Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1958-05/0013
mögen die Herren „Deputierten" bei sich gedacht
haben, soll man nicht das Notwendige und Nützliche
mit dem Angenehmen verbinden?

So bestiegen sie denn am 4. Juli 1766 ihr
Gefährt, nahmen zunächst als Kutscher Gillmann
Dreris von Britzingen mit und fort ging es auf
holperigen Straßen gen Norden, von den besten
Wünschen der ganzen Gemeinde geleitet. Wo
sie Mittag gemacht haben, verschwiegen sie uns.
Sehr wahrscheinlich war es in Freiburg. Sie
geben lediglich die Zehrkosten für drei Personen
einschließlich des Pferdefutters mit 1 Gulden und
50 Kreuzer an. Hier steckten sie ihrem Kutscher
auch zehn Kreuzer als Wegzehrung in die Tasche
und schickten ihn mit Roß und Wagen heim.
Dann mieteten sie sich beim „Geigenwirth" für
15 Gulden und 30 Kreuzer eine Chaise. Die
Pferde dazu besorgten sie sich je nach Bedarf
auf ihren einzelnen Stationen. Die nächste
Etappe war Emmendingen. Hier gaben sie „vor
Wein und Brod" 22 Kreuzer aus. Am Abend
des ersten Tages nahmen sie, wie auch auf der
Rückreise, in Lahr-Dinglingen Quartier. Für
beide Übernachtungen einschließlich der gemieteten
Fuhr (Pferd und Kutscher!) von und nach
Emmendingen berappten sie 4V2 Gulden. Zu
Appenweier kostete das Frühstück 30 Kreuzer.
Das Mittagessen in Bühl war nur um 8 Kreuzer
teurer, ein Zeichen dafür, daß sich die Mark-
gräfler ihr „z'Nüni" gut schmecken ließen.

Das Abendbrot wurde in Rastatt eingenommen
. Es kostete 51 Kreuzer. Noch am selben
Abend fuhr man in Karlsruhe ein und nahm
beim Ankerwirt Strohbach für neuneinhalb Tage
Quartier. Dafür bezahlten beide zusammen einschließlich
der Verpflegung 19 Gulden und 54
Kreuzer!

Wie sich die beiden vom Land die Tage in
der Stadt einteilten, bleibt verschwiegen. Selbstverständlich
gingen sie „hin und wieder zu fürstlichen
Ministern", um ihnen die Wünsche der
Gemeinde Britzingen vorzutragen. Es muß nicht
leicht gewesen sein, bei den maßgebenden Herren
Einlaß zu finden und bisweilen mußte ein großzügig
gewährtes Trinkgeld die zugeknöpften
Diener etwas zugänglicher machen. Wie könnte
es sonst in der Rechnung heißen: „so haben wir
deren bedienthen vor das anmelden und dem
gesinde in dem Wirthshauß noth und Wohlstands
halben in allem zum Trinkgeld geben 4 Gulden
30 Kreuzer".

Erreicht hat die Abordnung so gut wie nichts.
Der Prozeß mit Hügelheim wurde weitergeführt
und fand frühestens 1806 seinen Abschluß.

Der Aufenthalt in der Stadt muß den Mark-
gräflern, je länger je mehr, zugesagt haben. Die
eingangs geschilderte Abneigung gegen eine
Reise wich zusehends, und brauchten sie für die
Hinreise zwei Tage, so dauerte der Rückweg
schon dreieinhalb Tage. Die Etappen waren
beachtlich kleiner. Das erste Nachtquartier wurde
in Friesenheim, das zweite in Dinglingen und das
dritte in Emmendingen bezogen, wo man in der
„Post" einkehrte und „vor Zöhrung und Zoll!"
einen Gulden 30 Kreuzer auf den Tisch zählte.

In Freiburg gaben die beiden Britzinger für
das Mittagessen 56 Kreuzer aus. Nun hätte es bis
zum Abend eigentlich bequem nach Britzingen
reichen müssen. Aber, wie gesagt, man hatte
offensichtlich Gefallen gefunden an der Möglichkeit
, auf Gemeindekosten einzukehren, und so
nahm man in Heitersheim noch das Abendbrot
für 33 Kreuzer ein. Für den Fuhrlohh von der
Münsterstadt an der Dreisam bis zur Malteserresidenz
mußten sie 2 Gulden 13 Kreuzer ausgeben
.

So betrug ihre Reisezeche nach Karlsruhe und
das Tagegeld für je fünfzehn versäumte Tage
ä 40 Kreuzer zusammen 92 Gulden 41 Kreuzer.
92 Gulden für die ganze Reise! Das läßt sich
hören, wird der Leser denken. Wenn es nur
heute auch noch so wäre! Doch halt! Gulden ist
nicht gleich Mark, das ist allen bekannt. Nur fällt
es immer wieder schwer, brauchbare Vergleichswerte
zu finden. Darum sollen hier zumindest
zwei Beispiele angeführt werden. Die meisten
Lehrer hatten zur damaligen Zeit kaum mehr
als 70 bis 100 Gulden Bareinnahmen im Jahr
aus dem Schul- und Sigristendienst. Das reichte
natürlich nicht zum Leben und nicht zum Sterben
, aber es mag als Beispiel dienen. 1758 erhielt
ein Zimmermann für eine Reparaturarbeit an
einem Brunnen 20 Kreuzer Taglohn1). (1 Gulden
= 60 Kreuzer.)

Man sieht also, der Betrag war für damalige
Verhältnisse recht hoch. Das empfand auch die
Revision und beanstandete einmal die angeführten
Trinkgelder und zum anderen das Tagegeld.
Es betrage nicht 40 Kreuzer, sondern laut Taxordnung
18 Kreuzer.

Dieser unfreundliche Bescheid mag den Deputierten
wie eine kalte Dusche vorgekommen sein.
Aber sehen Sie, lieber Leser, vieles hat sich seit
dieser Dienstreise gewandelt, in der engeren
Heimat wie auch in der weiten Welt, aber die
unliebsamen Revisionsbescheide auf vorgelegte
Spesenrechnungen — sind gleichgeblieben.

*) Gemeinderechnung Hügelheim 1758.
Quelle: GLA Zug. 1932 Nr. 31, Fasz. 85

Waldstreitigkeiten Hügelheim - Britzingen.

Neues und Altes

Die Welt, hallt's heut in allen Gassen,
muß sich gründlich erneuern lassen,
und überall entbrennt die Brunst
nach neuem Geist, nach neuer Kunst.

Was bockt und stockt, ist wegzurempeln,
der alte Hut neu aufzukrempeln.
„Er steht noch auf dem Bein der Tropf —
Mein Freund, heut steht man eben Kopf!"

So gilt als Plunder, Kohl und Mist,
was nicht ein glattes Novum ist.
Nur eines, was beim alten blieb:
des Menschen Neid und Geltungstrieb.

Wilhelm Zentner

11


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1958-05/0013