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Nur kann ich kaum das Briefporto erschwingen
". Gött ist nach wie vor über
seine Armut Meister geblieben. Er hat
öfter betont: „Nicht wer wenig hat, ist
arm, sondern wer viel braucht".
Nachdem er das Gütchen verlassen hatte,
war er einige Monate bei Freunden zu Gast,
mit wenig Aussicht auf Arbeit und Erfolg.
Er schrieb da manche Kalendergeschichte
für den „Lahrer Hinkenden Boten" und
„wälzte Erfindungen" in seinem rastlos
planenden Gehirn. Ein Jahr später ging
sein Lustspiel „Der Schwarzkünstler", noch
unter dem Titel „Verbotene Früchte", über
die Bühne. Der Erfolg und die zu erwartenden
Tantiemen ermunterten ihn, sein
„Bauernleben" wieder aufzunehmen. Er
pachtete in Breisach ein Gütchen mit etwas
Gartenland und ein Stück Reben. Es war
das Pfarrschlößle im Vogelgrün, ein „uneigenes
, unfertiges Heim", aus dem einem
im Sommer die Schnaken vertrieben.
Gött verließ es bald wieder und erwarb
sich in Zähringen „ein kleines Königreich
von 15 Morgen". Es waren, wie Mutter
Gött schreibt, „meist Wiesen mit alten
Obstbäumen und Reben. Wunderbar schön
gelegen im Halbkreis mit Aussicht in die
weite Welt. Man hieß dies Anwesen nur
,der Berg* . Ich nannte ihn den Göttberg.
Nun baute er sich ein freundliches Schwarz-
waldhäuslein gerade in die Mitte, in das
Herz dieser Halde, ziemlich hoch. Diese
Bauerei kostete schon viel zu viel über den
Anschlag, was nur die Schaffung des Baumaterials
betraf. Nebenher verbesserte er
das Anwesen, indem er schaffte wie ein
Türke, nicht nur wie ein Bauer. Er
setzte an die dreihundert Obstbäume, Zierbäume
und Sträucher. Am liebsten sah er die
Birken. Als das Häuschen fertig war, schrieb
man 1894, und als er einzog, da dröhnten die
Böller, daß gas ganze Tal weit und breit das
Echo zurückgab ...
Da lebte er nun einsam, bald strebten die
Rosenzweige am Häuschen hinauf und darüber
und um das Häuschen herum. Neben mir aber
ging immer Frau Sorge im grauen Kleide zur
Seite. Es mußten Hypotheken aufgenommen
werden auf Hypotheken. Man nützte den seelenguten
ahnungslosen Menschen aus, wo man nur
konnte. Ich mußte in der Stadt bei der Arbeit
bleiben, um das tägliche Brot zu schaffen, und
konnte nur zeitweise hinauf zu ihm pilgern, um
nach dem Rechten zu sehen und ihm Speise und
das, was zum äußern Leben gehört, zu bringen.
Kaum hatte ich abgestellt, eilte ich vor allem
hinaus in diese Herrlichkeit der Natur ringsum.
Ein Paradies. Im Sommer stand man bis über
die Knie in den Blumen. Vor allem stellte ich
ihm einen Riesenstrauß auf den Tisch. Das war
die beste Ansprache, wenn ich inne ward, daß
er nicht zum Sprechen aufgelegt war, was vielmal
der Fall gewesen. Denken, denken, sinnieren
war seine Sache".
Von jetzt ab lautete seine Unterschrift „Emil
Kirche in Obereggenen
F. W.
Gött, Landwirt", wenn er Artikel für Bauernblätter
zum Abdruck einsandte. „Nun saß er
fest — wie eine vom Sturm gezerrte Gasflamme
", schreibt Emil Strauß am Schluß seines
Berichts über jene Zeit. Schon nach zwei Jahren
selbständiger Tätigkeit war seine wirtschaftliche,
familiäre und persönliche Lage grauenhaft. Er
hatte eine Sandgrube auf seinem Grundstück in
Betrieb genommen und für 55 000 Mark Sand
verkauft. Achtzehn Männern hatte dieses Unternehmen
Verdienst und Brot gegeben. Ihm selbst
blieben nur Schulden übrig. Die Anlage einer
Ziegelei rentierte sich ebensowenig, weil die
verantwortlichen Beamten, die „Bürolottel", wie
er sagte, ihn anderthalb Jahre auf eine für das
Werk lebenswichtige ministerielle Entscheidung
warten ließen. Als die Zustimmung des Amtes
kam, war es zu spät für die Weiterführung des
Betriebes. Die Erfindungen, mit denen er sich
nebenher abmühte, verschlangen viel Geld und
brachten nichts ein. Seine große Menschengüte
war dabei schamlos ausgenützt worden. Nun
bereitete ihm sein „Hof", sein einziger irdischer
Besitz, die ärgste Sorge. „Mit dichterischem
Feuer" hatte er den Entschluß gefaßt, sein steil-
häldiges Gütlein zum „ Musterhöfle" auszubauen
und sich zum vollkommenen Bauern heraufzuarbeiten
. Auch dieses Vorhaben zerfloß durch das
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