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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1958-03/0015
dem er sie auslöscht; die letzte hebt der Glaube
auf. Hier aber stellt er die große Frage nach der
Schuld.

Wie war es soweit gekommen? Das Protokoll
der bergamtlichen Konferenz zu Oberweiler vom
28ten Mai 1802 gibt hierauf Antwort:

„Bei heutiger Conferenz wegen bergamtlichen
Angelegenheiten gab Herr Berginspektor Paul
folgendes ad acta: Neulich seye Johannes Böhler
der sezer auf Hausbaden ganz bebend zu ihm
gekommen, habe um Rath, Hilfe und Beistand
flehend gebeten und folgende Geschichte erzählt:
Bekanntlich seye seine Rosina gestorben; er habe
davon dem Herrn Pfarrer Gmelin die Anzeige
gemacht und um deren Beerdigung nach christlichem
Gebrauch angehalten. Darauf seye der
Herr Pfarrer wie rasend in der Stube herumgesprungen
und habe so geschimpft und gelärmt,
daß ihm Angst und bange geworden seye. Der
Herr Pfarrer Gmelin habe sich auch folgender
Ausdrücke bedient:

1. dieses Mensch müsse als eine Hure begraben
werden;

2. solle er sich nichts anderes unterstehen, als
der Leichebegleitung ganz hinten nach zu gehen;

3. solle er sich sogleich auf und davon machen
oder die Hatschiere würden ihn ergreifen und
gefänglich einbringen.

Sodann habe der Pfarrer Gmelin noch gesagt,
nun müsse er sechserlei Berichte erstatten.

Ferner gibt Herr Berginspektor Paul an, was
er darauf mündlich angeordnet habe: er, Böhl er,
solle mit dem übrigen Bergwerkspersonal die
Leiche begleiten und nach verrichtetem Gebet
auf dem Kirchhof solle ein jedes seine Straße
nach Haus ziehen; übrigens solle er, Böhler, sich
beruhigen, seine Arbeit ferner getreu und gut
wie bisher versehen, wobei er ungekränkt belassen
werden müsse.

Hierauf wurden die bergamtlichen Akten, die
Böhlerische Heirathsgeschichte mit dieser nun
verstorbenen Rosine Holderrietherin betreffend,
in der bergamtlichen Registratur aufgesucht,
durchgegangen und beschlossen, bergamtlich folgendes
Schreiben, an das wohlehrwürdige Pfarramt
in Badenweiler zu erlassen:

Johannes Böhler, Arbeiter bei der Grube
Hausbaden, hat bei uns angezeigt, daß, als er die
Leiche der bei ihm verstorbenen Rosina Holderrietherin
angezeigt habe, ein p. p. ihn nicht nur
äußerst unfreundlich und ganz aufgebracht empfangen
, sondern auch folgender Ausdrücke sich
bedient: 1. dieses Mensch müsse als eine Hure
begraben werden; 2. solle er, Böhler, sich nichts
anderes unterstehen, als der Leichebegleitung
ganz hinten nach zu gehen und 3. solle er, Böhler,
sich sogleich auf und davon machen oder die
Hatschiere würden ihn ergreifen und gefänglich
einbringen; auch habe Ein p. p. geäußert, wie er
nun seinetwegen sechserlei Berichte erstatten
müsse.

Dieses Betragen Eines p. p. befremdet uns
um so mehr, als es uns zur Genüge bekannt ist,
daß Böhler nicht nur ein grundehrlicher Mann
ist, fleißig und gut arbeitet und bei dem gegenwärtigen
Bergwerksgewerbe nicht entbehrt werden
kann, übrigens auch in seiner vorgehabten
Heiratsgeschichte alles das gethan hat, was ein
ehrlicher Mann thun kann, um seine Geburts-
Obrigkeit sowohl als diesseitig gnädigste Landesherrschaft
zu bewegen, ihn zur wirklichen Copu-
lation und priesterlichen Einsegnung gelangen zu
lassen. So sehr sich auch immer das diesseitige
Bergamt dafür verwand, so konnte doch Böhler
dazu nicht gelangen. Ein starker Aktenfaszikel in
der bergamtlichen Registratur beweist dies.

Böhler behielt inzwischen diese Rosina Holderrietherin
als Haushälterin bei sich, und wir
wissen nichts anderes, als daß sie sich ehrlich
und gut vertragen und aufgeführt haben, auch
beide Theile so bescheiden waren, daß wenn
eines oder das andere bei uns vom andern Theil
gesprochen hat, Böhler die Rosine und Rosine
den Böhler und niemals meine Frau oder mein
Mann ausgesprochen haben.

Auf die Böhlersche Anzeige und aus den
bergamtlichen Akten finden wir Ursache, Ein
p. p. um schriftliche Nachricht hierdurch zu bitten
, einmal, ob nicht die Böhlerische Angabe in
Abrede gezogen werde; 2. welche Ansichten
Wohldasselbe von der Böhlerischen Wirtschaft
überhaupt gehabt habe, und besonders 3. welche
Ursache Ein p. p. dabei gehabt habe, den Böhler
zur Desertion zu verleiten oder gleichsam zu
befehlen, daß sich Böhler auf und davon machen
solle. Wir bitten um diese baldige Nachricht und
beharren mit besonderer Achtung..."

2tens seye an das fürstl. Oberamt in Müllheim
auf das verehrl. Schreiben vom 18. May
1802, wornach Böhler am 24. Juni in den Ausdrücken
: in Betreff seiner fälschlichen Angabe
mit der bei ihm kürzlich verstorbenen Rosina
Holderriethin von Wettelbrunn ehelich kopuliert
gewesen zu seyn* usw. vor das fürstl. Oberamt
beschieden worden, folgendes Schreiben erlassen:

Ein p. ersuchen wir dienstergebenst in dort-
seitiger Registratur die Akten des Bergarbeiters
Johannes Böhlers vorgehabte Verheirathung mit
Rosina Holderrietherin von Wettelbrunn betr.
gefälligst nachschlagen zu lassen, um den Grund
zu finden, daß die Angabe, als hätte Joh. Böhler
ausgesagt, mit der Rosina Holderriederin ehelich
kopuliert gewesen zu seyn, grundfalsch ist. Die
bergamtlichen Akten enthalten nichts von dem
wirklichen Vollzug einer ehelichen Copulation,
und Böhler ist uns als viel zu ehrlich und rechtschaffen
bekannt, als daß er sich nur einmal
würde haben verlauten lassen, er sey kopuliert.

Wir errathen ohne Zweifel, daß die Anklage
gegen Joh. Böhler eines der sechserlei Berichte
gewesen seyn wird, die der Herr Pfarrer Gmelin
in Badenweiler erstatten zu müssen zu der Zeit
angegeben hat, als Böhler das Absterben der
Rosine Holderriederin angezeigt und um deren
Beerdigung nach christlichem Gebrauch gebeten
hat.

Der Herr Pfarrer Gmelin hat sich ferner bei
dieser Gelegenheit so weit ausgelassen, daß wir
für nöthig erachten, ihm eine Erklärung abzufordern
, welche wir sofort samt allen Akten, die

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