlichung der
laufenden Preise für jeden Weinort hat, und daß

diese Preiszettel als Surrogat für die wiederholt
verunglückten Weinmärkte dienen können, und erwarten
daher, daß die Herren Ortsvorstände
häufigen Gebrauch von unserem Anerbieten machen
werden.

Anm. d. Red. Die Redaktion des „Oberländer Boten"
ist mit Vergnügen bereit, auch die Weinpreiszettel
aus unserer Gegend gratis ins Blatt aufzunehmen.

Wie solch ein Weinpreiszettel aussah? Er brachte
Verkaufspreise aus ganz Baden und aus den
benachbarten Gebieten der Schweiz und hatte
zum Beispiel in Nr. 124 (v. 19. 10. 1857) folgende
Gestalt:

Weinpreiszettel

In Lörrach wurden 20 fl. für den Saum weißen
Most bezahlt. In Weil verkauft zu 26 und 27 fl.
Feuerbacher roter Most 30 fl.

Von Staufen wird berichtet, daß der weiße Most
80 bis 88 Grad, der rote Most dagegen 95 Grad auf
der Oechsle'schen Waage wiegt.

Freiburg, 15. Okt. Das Herbsten in dem zur
hiesigen Stadtgemeinde gehörigen Ort Herdern hat
begonnen am 5. ds. und endigt morgen. Der weiße
Most hat gewogen von 78 bis 96 Grad, der rote von
90 bis 100 Grad und darüber. Weißer Most ist verkauft
worden die Fahrt von 50 bis 53 fl., roter die
Fahrt von 78 bis 88 fl. und darüber. Weißer wurde
per Ohm verkauft von 22% bis 24 fl. Fahrten sind
verkauft worden zwischen sechs- und siebenhundert,
im Durchschnitt jede zu 270 Maas. Der Gesamterlös
wird 38—40 000 fl. sein. Die allgemeine Äußerung
geht dahin, daß der Most dem 1811er gleich komme;
alte Ökonomen aber wollen behaupten, daß er dem
1802er - Weine nicht nachstehe..."

Es trifft sich gut, daß ebenfalls im Oktober 1857
der „Oberländer Bote" einen längeren Artikel
aus dem Badischen Zentralblatt nachdruckt, der
Grundsätzliches und Zusammenfassendes über
die Situation des Weinbaus und Weinhandels in
Baden überhaupt sagt. Der Artikel ist so aufschlußreich
und vermag die oben vorgeführten
Einzelheiten vom Allgemeinen her so ausgezeichnet
zu beleuchten, daß er hier mit geringen
Kürzungen folgen soll („Oberl. Bote" Nr. 119,120,
121 vom 7., 9. und 12. Oktober 1857):

„Einige Bemerkungen

über den badischen Weinhandel

Das gegenwärtige außerordentlich günstige Weinjahr
, welches uns Badenern ein bedeutendes Kapital
ertragen wird, könnte wohl Veranlassung darbieten,
daß der badische Weinhandel größere Dimensionen
annimmt. Einzelne unserer Weinhändler haben sich
bereits das Verdienst erworben, daß mehrere Sorten
badischer Weine einen Absatz nach England, nach
englischen Kolonien und nach Nordamerika fanden;
allein im Ganzen ist doch dieser Handel bis jetzt
noch nicht v.on einer erheblichen Bedeutung gewesen
. Ähnlich verhält es sich mit unserem Weinhandel
nach dem Norden Deutschlands. Dort sind überdies
zwei Feinde zu bekämpfen: einmal das Vorurteü
für französische Weine, und dann die Ausgleichssteuer
, welche Preußen und einige andere Staaten
trotz alles Andrängens der süddeutschen Regierungen
auf den Zollkonferenzen noch immer nicht
fallen lassen wollen.

Betrachten wir den bisherigen gewöhnlichen badi-
schen Weinhandel, so bewegt er sich vorzugsweise
im Innern unseres Landes, sodann nach der Schweiz,
nach Württemberg und teilweise auch noch nach
Bayern. Alle diese Abnehmer sehen dabei auf einen
leichten, angenehmen Wein und verlangen vor allem
Wohlfeilheit der Ware; nur bei dem Affenthaler,
Zeller und Markgräfler legen die Abnehmer höhere
Preise an; auch ist dies bei den guten Lagen des
Kaiserstunis der Fall, deren Weine von den Champagner
-Fabrikanten sehr gesucht sind.

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