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In jener Zeit kam Marga zum erstenmal nach
Bernau, in einer Zeit, da Hans Thoma dort zur
Erholung weilte. Damals sah sie den großen
Maler des Schwarzwaldes zum erstenmal. Auf
seiner Heimreise nach Karlsruhe war der Meister
beim Schönauer Bürgermeister zu Gast. Und
die kleine Marga war auch wieder dabei.
Ehe sie Hans Thoma später in Karlsruhe wieder
begegnete, hatte sie in Wiesbaden ihre Ausbildung
als Kindergärtnerin empfangen, war sie
in Lausanne gewesen, wo sie einen Ferienkurs
an der Universität mitmachte, um fremde Sprachen
zu lernen, war sie in den Jahren 1913/14
als Erzieherin nach England gekommen. Dort
erlebte sie den Ausbruch des ersten Weltkrieges,
ohne interniert zu werden. Es gelang ihr nach
Deutschland heimzukehren. Im ersten, wie im
zweiten Weltkrieg bewährte sie sich im Dienst
des „Roten Kreuzes" in vorderster Front.
In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen
kam Marga Vogel — durch Vermittlung
des Vereins „Deutschtum im Ausland" — als
Erziehungsschwester nach Griechenland. Dort
leitete sie, gemeinsam mit einer Schweizerin,
einen deutschsprachigen Kinderkreis. Die Märchenspiele
, die Lieder- und Leseabende fanden
auch Anklang bei den Erwachsenen. So war u. a.
der griechische Kultusminister bei den'Abenden
ein beglückter Gast.
In den Jahren vor der Fahrt nach Griechenland
sandte Marga Vogel durch den mit ihr
befreundeten Freiburger Professor von Schulze-
Graevernitz eine Mappe mit Blumenscherenschnitten
und heimatlichen Gedichten an Meister
Hans Thoma. Sie wirkte damals beim Roten
Kreuz in Karlsruhe. Diese Sendung freute den
Landsmann so sehr, daß die Dichterin wöchentlich
ins Thoma-Haus eingeladen wurde. Als sie
nach Griechenland abreiste, sagte Thoma: „Jetz
hani gmeint, unsi Freundschaft fangt erst recht
a, do fliegt die Nachtigall so wit nonem Süde!"
Es waren unvergeßlich schöne Stunden bei Hans
und Agathe Thoma. Als Hans Thoma 1924 starb,
widmete Marga Vogel ihrer mütterlichen Freundin
Agathe Thoma ein Gedicht „In Memorian
Hans Thoma". Es beginnt:
„Das Licht verlöscht, sanft wird das Tor geschlossen,
Die hellen Fenster schweigend zugetan.
Die Blumen, die auf deinen . Wiesen sprossen,
Sie legen voller Wehmut Trauer an..."
Auch im fernen Griechenland gedachte die
Markgräflerin oft der Heimat. Im Geiste sah
sie die Heimat:
„Maiebluescht un Chirsidolde,
Mattevoll vo gäle Stern.
Lueg die Helgen a, die gmolte;
Alles neu, 's isch nüt so fern.
An d'r Wiese no chasch bschaue,
D' Heimet, wie ne Paradies.
Prächtig lifs uf Berg un Aue,
Niene suscht so schön ganz gwiiß!"
Nach der Rückkehr aus Griechenland arbeitete
„Schwester Marga" wieder in der Heimat im
Dienst des Roten Kreuzes, zunächst zwei Jahre
als Kursleiterin für Gesundheitspflege und erste
Marga Vogel als junge Schwester
Hilfe, seit 1928 als „Oberin" des Altersheims
(anfangs auch Kindererholungsheim) des Kreises
Lörrach in dem durch den Kreis erworbenen
Schloß Rheinweiler. Durch die Neueinteilung
der Kreise im Jahre 1939 kam das Altersheim
an den Kreis Müllheim. Im Schloß wurde
das Westwallazarett eingerichtet. Es begann die
schlimme Kriegszeit. Siebenmal mußte umgezogen
werden. Ungezähltemale war die „Oberin",
auch in der Beschußzeit, unterwegs von Kandern,
Konstanz oder Pfronten im Allgäu ins „Niemandsland
", um in dem durch Granatbeschuß
beschädigten Schloß zu retten, was zu retten
war. Im Frühjahr 1944 wurde das restaurierte
aber täglich von Tieffliegern bedrohte Schloß
wieder bezogen. Im November 1944 zischten
wieder Granaten in das Haus. Der Aufbau erforderte
viel Kraft; zuviel! Ein schwerer Herzinfarkt
im Jahre 1951 zwang die Nimmermüde,
ihren Posten in Rheinweiler aufzugeben. In
Bad Krozingen, im Haus Böhringer, fand
sie eine Zuflucht für den Lebensabend. Ihr zu
begegnen, ist eine Freude für jeden, der aufge»
schlössen ist für die Heimat. Marga Vogel ist
eine Markgräflerin von echtem Schrot und Korn.
Ihre Kraft holte und holt sie aus dem „Brunnen
der Heimat" (wie eines ihrer Gedichte heißt).
Die Heimatliebe hält sie ewig jung:
„Dort, wo am Hang drei schlanki Tanne stöhn,
Wo klar zuem Tal e Silberquelle bruuscht,
Vom nooche Wald e Huuch dur d'Chrone ruuscht.
Dort luegt Erinnerig dure, jung un schon!"
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