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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1958-01/0014
Emil Baader:

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Es war am 18. April 1778, da sich Hebel, von
Karlsruhe aus, wo er das „gymnase illustre" absolviert
hatte, zum Studium der Theologie nach
Erlangen auf den Weg machte. In Durlach stieß
er mit seinem Freund J. W. Schmidt zusammen.
Übermütige Stammbuchverse, welche die beiden
austauschten, lassen die frohe Laune der angehenden
Studenten erkennen. Hebel, mit irdischen
Glücksgütern nicht gesegnet, ironisierte
seine eigene Lage im Schmidt'schen Stammbuch
mit folgenden Versen:

Ich bin hier in der Fremde
und habe nur ein Hemde.
Wenn das zur Wäsche springt,
so lieg ich in dem Bette,
wie Phylax an der Kette,
bis man mir's wiederbringt.

Die beiden trennten sich in Bruchsal, da
Schmidt in Jena studierte. Die Freundschaft aber
bewährte sich fürs Leben.

Hebel, der Verfasser des „Schatzkästleins",
liebte einen guten Schluck, sowohl beim einsamen
Sinnieren, wie auch beim Plaudern mit
einem guten Freund.

Einmal traf er mit einem solchen in einer
Weinstube zusammen. Beide bestellten einen
Schoppen vom gleichen Faß.

Nachdem sie die Blume gerochen, den ersten
Tropfen über die Zunge geschickt, und dann den
Jungfernschluck getan hatten, meinte Hebel
bedächtig:

„Hm, der Wein, so scheint mir, schmeckt
nach Leder."

„Nicht doch", meinte der Freund, „ein Beigeschmack
ist freilich darin, aber nicht von
Leder, sondern von Eisen."

Man trank das Glas leer, jeder fand seine
Vermutung bestärkt. Wegen der Meinungsverschiedenheit
probte man noch ein Gläschen, dann
noch eins und wieder eins, und immer wieder
schüttelte der eine den Kopf zur Meinung des
andern.

„Leder" stand gegen „Eisen".

So blieb es, bis der Wirt verkündete, das Faß
sei leer, ein neues müsse angestochen werden.
Nun erzählten die Freunde dem Wirt von ihrem
Streit. Das Faß wurde untersucht. Was fand
sich darin?

Ein verrosteter Nagel an einem „Leder-
bändchen"!

Alle Achtung vor solchen Weihzungen!

Der aus Wesselburen stammende Dramatiker
Friedrich Hebbel wurde zu seinem nicht geringen
Ärger oft mit dem längst verstorbenen alemannischen
Dichter Johann Peter Hebel verwechselt.
Die für Hebbel ärgerlichste Verwechslung dieser
Art geschah, als er auf einer Reise in eine kleine
mitteldeutsche Residenz kam. Bei ihm erschien,
als Abgesandter des Herzogs, ein Mann und
überreichte ihm als Zeichen der verehrenden
Anerkennung ein kostbar eingebundenes Exemplar
des „Schatzkästleins" von — Johann Peter
Hebel.

Hebbel machte ein saures Gesicht und antwortete
:

„Habe ich mich mit meinen hundert Jahren
nicht gut gehalten? Berichten Sie das Ihrem
hohen Herrn!"

Am nächsten Morgen in aller Frühe reiste
Hebbel ab, obwohl er ursprünglich dort etliche
Tage verbringen wollte.

Baptist Gmeiner:

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Der Hubermichel vom Bollenberg war ein
Knicker. Nötig hätte er das zwar nicht gehabt,
denn sein Hof oben an der Mooseck lag inmitten
eines fruchtbaren Wiesentals und war ein prächtiger
Besitz. Das Korn gedieh dort und der
Hafer, und der Wald stand seit langem reif zum
Schlagen. Die Ochsen im Stall waren das beste
Zugvieh weitum und die zwei Braunen prangten
bei der sonntäglichen Ausfahrt mit prallen,
glänzenden Backen.

Der Michel selber aber sah aus wie die liebe
Not. Er gönnte sich nicht das Geringste, — wenn
er selber dafür einstehen mußte. Gab es jedoch
irgendwo etwas auf anderer Kosten zu holen,
dann war er dabei. Und war als erster da und
ging als letzter. Man kannte ihn wohl, und wo
man ihn zu einer Kindstaufe oder einer Hochzeitstafel
einladen mußte, tat man es mit Unbehagen
, denn er fraß für sechs. Doch man tats,
denn die Verwandtschaft soll man hochhalten.
Manchmal sparten sich die Hochzeitslader den

weiten Weg zum Bollenberg, weil sie dort für
ihr Sprüchlein nicht einmal eine Handvoll
Schnitz bekamen. Aber der Bollenberger war
nicht dumm. War er zu schicklicher Zeit nicht
geladen worden, nahm er den Stock von der
Wand und den flachen Hut aus dem Kasten und
stelzte langbeinig über Berg und Tal zu der festfreudigen
Verwandtschaft; die mußte ihn dann
wohl oder übel fragen, ob der Lader auch bei ihm
gewesen sei, und mußte die Ladung aussprechen.

Auf diese Weise kam der Michel auch an die
Hochzeitstafel, als seines Vettern älteste Tochter,
die Boschbauernveron vom Löcherberg, mit
einem Burschen aus dem Kinzigtal Hochzeit
hielt. Der Himmel wäre eingefallen, wenn der
Hubermichel nicht als erster zur Morgensuppe
auf dem Boschenhof eingetroffen wäre. Einen
schönen Glückwunsch sagte er ja auf, das mußte
ihm der Neid lassen. Aber was er der Veron als
Präsent auf den Teller legte, war ein Scherenschleifertrinkgeld
.

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