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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1958-01/0018
schön 16 Jahr auf diesem Platz meine getreue
Dienste geleistet, und verhoffe auch, nach
gethaner Arbeit allda Seelig abzusterben. Darzu
mir verhelffe nächst Gott, aus Gnade!

Hügelheim, den 11. Februar 1774

Euer Hochfürstlich Durchleucht
Unterthänigst gehorsamster Knecht
Joh. Jacob Zilly

An der Aufrichtigkeit dieser Aussagen
brauchte nicht gezweifelt zu werden und es ist
fraglich, ob die am 18. Februar 1774 verordnete
Strafe von vier Gulden, die mit einem strengen
Verweis verbunden war, jemals bezahlt wurde.
Die Akten jedenfalls schweigen darüber. Statt
dessen wird Zilly * tatsächlich so schwer krank,
daß er einen Hilfslehrer als Krankenvertretung
nehmen muß. Das war für ihn härter als die
empfindlichste Strafe, denn er mußte den Provisor
aus seinem geringen Einkommen bezahlen.
Deshalb bereute Zilly diesen Schritt, den er in
seiner „Dumm- und Schwachheit" und nach vielem
Zureden getan habe, sobald er wieder bei
Kräften war. Er bat inständig, ihm diese schwere
Bürde abzunehmen, da sie ihn um die Hälfte
seiner Einnahmen bringe. Sie beliefen sich zu
diesem Zeitpunkt auf 169 Gulden. In dieser
Summe waren sämtliche Einkünfte enthalten.
Das Schulgeld für 120 Kinder, das Sigristengeld,
die Accidentien (Einnahmen von Hochzeiten,
Kindstaufen, Beerdigungen usw.), die Einnahmen
aus Früchten und Schulgütern und das
Sigristenbrot. „Wann dann nun 80 Gulden davon
sollten hinweggeraubet werden, so hätte ich
noch 89 Gulden, davon also mich, mein Weib
und Kind zu besorgen hätte. Gott erbarme es!
und regiere die Herzen, die damit zu thun
haben, damit ich nicht in das äußerste Elend
versetzt werde..." schrieb Zilly in seiner Bedrängnis
. Er hatte damit keinen Erfolg. All
seine flehentlichsten Bitten, ihn doch nicht zu
ruinieren, fanden taube Ohren.

Sie mußten auch solche finden, denn in den
letzten Jahren hatte man höheren Orts eingesehen
, daß 120 Kinder und mehr von einem
einzigen Lehrer unmöglich ordentlich unterrichtet
werden konnten. Nur schade, daß man
nicht gleichzeitig dafür Sorge getragen hat, den
zweiten Lehrer unabhängig vom ersten zu besolden
. Das aber war die Tragik der älteren
Generation dieser Epoche.

Dazu kam noch ein Zweites. Als Zilly seine
Ausbildung von seinem Vater erhielt, wie alle
Schulmeister seiner Zeit, existierte noch kein
Schulseminar. Erst 1769 wurde ein solches durch
den außerordentlich schulfreudigen Markgrafen
Karl Friedrich in Karlsruhe eröffnet. Mit ihm
stieg die Qualität der Lehrer und die Anforderungen
steigerten sich im selben Maße. Zilly
aber hatte im Verlaufe der Jahre seine Kenntnisse
nicht wesentlich erweitert, wie man es bei
der Prüfung im Jahre 1757 erwartet hatte. Das
wurde ihm jetzt zum Vorwurf gemacht. Es
nützte ihn nichts, wenn er in einem Schreiben
an das fürstliche Consistorium ausrief: „Daß ich
jezo, so zu reden, 80 Gulden Blutgeld schwitzen
muß, ist eine himmelschreiende Sünde".

Dennoch ließ er nicht nach. Als seine Eingabe
vom 24. September 1774 um den vacant gewordenen
Schuldienst in Badenweiler abgelehnt
wurde, richtete er wenig später ein weiteres
Bittgesuch nach Karlsruhe, in dem er seine
mißliche Lage noch einmal ausführlich darstellte
. Sein Provisor Grether verdiene jährlich
aus der Canzley Müllheim mit Schreiben gerne
200 Gulden und käme also mit der Forderung
gegen ihn gegen 300 Gulden. Ihm armen Schuldiener
reiche es nicht einmal mehr für hundert
Gulden, damit müsse er noch Frau und Kind
ernähren, wodurch er zum Bettler gemacht
werde. Er warf seinem Provisor ferner vor, daß
er ihm weder in der Kirche noch beim Läuten
helfe und bezeichnete ihn als einen Stangenheber
des Pfarrers. Das war 1774.

Zwei Jahre später bat er erneut darum, ihm
doch den „nur zum äußersten Ruin gesetzten
Provisor Grether wieder abzunehmen", da er
nach erlangter Gesundheit wieder imstande sei,
die hiesige Schule allein zu versehen. Es sollte
sein letzter Bettelbrief sein. Er brachte ihm
keine finanzielle Besserstellung. Und hätte er
geahnt, wie man von Amts wegen über ihn
denkt, so hätte er die Feder wohl nicht mehr
eingetaucht. Kirchenrat Maler berichtete nämlich
weniger Tage später dem Markgrafen über
Zilly: „Derselbe hat schon, ehe ich zum Specialat
gekommen, einen so unordentlichen Wandel geführt
, daß ihme, wenn er und seine Frau sich
nicht bessern, in einem Visitationsbefehl die
Amtsenthebung angedräuet worden. Man hat
immer ermahnet und zugewartet, bis er endlich
kränklich worden, da er mit Zuziehung seines
Bruders (er war Lehrer in Köndringen) mit
dem Provisor Grether selbst den ihm jezo so
beschwerlichen Accord und zwar deßwegen so
hoch gemacht, weil er, der Provisor, nicht über
des Schulmeisters Tisch, wegen dessen heillosen
Weibes essen, auch nicht im Haus logieren kan,
sondern Kost und Wohnung anderswo suchen
muß. Zudem verstehet Zilly von der Geometrie
so wenig, daß er sie nicht lehren kann, man
kann also keinen Antrag zur Abnahm des Provisors
machen, wann aber dem Zilly wegen-dem
Holz oder Verringerung der 80 Gulden, oder
auch dadurch geholfen werden kann, daß
Grether mehr Sigristenarbeit verrichtet, oder
gar anderwärts bedienstet wird, so mag man es
ihm wohl gönnen..."

Das war wenig freundlich und die schließlich
in Erwägung gezogenen Verbesserungen kamen
reichlich spät. Als Zilly ein Jahr danach für
immer die Augen schloß, war ein Lehrerleben
ausgelöscht, das trotz aller menschlichen Unzulänglichkeiten
unsere Anteilnahme verdient.

Quellen: GLA 229 / 47 100 Hügelheim

GLA 229 / 35 863 Grötzingen
GLA 229 / 21 480 Dürrn

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