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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1958-05/0012
erstattet werde". Die gleiche Weisung ging an
sämtliche Rheinübergänge in das Elsaß.

Dem Bezirksamt Müllheim war zur Kenntnis
gekommen, daß im Elsaß französische Gendarmen
und Douaniers in Zivilkleidung von Ort zu
Ort gehen, um den Gemeindeangehörigen im
Alter bis zu 40 Jahren Marschbefehle nach dem
Süden Frankreichs — auch wohl durch die
Schweiz dahin — zuzustellen. Es soll ihnen dieser
Auftrag auch schon bei einer ziemlich bedeutenden
Mannschaft gelungen sein. Das Bezirksamt
machte dem Königl. Kommando der IV. Reserve-
Division, die im Elsaß lag, hiervon Mitteilung.
Das Ministerium des Innern gab einen diesbezüglichen
Erlaß heraus: Alle im waffenfähigen Alter
stehenden Männer müssen für Reisen über die
Grenze des Generalgouvernements im Besitz
eines von den Präfekten ausgestellten Passier^
Scheines sein. „Diese Maßregel ist durch den fortdauernden
Zuzug waffenfähiger Mannschaft über
Baden und die Schweiz zur französischen Armee
veranlaßt. Die betreffenden Leute machen sich
durch eine gewisse Gleichförmigkeit der Tracht
bemerklich, sie sind anscheinend auf der Wanderschaft
begriffen in Blouse und Kamaschen, mit
kleinen, ganz neuen schwarzledernen Reisetäschchen
versehen, die sie an einem Riemen
umhängen haben".

Nach der Kapitulation von Sedan hatte man
die kriegsgefangenen französischen Offiziere auf
Ehrenwort entlassen und ihren Aufenthalt im

Lande nehmen lassen. Im Zusammenhang mit
diesem Treiben hinter der Front begann man,
diese aufmerksam zu überwachen.

Am 12. September gab das Ministerium des
Innern den Bezirksämtern am Oberrhein bekannt
, es habe von zuverlässiger Seite in Erfahrung
gebracht, daß von der derzeitigen französischen
Regierung ein gewisser Valentin als Zivilkommissar
in das Oberelsaß geschickt worden
sei. Er hatte den sehr modern "anmutenden Auftrag
erhalten, dort den Guerillakrieg zu organisieren
, also eine Resistance aufzuziehen. Das
Signalement lautete: stark, robust, unter Mittelgröße
, hat ein rundes, blühendes Gesicht,
schwarze Augen, Schnurrbart und Knebel, geht
sehr fest, entschlossen und äußerst rasch mit
Schwingen des rechten Armes. Er spricht als
geborener Straßburger deutsch, nicht besonders
gut, da er es wenig übte, besser elsäßisch und
sehr gut französisch.

Auch im eigenen Volk mußte man da und
dort gegen Widerspenstige einschreiten, die „an
öffentlichen Orten durch Verbreitung falscher
Gerüchte oder durch Äußerungen, die das
patriotische Gefühl verletzen, Beunruhigung und
Aufregung des Publikums" bewirkten.

So schickte der Innenminister an alle Bezirksämter
die Mitteilung von der Bestrafung des
Schneidermeisters Johann Höllmüller aus Blankenloch
wegen aufreizender Reden.

(Fortsetzung folgt.)

Walter Küchlin:

<$\m iMenftreife von stürityunbert Jv\)kzx\

Dienstreisen sind heute keine Seltenheit.
Kongresse, Konferenzen und Tagungen scheinen
sich zu jagen. In kürzester Frist werden mit den
modernen Verkehrsmitteln ganze Länder durchmessen
, ja selbst der Sprung von Kontinent zu
Kontinent ist durch die Giganten der Luft zu
einer Angelegenheit von Stunden geworden.

Welcher Wandel, welche Entwicklung, gemessen
an der Zeit vor hundert oder zweihundert
Jahren. Damals war beispielsweise die Entfernung
Müllheim—Karlsruhe, die heute ein normaler
Eilzug in wenig mehr als zwei Stunden
zurücklegt, nicht nur eine Tagereise. Zwei, bisweilen
sogar drei Tage war man unterwegs,
wollte oder mußte man in die Residenzstadt des
Landesfürsten.

Begleiten wir einmal zwei Britzinger* Bürger
auf diesem Weg, und lassen wir uns von ihnen
erzählen, wo sie überall Station gemacht haben
und wie teuer ihnen die ganze Reise zu stehen
kam.

Nun sollte ich Ihnen aber unsere zwei Reisegefährten
noch vorstellen und verraten, was sie
im Jahre 1766 nach Karlsruhe geführt hat. Beide
waren angesehene Männer. Der eine, Sebastian
Huttinger, war Stabhalter, der zweite, Bartlin
Dörflinger, hatte als Schaffner die heitersheimi-
schen Gefälle in Britzingen einzuziehen. Und was
sie dazu bewog, mitten im Sommer gemeinsam
eine Dienstreise nach Karlsruhe zu unternehmen,

war folgendes: Ihre Gemeinde war mit der
Vogtey Hügelheim seit 1742 in einen Streit um
das Nutzungsrecht im Hügelheimer Hochwald
verwickelt! Um ihn nun endlich einem guten
Ende zuzuführen, schickte die Gemeinde Britzingen
diese beiden Bürger als Deputierte nach
Karlsruhe. Ihnen allein schenkte man offenbar
das Vertrauen, in der Hauptstadt ihres Landesherrn
ein gewichtiges Wort in diejenige Waagschale
zu legen, in die Göttin Justitia alles gesammelt
hatte, was zu Gunsten der Britzinger
im schwebenden Waldstreit anzuführen war.

Wenn wir den Beteuerungen der beiden Auserwählten
Glauben schenken dürfen, waren sie
nicht leicht zu diesem Schritt zu bewegen; hatten
sie doch „einer weitläufigen und beschwerlichen
Haushaltung" (lies: Landwirtschaft) vorzustehen.
Doch dem dringlichen Ansuchen ihrer Mitbürger
konnten sie nicht länger widerstehen, zumal
diese ihnen nicht nur hoch und heilig versprachen
, ihren Leuten bei der Feldarbeit nötigenfalls
beizuspringen, nein, sie erklärten sich auch
bereit, „denen Deputierten die Raisekösten sowohl
, als auch eine hinlängliche Gebühr vor die
Versäumnis zu bezahlen".

Solch ein Angebot konnte man nun wirklich
nicht mehr ausschlagen, denn, wenn sie es auch
nicht zugaben, ihrer Landwirtschaft kehrten sie
dennoch gerne für ein paar Tage den Rücken,
zumal unter solchen Bedingungen. Warum, so

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