Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fs
Hebelbund Müllheim [Hrsg.]
Die Markgrafschaft: Beiträge aus Geschichte, Kultur und Wirtschaft des Markgräflerlandes
9. Jahrgang, Heft 11/12.November/Dezember 1957
Seite: 5
(PDF, 9 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-11-12/0007
Außer diesen ausgesprochenen Weihnachtsspielen
gibt es für die Winterabende auf dem
Dorf manch schöne Volksspiele, deren Aufführung
sich lohnt. Es seien genannt die alten
Spiele: „Das Buch Ruth in Wort und Bild",
„Das Spiel von den zehn Jungfrauen", „Seht,
die goldene Legende der Verheißung". Besonders
lohnend aber sind die unsterblichen Spiele
von Hans Sachs „Der Roßdieb zu Fünsing", „Der
Krämerkorb", „Frau Wahrheit will niemand
beherbergen" usw. Hans Sachs ist voll echten
deutschen Humors, der seine Wirkung niemals
verfehlt.

Für die Dorfbühne sind ferner zu empfehlen
die deutschen Märchenspiele. In schönster Weise
hat u. a. Max Gümbel - Sailing viele unserer
Märchen dramatisch gestaltet. Die Aufführung
dieser Märchenspiele durch die Laienspielschar
von Haß-Berkow hat überall Bewunderung erregt
. Von den Gümbel-Sailing'schen Spielen

seien besonders genannt „Marienkind", „Die
kluge Bauerntochter", „Der getreue Johannes",
„Bruder Lustig", „Das Glückskind", „Die zertanzten
Schuhe", „Das tapfere Schneiderlein".

Wem lacht nicht schon das Herz beim Namen
der Titel und beim Lesen dieser Märchen. Im
Märchen und Märchenspiel lebt die deutsche
Seele mit all ihrer Innigkeit und Sinnigkeit, aber
auch mit all ihrem Humor, ihrer Schalkhaftigkeit
und Derbheit.

Winterabende, die ausgefüllt sind mit dem
Einüben solch wertvoller Spiele, sind für die
Beteiligten ein innerer Gewinn; die Aufführungen
sind ein Erlebnis für Spieler und Zuschauer/
Wenn die Einnahmen aus den Spielen dazu verwendet
werden, gute Dorfbüchereien zu begründen
oder auszubauen, so ist damit ein weiterer
Schritt für die Kultur des Dorfes, ein weiterer
Schritt zur Beseelung der einsamen Winterabende
getan.

Emil Baader:

Jmmergrüne ©tedjpalme

Hebels „Wiehnächtschindli-Baum"

Auf meinem Fensterbrett steht ein Zweig der
Stechpalme. Ich pflückte ihn im spätherbstlichen
Wald. Wie aus Erz gegossen erscheinen uns die
immergrünen mit scharfen Dornen bewehrten
Blätter. Der Zweig am Fensterbrett hat uns
manches zu erzählen.

Nach der Legende stammt die Stechpalme von
jenen Palmbäumen ab, von denen man bei dem
Einzüge Christi in Jerusalem die Zweige brach,
die man auf den Weg streute. Als dann das
jüdische Volk, das erst kurz zuvor dem Herrn
„Hosianna" zugerufen hatte, „Kreuzige, kreuzige
ihn!" schrie, erhielten die Blätter Stacheln. Jahraus
, jahrein sollen sie uns an Christi Leiden
erinnern.

Ob wohl unsere Vorfahren diese Legende
kannten, als sie zur Weihnachtszeit Stechpalmenzweige
als „Christreis" in die Stube holten und
das Reis mit bunten Bändern und anderem Zierat
schmückten? Das geschah schon um das Jahr 1600
in den Vogesen, wie auch in Westfalen. Und es
geschah auch noch zu Hebels Zeiten, der erst 1760
geboren wurde. In einem seiner Weihnachtsgedichte
spricht er — und er meint damit die
Stechpalme — vom grünen „Wiehnächtschindli-
Baum". Er spricht vom stachligen Laub, „un
näume zwische drin ne schrumpfig öpfeli, ne
dürri Nuß!"

In einem anderen Weihnachtsgedicht frägt er
den Leser, warum man wohl mancherlei Gaben
für die Kinder an das stachlige Bäumlein hängt.
Hören wir, was der Dichter darauf selbst antwortet
:

„WiVs grüeni Blättli het im Winter, meinsch,

un Dörnli dra, aß 's Büebli nit, wie's will,

die schöni Sache uusehöökle cha?

's war nit gar übel gfehlt, doch weisch's nit recht.

Denkwohl, i sag der's, un i freu mi druf.

Lueg, liebi Seel, vom Menschelebe soll

der dornig Freudebaum en Abbild sy.

Nooch bynenander wohne Leid un Freud".

Es besteht also kein Zweifel: bevor man die
immergrüne Tanne als Christbaum verwendete,
diente die stachlige Stechpalme diesem Zweck.
In England hängt man heute noch zur Weihnachtszeit
Zweige der Stechpalme samt den
scharlachroten Beeren an die Haustüre. Auf dem
Erdball gibt es an die 280 Arten von Stechpalmen
; davon die meisten in Amerika. Unsere
Stechpalme nennen die Botaniker die „Gemeine
Stechpalme" (Hex aquifolium) auch Stecheiche,
Stechdorn oder Christdorn, auch Walddistelstrauch
. Sie kann als Baum bis 15 Meter hoch
werden. Dornen tragen zumeist nur die unteren
Blätter als Schutz gegen Tierfraß. Im Mai erscheinen
die kleinen weißen Blüten; ihnen folgen
die schmucken roten Beeren. Die Stechpalme
findet sich im Sch,warzwald, in den Vogesen und
im Jura, am Niederrhein und in Westfalen, nicht
aber in Ostdeutschland. Das Holz des sehr langsam
wachsenden Baumes ist ungemein hart und
wird als feines Drechslerholz verwendet. Blatt,
Rinde und Beere besitzen Heilkräfte. In Gärten,
Parkanlagen und Friedhöfen sieht man zahlreiche
Spielarten, auch buntblättrige und dornenlose
. Die Zweige benützt man gern zu Kränzen
und als Gräberschmuck. Von einer verwandten
Art der Stechpalme wird in Südamerika der
Mate-Tee gewonnen.

3llEnunferen/?nUat:be!tecn/3bon^
nenten urrä Sreunöen tuünfctjen wk
ein gefegnetes tlöeitmactftfeft
un& ein glüdHidjes Treues 7at)c

Die Kebtrftion

5


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-11-12/0007