Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fs
Hebelbund Müllheim [Hrsg.]
Die Markgrafschaft: Beiträge aus Geschichte, Kultur und Wirtschaft des Markgräflerlandes
9. Jahrgang, Heft 11/12.November/Dezember 1957
Seite: 21
(PDF, 9 MB)
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glaubte er, wäre allen Teilen
gleichzeitig geholfen. Ist es unter
diesen Umständen verwunderlich,
wenn ihm Zilly versprach, seine
Tochter „ohne Widerwillen" zu
ehelichen, falls er ihm die Unterlehrerstelle
verschaffen könne?
Mit dieser Stelle wurde es allerdings
nichts. Der alte Lehrer
starb, ohne daß seine mehrfachen
Bitten beim Amt Gehör gefunden
hatten.

Nun setzte sich auch die Gemeinde
Dürrn aufs wärmste für
Zilly ein und rühmte seine Kunst
im Orgelspiel und seine gute
Schrift. Umsonst! Der Gemeinde
waren die Verfehlungen des jungen
Schulmeisters gegen seine
Mutter nicht unbekannt. Trotzdem
ließ sie nicht locker, sondern
argumentierte ein drittes Mal:
„Jedoch erkühnen wir unß zum
drittenmal vor Euer Hochfürstl.
Durchl. demüthigst supplicanto zu
erscheinen und vor dero Gnadentür anzuklopfen,
.somit höchstdenenselben unterthänigst vorzustellen
, weichermaßen ja auch Paulus hiebe vor
Christum verfolgt und gleichsam geschlagen und
mit Füßen getretten habe, der aber dennoch
nicht verworfen, sondern bekehrt und zu Gnaden
angenommen, auch zu einem würklichen
Vorsteher und Werkzeug christlicher Gemeinde,
nicht ohne sonderbaren Nuzen verordnet worden.

Weilen wir nun der tröstlichen und sicheren
Hoffnung leben, daß auch von unserem bisherigen
Provisore Johann Jacob Zilly was fruchtbar-
liches bey unserer Schuljugend werde geschafft
und die ganze Gemeinde durch sein künftiges
gutes Exempel und Wohlverhalten erbauet werden
, allermaßen bey unserer Gemeinde sich wohl
kein Mensch befindet, der nicht aus einem
beständigen Vertrauen, und wahrer Liebe zu
demselben, Ihne gerne zum Schulmeister angenommen
werden möchte."

Die maßgeblichen Stellen teilten das große
Vertrauen nicht, das die Dürrner in ihren Schulkandidaten
setzten und blieben beim Nein. Jahre
vergingen, in denen der Ausgestoßene immer
wieder in Flehbriefen einen Versuch unternimmt
, eine frei gewordene Stelle zu erhalten.
Aus diesen vorbildlich geschriebenen Gesuchen
sprechen Not und Verzweiflung, je öfter sie
wiederholt werden. Sie bleiben ohne jeden sichtbaren
Erfolg. Am 1. Juni 1757 endlich, als Zilly
seine Hoffnung fast zu Grabe getragen hatte,
Wurde er einer eingehenden Prüfung unterzogen.
Sie brachte die so schmerzlich ersehnte Wendung.

Da uns der Prüfungsbescheid genau darüber
informiert, was seinerzeit von einem Volksschullehrer
erwartet wurde, soll er hier im Auszug
wiedergegeben werden. Zilly wurde „geprüft
und befunden, daß er in gutem Schreiben, wie
anlieget, im Rechnen bis auf die Regel de Tri
(Dreisatz) auch den andern damit verbundenen
Regeln, ohne und mit Brüchen inclusive, im

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Schriftprobe für die am l. Juni 1757 abgelegte Prüfung

Choral-Singen, Orgelschlagen, auch Generalbaß,
Theils würcklich wol gegründet seye, so daß es
ihme wenige seiner Art Candidaten gleich Thun
werden, Theils auch Fähigkeit genug habe, in
benamsten Stücken durch eigenen Fleiß es bald
weiter zu bringen, folglich es schad wäre, wenn
dessen Gaben nicht in Übung, kämen.

Wie den Kindern der kleine Catechismus und
die Biblischen Sprüche, dem einfältischen Verstand
nach beizubringen, hat er zwar noch nicht
gewust, aber doch auch, da wir mit wenigem ihm
den Vortheil gewiesen, denselben gleichbalden
auch eingesehen und gefaßt.

In der Grammatik ist er noch unerfahren, so
ist ihm auch vom Feldmessen nichts bekannt. Da
er aber zu allem sehr aufmerksam und begierig
sich zeiget, so haben wir keinen Zweifel, er
werde, was ihm hierinn noch abgehet, durch
einen, sich von anderen zu erbetenden Unterricht
, in weniger Zeit leicht ersezen, folglich in
Schulen wie auf dem Land, also auch wol in
Städten bei der Jugend nicht geringen Nutzen
schaffen können."

Die Prüfungskommission setzte sich zusammen
aus den Kirchenräten Bürckelin und Stein
und aus dem Rektor Maler. Die Sing- und Orgelprüfung
führte der Karlsruher Stadtorganist
Georg Fischer durch. Sie hatte ebenfalls ein
gutes Ergebnis. Der Prüfungsbescheid wurde mit
der Randbemerkung versehen: „Ad acta. Doch
seie nächstens auf diesen schul Candidaten
reflexion zu machen."

Zilly mußte noch fünf Monate warten. Dann
wurde er nach Hügelheim berufen.

Hier hatte er einen guten Start. 1759 erhielten
etliche seiner Schüler Prämien für gutes
Lesen und Schreiben. Sonst blieb es ruhig um
diesen Schulmeister. Doch der „Markgräfler"
lockte ihn und seine Frau erneut.

(Schluß folgt)

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