Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fs
Hebelbund Müllheim [Hrsg.]
Die Markgrafschaft: Beiträge aus Geschichte, Kultur und Wirtschaft des Markgräflerlandes
9. Jahrgang, Heft 11/12.November/Dezember 1957
Seite: 11
(PDF, 9 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-11-12/0013
Badensis". Er starb 1771 als einer der angesehensten
Lehrer der Straßburger Universität; von
Goethe war er hoch geschätzt.

Im Rathaus finden wir auch das Bildnis von
Dr. h. c. Ernst Leitz (1843—1920), des Gründers
des berühmten optischen Werkes in Wetzlar. Aus
seinen Werkstätten ging u. a. die Leica hervor.

Bilder und Dokumente, die an. die reiche
Geschichte der „alten Residenz" erinnern, finden
einen Platz in der „Sulzburger Stube", welche
der Landesverein Badische Heimat gegenwärtig
mit der Gemeindeverwaltung in dem im Mittelpunkt
des Städtchens gelegenen Gasthof „Zum
Hirschen" einrichtet.

Ernst Sander:

Dicton Rugo in Srriburg

Der große französische Dichter Victor Hugo
(1802—1885), das Haupt der „Romantischen
Schule", hat am 3. September 1838 gelegentlich
einer Rheinreise Freiburg i. Br. besucht
und in „Le Rhin" darüber berichtet. Wir
geben seine amüsante Schilderung auszugsweise
wieder.

Victor Hugo überschritt den Rhein bei Kehl,
und sogleich geschah etwas, das ihn befremdete.
Denn die badischen Zollbeamten, wie leider
gesagt werden muß, sprangen mit einer jungen,
recht hübschen Schauspielerin ziemlich unsanft
um. Nicht nur, daß das arme Wesen für eine
Tournüre aus Kaliko einen empfindlich hohen
Zoll entrichten mußte — das Mädchen wurde
überdies dadurch in tiefste Verlegenheit versetzt,
daß die Zöllner unter ungeschlachten Scherzen
seine sämtlichen Kostüme, seinen Flitterkram,
seine Perücken aus dem Koffer rissen.

Man fuhr die ganze Nacht hindurch — Victor
Hugo erwähnt die schmucken, gelb uniformierten
Postillons und die vergoldeten Wappen an den
Türen der Postkutsche.

Um vier Uhr morgens langte man in Freiburg
an und hielt in einer breiten, neuen Straße mit
hellen Häusern, wo der Postwagen seinen Inhalt,
Pakete, Koffer und Fahrgäste wild durcheinander
, in einer Art großer Einfahrt ablud, die
durch eine armselige Laterne matt erleuchtet
wurde.

Hugo erzählt: „Ich war von der Reise recht
erschöpft, und so wollte ich denn in das Haus
gehen. Aber ein Mann packte mich beim Arm,
verwehrte mir den Durchgang und redete in
überstürztem Deutsch auf mich ein. Ich verstand
ihn nicht. Ich sagte ihm in gutem Französisch
unverblümt meine Meinung und wandte mich an
die Umstehenden. Doch es waren ausnahmslos
preußische, österreichische und badische Reisende
; der eine schleppte seinen Koffer weg, der
andere seinen Mantelsack; sie waren alle sehr
müde... Wir kauderwelschten, so gut es eben
gehen wollte. Schließlich bekam ich heraus, daß
die Einfahrt, in der wir hielten, nicht die eines
Hotels sei. Es war lediglich das Postamt! Was
sollte ich tun? Wohin mich wenden? Hier verstand
mich kein Mensch. Nur zu gern hätte ich
mich den andern angeschlossen; aber die meisten
waren Freiburger, die heimgekehrt waren und
jetzt nach allen Himmelsrichtungen davongingen.
Innerhalb von fünf Minuten stand ich mutterseelenallein
in der Einfahrt. Und da merkte ich,
daß mein Gepäck, das nicht nur meine Garderobe
, sondern auch mein ganzes Geld enthielt,
verschwunden war..."

Es dämmerte, und Victor Hugo durchwanderte
von ungefähr die Straßen Freiburgs. „Dabei
erblickte ich einen wunderschönen Brunnen
aus dem 15. Jahrhundert, der aus vier blanken
Messinghähnen fröhlich sein Wasser in ein großes
Steinbecken sprudelte. Es war schon hell
genug, daß ich die um die Mittelsäule vierfach
übereinander gruppierten Statuetten erkennen
konnte, und es schmerzte mich, daß die rote
Sandsteinfigur, die dies reizende kleine Bauwerk
eigentlich hätte krönei\ müssen, durch eine häßliche
, bemalte Blech-Fama ersetzt worden war".

Victor Hugo gelangte an ein großes Haustor,
über dem eine Lampe brannte. Er klopfte, er trat
ein, er fand eine Tür, dann noch eine, er öffnete
sie, er schaute hinein: „Und nun überlief es
mich eiskalt. In einem rechteckigen Saal, der
sehr geräumig war und in der Mitte von zwei
Pfeilern gestützt wurde, saßen an einem langen,
schwach von in gehörigen Abständen aufgestellten
Kerzen erleuchteten Tisch mehrere
seltsame Gestalten: blasse, ernste, todesmatte
Wesen.

Am Tischende, mir am nächsten, saß eine
hagere, bleiche Frau, die eine Art Barett mit
einem üppigen, schwarzen Federbusch trug.
Neben ihr saß ein etwa siebzehnjähriger junger
Mensch, bleifahl und ernst, in einen unendlich
weiten, geblümten Morgenrock gewickelt und
eine schwarze Seidenmütze in die Augen geschoben
. Neben dem jungen Mann ein grüngesichti-
ger Greis mit dreifach bedecktem Kopf: erste

Der Kachelofen

In der Bauernstube, breit, geduckt
Unter räucherbrauner Balkendecke
Hockt er habig in der Ecke,
Und das Spiel der roten Flammen zuckt
Auf und nieder über seinen grünen Bauch.
Wohlig schlürft er harzdurchwürzten Rauch
Aus den honiggelben Tannenscheiten.

Im Geknister, heiß und jach,
Wird das Holz noch einmal wach
Wie in seinen grünen Wälderzeiten.
Und der Kachelofen, rotbeglänzt,
Lauscht andächtig seinen Melodien,
Die von Feuerlohe buntbekränzt
Häuptlings ihm und funkelnd sprühen.

Summend singt er dann das Waldeslied
Noch einmal den Alten, die sich wärmend

an ihn schmiegen,
Singt es leise in die weißen Wiegen,
Drin ein junges Leben blüht.
Und die Jungen und die Alten lauschen
Träumend in das ferne Waldesrauschen.

Walter Franke

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