Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fs
Hebelbund Müllheim [Hrsg.]
Die Markgrafschaft: Beiträge aus Geschichte, Kultur und Wirtschaft des Markgräflerlandes
9. Jahrgang, Heft 11/12.November/Dezember 1957
Seite: 26
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1957-11-12/0028
Im Markgraflerland vor hundert Jahren (17)

OTritjnadjteansefgen vom Äe^tmbec 1857

Der Lebenszuschnitt jener Jahre um 1857
war ohne Zweifel bescheidener als heute; unsere
Chronik hat hierfür schon mehr als ein Beispiel
angeführt. Diesmal will der Chronist ein besonders
in die Zeit Passendes vorstellen: Geblendet
von dem verschwenderischen Lichterglanz unserer
städtischen Straßen zur Weihnachtszeit und
abgestoßen von dem nur Geld machen wollenden
, die immer bereite Sentimentalität des Publikums
geschickt und skrupellos ausmünzenden,
mit allem Raffinement der Technik und des
Kunsthandwerks arbeitenden Übertrumpfenwollen
der vorweihnachtlichen Reklame hat er sich
die Mühe gemacht, in der alten Zeitung des
Markgräflerlandes, dem „Oberländer Boten"
nachzusehen, ob die Geschäftsleute vor hundert
Jahren etwa ebenso laute Weihnachtsreklame
gemacht haben könnten wie sie einem heute aus
jeder Zeitung und jedem Schaufenster entgegenschlägt
.

Dies vorweggenommen: Sie haben es nicht,
jene Geschäfte und Händler vom Jahre 1857. SieK
haben wohl ihre Produkte und Waren angezeigt
als zum Feste nützlich vorhanden, aber diese
Anzeigen sind so zurückhaltend aufgemacht, daß
man sie nur bewundern kann. Und es sind sehr
wenige, an der respektablen Anzahl der Handwerksbetriebe
und Kaufleute in den Städtchen
des Markgräflerlandes von 1857. Sehr wenig.
Und jeder der Inserenten zeigt seine Spezialitäten
im Lauf des November höchstens dreimal
an, wenn nicht gar nur einmal. Und der Werbe-

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graphiker hatte an solchen Annoncen noch
wenig zu tun zur Weihnachtszeit. Kaum daß er
einmal zwei Weinflaschen zu einem Inserat
setzen oder für den Kalender eine Umrahmung
zeichnen durfte. Die Umrahmungen der Weihnachtsinserate
sind zwar augenfällig, und sind es
besonders deshalb, weil die Annoncen das Jahr
über — die Versteigerungs-, Verloren-, Such-

und andere Anzeigen — immer ganz ohne Rahmen
gebracht wurden, wenngleich mit einem
kleinen Bildchen, das den Inhalt der Anzeige
typisierte; die Rahmen der Weihnachtsanzeigen
stammen aber nicht aus der Hand eines Zeichners
, sondern aus der des Setzers, der sie aus
Einzeltypen zusammengesetzt hat. Sie wirken
gediegen, bescheiden und sachlich und sind
ein der Epoche entsprechender zurückaltender
Schmuck.

Und wie steht es mit dem Inhalt der Weihnachtsanzeigen
von 1857? Auch er ist nicht
außergewöhnlich. Es werden Dinge angezeigt,
die das ganze Jahr über schon dann und wann
als zu haben annonciert worden waren. Dinge
für den Geist und Dinge für den Magen. Interessiert
es, welche Dinge da angeboten wurden?
Wohlan, so wollen wir zunächst zusehen, was
dem Feinschmecker — nein, das wäre schon zuviel
gesagt! — was vielmehr dem bescheiden
und genügsam lebenden Markgräfler zu den
Festtagen als Feinschmeckerei angepriesen
wurde! (Und vielleicht, so hofft der Chronist,
besteht noch da oder dort eines jener Geschäfte,
die damals annoncierten, und hat seine Freude
an der Reklame „seines" Hauses im Jahre 1857.)

Conditor Heinrich Rupp in Schopfheim eröffnet
am 2. Dezember 1857 die nicht sehr lange
Reihe der Oberländer Weihnachtsanzeigen. Was
bietet er an? — Desserts und Bonbons, Basler
Leckerli natürlich und Honiglebkuchen, Schokolade
aller Sorten, aber auch Likör, Punsch-
Essenz, Malaga, Nußwasser und Zitronen, dazu
Torten und Pasteten. — Man muß dann schon
zum 9. Dezember weiterblättern („Oberl. Bote"
Nr. 146), um die nächste Annonce zu finden. Sie
ist lediglich die Wiederholung der Rupp'schen
Anzeige von oben.

Am 14. Dezember 1857 beginnen dann zwei
weitere Anzeigen zu laufen, die ebenfalls dem
Magen etwas versprechen. Die eine stammt von
Conditor Hitzig Witwe in Lörrach und bietet im
wesentlichen die gleichen Dinge an wie die
Rupp'sche, nur vermehrt durch „farbige Wachskerzchen
und Glaskugeln an Christbäumchen"
(s. Abb.). — Die andere Anzeige stammt von
einem Kaufmann. Sie lautet:

Empfehlung

Auf bevorstehende Feiertage empfehle ich mein Lager
von Rum, Arac, Cognac, Punsch-Essenz, Malaga,
Extrait d'Absinthe, Liqueure, Tee, Orangeat, Feigen,
Mandeln in und ohne Schalen, Rosinen und Weinbeeren
, Honig und Sirup, Vanille und gewöhnliche
Gewürze, sowie Suppen- und Gemüsenudeln, Macca-
roni, feine Perlgerste, Caroliner-Tafelreis und Sago,
Stearinkerzen, feine Toiletten-Seife in verschiedenerlei
Früchten- und Tierformaten und feines Haaröl
in eleganten Gläschen, unter Zusicherung guter und
billiger Bedienung.

Lörrach, im Dezember 1857

Gustav Körner

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